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Vier-Tage-Woche: Mehr Wochenende bei gleichem Lohn

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Von: Benjamin Leidenberger

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Überzeugt von der Vier-Tage-Woche: Die Geschäftsführer Steffen (links) und Yvonne Geiger (rechts) mit ihren drei Anlagenmechanikern.
Überzeugt von der Vier-Tage-Woche: Die Geschäftsführer Steffen (links) und Yvonne Geiger (rechts) mit ihren drei Anlagenmechanikern. © ben

Ein kleiner Handwerksbetrieb in Neuler hat schon vor über einem Jahr einen freien Freitag eingeführt. Welche Erfahrungen damit gesammelt wurden.

Neuler

Die Vier-Tage-Woche beschäftigt derzeit den medialen Diskurs, von den Einen wird sie gefordert, von den anderen gescheut. Doch um dem Fachkräftemangel begegnen zu können, braucht es neue Wege, mutige Ideen und einen Anfang - so wie ihn ein kleines Handwerksunternehmen auf der Ostalb für sich gemacht hat: Bei Geiger Energie- und Umwelttechnik wurde schon im März 2022 auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt.

„Wir wollten die ersten sein, die das versuchen“, sagt Yvonne Geiger, deren Mann Steffen das familiengeführte Unternehmen in Neuler von seinem Vater Günter Geiger übernommen hat.

„Es ist für uns eigentlich nichts anders geworden“, sagt Steffen Geiger aus Sicht des Geschäftsführerpaars. Die Zahlen sind auch nach einem Jahr Vier-Tage-Woche stabil, die Auftragslage hoch. Fachkräfte bleiben rar, das Unternehmensklima sei aber ungebrochen gut und die Vorteile für die insgesamt sieben Angestellten, darunter zwei Auszubildende, überwögen. „Wir haben uns einfach gefragt, wie wir noch attraktiver für die Mitarbeiter sein können“, blickt Steffen Geiger zurück.

Yvonne Geiger ergänzt: „Ich hätte das früher auch gerne so gehabt.“ Die Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden und auch der Lohn wurden beibehalten, von Montag bis Donnerstag wird nun aber länger gearbeitet, der Freitag ist dafür frei.

Anfangs ungewohnt

„Am Anfang war es schon ungewohnt, länger zu arbeiten“, sagt Anlagenmechaniker Marius Gerstmeyr. „Aber der kurze Freitag war auch nicht sehr attraktiv“, sagt der 27-Jährige, denn bis man dann Material geladen und zum Kunden gefahren sei, seien oft nur drei effektive Arbeitsstunden geblieben. „Den Freitagvormittag können wir nun für Behördengänge, zum Einkaufen, Putzen oder für Erledigungen nutzen“, sagt er. Durch die oft längere Arbeitszeit erhalte man öfter Zulagen. Auch sein Kollege Erik Appler (51) ist vom neuen Modell angetan. „Vor allem ältere Kunden sind es anders gewohnt, denen muss man dann halt erklären, dass sich die Arbeitsstunden dadurch nicht ändern“, sagt er.

Von 7 bis 17 Uhr dauern die Arbeitstage, sind nicht mehr so variabel ausgelegt wie früher. Am Donnerstagnachmittag mache man noch eine gemeinsame Abschlussbesprechung, dann beginnt für die Mitarbeiter das Wochenende.

„Einer unserer Mitarbeiter nutzt das regelmäßig für Kurztrips, er war erst in Norwegen und in Kroatien“, schildern die Geschäftsführer. Kundenkontakte, Notfalleinsätze und viele Organisations- und Planungsleistungen können die Geschäftsführer freitags erledigen, müssen sich dann nicht mehr um die alltägliche Baustellenarbeit kümmern.

Höhere Produktivität

Die Produktivität habe sich durch die Umstellung sogar erhöht, sagt Geschäftsführer Steffen Geiger, der seinen Mitarbeitern zudem 33 Tage Urlaub gönnt. Motivierte Mitarbeiter leisteten eben die beste Arbeit, die Vorurteile gegen eine Vier-Tage-Woche und dass dadurch weniger gearbeitet werde, habe man wiederlegt.

„Der Stresslevel sinkt, weil nicht alles nur noch schnell, schnell geht. Und unsere Azubis feiern den freien Freitag, weil das von ihren Kumpels sonst keiner hat“, sagt Yvonne Geiger.

„Manche Betriebe in Neuler fragen interessiert nach. Ich glaube, die überlegen schon, das auch einzuführen“, sagt Yvonne Geiger. „Für uns ist einfach die Menschlichkeit wichtig, die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Damit werben wir auch.“

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