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Andreas Hülle, Geschäftsführer von Hensoldt Optronics, über die Neubaupläne seines Unternehmens und das Wachstum des Standorts in Oberkochen.
Oberkochen
Hensoldt ist nach Zeiss der zweitgrößte Arbeitgeber in Oberkochen, einen zweiten Standort in der Region gibt es auch: in Aalen. Dort erläutert Andreas Hülle, Geschäftsführer Hensoldt Optronics, nicht nur, warum seine Firma der Ostalb unbedingt treu bleiben will, sondern auch, warum die Firma in den vergangenen Jahren so stark gewachsen ist – und welche Rolle dabei der Finanzinvestor KKR gespielt hat.
Herr Hülle, wie läuft die Standortsuche von Hensoldt aktuell?
Sehr komplex. Alle notwendigen Verfahren sind bei den zuständigen Behörden im Gange.
Wie stellen Sie sich denn den neuen Standort vor?
Unser neuer Standort soll zum Ausdruck bringen, wie wir unsere soziale und ökologische Verpflichtung ernstnehmen. Das neue Werk soll ein Leuchtturmprojekt werden und die höchsten Nachhaltigkeitsstandards im Sinne von „ESG“, also der Environment-, Social- und Governance-Anlagekriterien, erfüllen. Mit dem Neubau wollen wir ein Zeichen setzen. Das soll sich auch in modernen Arbeitswelten widerspiegeln. Und, das ist wichtig für die Hensoldt-Gruppe, wir verfolgen ambitionierte Ziele die Nachhaltigkeit betreffend: Der neue Standort soll möglichst carbonfrei und energieneutral sein.
Was macht die Region zu einem guten Standort für Hensoldt?
Im Raum von Oberkochen ist das „Photonik Valley“, das die Firmen hier gemeinsam aufgebaut haben. Hier gibt es viel Spezial-Know-how in den Bereichen Optik, Optronik sowie der künstlichen Intelligenz. Auch das geplante KI-Zentrum an der Hochschule Aalen würde optimale Voraussetzungen bieten. Die Hochschule Aalen ist auch ein wichtiger Faktor, um junge Menschen für uns zu gewinnen. Dies sind alles sehr positive Faktoren für uns als Hensoldt Optronics weswegen wir gerne am Standort verbleiben würden.
Welche Rolle spielt die Hensoldt Optronics im Verbund der Hensoldt AG?
Hensoldt ist das ehemalige Sensorhaus der Firma Airbus. Unsere Spezialkompetenzen liegen in Radaren und optoelektronischen Systemen, elektronischer Kampfführung sowie Avionik.Die Schwerpunkte der Optronics sind unter anderem die Aufklärung , der Grenzschutz und der Schutz kritischer Infrastrukturen. Wir entwickeln, produzieren und vernetzen Sensoren für die Plattformen für Land-, Luft-, See- und Raumfahrtmissionen. Dazu gehören Periskope für U-Boote, der Feldlagerschutz für die Bundeswehr oder auch die Drohnenabwehr an Flughäfen.
Die Hensoldt AG ist in letzter Zeit stark gewachsen. Wie ist die Lage bei Optronics in Oberkochen?
Die Auftragslage ist sehr gut, wir verfügen über einen mehrjährigen Auftragsbestand. Damit setzt sich die gute Entwicklung des Standorts und von Hensoldt Optronics fort. Seit 2012, als das Werk zur Airbus-Sparte gehört hat, hat sich der Umsatz auf 260 Millionen Euro verdoppelt. Wir sind in jedem Jahr zweistellig gewachsen und werden das auch in diesem Jahr schaffen. Wesentlicher Treiber ist der Zivilbereich, vor allem die Halbleitertechnologie, wir verfügen zudem über Großaufträge im militärischen Segment, wo wir die Puma- und Leopard-Fahrzeuge der Bundeswehr ausrüsten. Im Luftfahrtbereich haben wir Saab als starken Kunden gewonnen, wir sind im Segment Selbstschutz aktiv, statten etwa Luftfahrtfahrzeuge mit Raketen- oder Laserwarnern aus. Stark gewachsen sind wir in diesem Jahr im Unterwasser-Segment. Mit unserer Technologie sind wir außerhalb der USA Weltmarktführer für U-Boot-Sehrohre und optronischer Mastsysteme und haben 2021 für die deutschen U-Boote der Klasse 212CD, die gemeinsam mit Norwegen bestellt wurden, einen großen Auftrag gewonnen.
Die Pandemie hat ganze Lieferketten gesprengt. Wie geht Hensoldt damit um?
Wir haben es bislang durch innovatives und flexibles Handeln geschafft, unsere Planung zu erfüllen und unseren Lieferverpflichtungen nachzukommen. Was wir aber feststellen ist, dass sich insbesondere im Bereich der Halbleitertechnik selbst bei einfachen Elektronikbaugruppen die Lieferzeiten massiv verlängert haben. Das wirkt sich auf die Preise aus, für manche Bauteile haben sie sich innerhalb kurzer Zeit verzehnfacht. Das macht uns Sorgen, denn es ist nicht absehbar, wie sich die Lage weiter entwickeln wird. Unser Vorteil ist, dass wir volle Auftragsbücher haben und damit frühzeitig wissen, welche Bauteile wir brauchen, und uns frühzeitig absichern können.
Seit einiger Zeit ist Hensoldt börsennotiert. Was hat sich seither im Unternehmen und am Standort verändert?
Die wesentliche Veränderung war nicht der Börsengang, sondern der Verkauf der Airbus-Sparte an den Finanzinvestor KKR, dem ich nur Hochachtung zollen kann: Der Investor hat die Hensoldt-Gruppe weiterentwickelt, in dem er Optimierungsprozesse angestoßen hat, um uns fit für die Börse zu machen. Das betrifft die Fertigung, die internationale Ausrichtung und die Kommunikation, auch der Standorte untereinander. Was sich nach dem Börsengang verändert: Die Investoren haben klare Erwartungen, die man zu erfüllen hat. Jedes Quartal hat seinen Abschluss. Das bedeutet: Sie müssen in kürzeren Intervallen liefern. Das ist eine etwas andere Situation als in einem Großkonzern, in dem sich mal diese, mal jene Abteilung besser oder etwas schlechter entwickelt. Wir müssen zu dem stehen, was wir versprechen.