1. Startseite
  2. Baden-Württemberg
  3. Wirtschaft Regional
  4. Analyse

Lkw-Maut: „Am Ende ist der Steuerzahler gefordert“

Erstellt:

Von: Robert Schwarz

Kommentare

Die Lkw-Mautsätze sollen von 1. Januar 2024 nahezu verdoppelt werden.
Die Lkw-Mautsätze sollen von 1. Januar 2024 nahezu verdoppelt werden. © Pixabay

Der Ampel-Kompromiss sieht eine Erhöhung der Logistik-Abgabe vor. Regionale Logistiker kritisieren die Entscheidung: „Unterm Strich werden die Waren teurer.“

Aalen/Gmünd.

Dem mehrtägigen Verhandlungsmarathon der Ampel-Regierung folgte ein Kompromiss: Dieser sieht unter anderem eine Erhöhung der Lkw-Maut vor. Während die Öffentlichkeit diesen Schritt angesichts der Debatten um Heizungsverbot und Co. kaum wahrgenommen hat, sind die Logistikfirmen in der Region ob der Ausmaße überrascht – denn: „Mit zusätzlichen CO2-Aufschlägen will die Ampel-Koalition die Lkw-Mautsätze bereits zum 1. Januar 2024 nahezu verdoppeln“, wie Dr. Stefan Brucker, Chef der gleichnamigen Spedition aus Aalen, erklärt. Die Rechnung zahle am Ende nicht nur die mittelständisch geprägte Branche – sondern vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher.

„Eine Mauterhöhung ist für unsere Regierung ein populärer Weg, neue Gelder zu generieren, ohne großen Widerstand in der Bevölkerung“, merkt Jochen Abt, Geschäftsführer von Lakner Spedition + Logistik aus Gmünd, an. „Unterm Strich trifft diese Gebühr aber auch den Endkunden und die Waren werden teurer.“ Denn die mittelständische geprägte Branche hat wenig Spielraum.

„82 Prozent der Güterkraftverkehrsunternehmen betreiben weniger als 10 Lkw, dann geht aus diesem Beschluss folgerichtig hervor, dass die mittelständischen Unternehmen wieder mal als Geldeintreiber für staatliche Ausgabenprogramme herangezogen werden“, so Brucker. Das Problem: Die Margen der Logistiker sind angesichts des Wettbewerbs und der explodierten Energiepreise ohnehin knapp bemessen.

Die Rendite liegt nach Berechnung diverser Branchenexperten bei weniger als zwei Prozent. „Dass diese Unternehmen die Mehrkosten nicht selbst tragen können, versteht sich von selbst“, so Brucker. Die Folge: „Letztendlich werden Transportkosten weiterhin enorm steigen, was sich merklich auf die Verbraucherpreise auswirken wird.“

Die Mauterhöhung kommt die Betriebe aber aus einem weiteren Grund teuer zu stehen: „Auf den Mehrkosten für Leerkilometer, Vorfinanzierung und Co. bleiben aber wieder die Spediteure sitzen und müssen diese wiederum einpreisen“, erklärt Abt. „Jedes einzelne Unternehmen wird damit wieder stärker belastet werden.“

Hans-Peter Häberle, Chef des gleichnamigen Logistikers aus Gmünd, erinnert zudem daran, dass die Mauterhöhung nicht die einzige Mehrbelastung für die Betriebe ist. Denn der Umstieg vom Verbrenner- auf Elektro- oder Wasserstoffantrieb wird in den kommenden Jahren ebenfalls teuer. „Selbstverständlich müssen wir uns auch im Klaren sein, dass die Ausweitung der Förderung von emissionsfreien Lkw sowie die Planungsbeschleunigung der Infrastruktur ebenfalls bezahlt werden müssen“, so Häberle, der für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine guten Nachrichten hat: „Letztendlich ist am Ende des Tages auch hier wieder der Steuerzahler gefordert.“

Die Rechnung, nachdem die Mehreinnahmen von mehr als 40 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027 ins Schienennetz investiert und in der Folge mehr Güter per Bahn transportiert werden, geht nach Ansicht Bruckers nicht auf. „Das Schienennetz kann man mit dieser Summe nicht erweitert, sondern nur erneuert werden. Die Bahn wird also kaum mehr Güter befördern als heute“, so Brucker. Auch Häberle sieht diese „Zweckentfremdung“ kritisch: „Dadurch werden wichtige Projekte wie der Bau von Lkw-Parkplätzen, Brückensanierungen sowie der Ausbau von Autobahnen das Nachsehen haben.“ Abt führt eine jüngst veröffentlichte Studie an: „All das trotz – oder vielleicht wegen – der jüngsten Verkehrsprognose, die besagt, dass der Straßentransport in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Der Zustand auf unseren Rasthöfen ist heute schon eine Katastrophe. Wo sind die ganzen Maut-Milliarden in den letzten Jahren versickert?“

Brucker sagt: „Ob die Zusatzeinnahmen beim Staat tatsächlich dazu dienen, das Schienennetz und den Straßenbau zu sanieren, steht für uns in den Sternen.“ Schon mit der Einführung der Lkw-Maut seien die Einnahmen nicht in den Ausbau von Schiene und Straße gesteckt, sondern zweckentfremdet worden. Dass emissionsfreie Lkw bis Ende 2025 von der Maut befreit sind und anschließend lediglich 25 Prozent des Satzes erhoben werden, kommt in der Branche jedoch gut an. Abt gibt jedoch zu bedenken: „Die Verkehrswende kann nur erfolgreich sein, wenn es am Ende noch Unternehmen gibt, die emissionsfreie Lkw kaufen können.“

Auch interessant

Kommentare