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Existenzangst und ein Leben in Zelten und Gewächshäusern

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Von: Dagmar Oltersdorf

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"Es ist teilweise wie in einer Geisterstadt": Vecdi Temizkan zeigt Bilder aus Antakya
"Es ist teilweise wie in einer Geisterstadt": Vecdi Temizkan zeigt Bilder aus Antakya © Holger Bewersdorf

Wie die Lage drei Monate nach dem Erdbeben vom 6. Februar ist, berichten zwei Aalener, die zehn Tage vor Ort waren.

Aalen. Die Eindrücke sind noch ganz frisch. "Es herrscht immer noch Chaos in Hatay", erzählt Vecdi Temizkan. Gerade mal einen Tag ist es am Mittwochabend her, dass der Vorsitzende des Kulturclubs Antakya-Aalen und seine Frau Yesra aus Hatay zurückgekehrt sind. Vecdi Temizkan hat dort Familie, vier seiner Brüder leben in Antakya. Zehn Tage hat das Ehepaar dort verbracht. "Um zu zeigen, wir sind da", sagt Yesra Temizkan, die mit ihrem Mann an der Theke im KubAA steht. Zusammen mit ihrer Tochter haben sie dort zuvor das Benefizkonzert von Quadro Nuevo gehört.

Schlangen um die Zeltstädte

Vecdi Temizkan holt sein Handy aus der Tasche und zeigt ein Foto vom zerstörten Baustoffladen seiner Brüder. Ein Haus ist darauf gestürzt, ein paar Mauern stehen aber noch, wie er erklärt. "Der Laden war neu gebaut". Ein weiteres Foto zeigt das Skelett eines mehrstöckigen Gebäudes. "Es ist teilweise wie in einer Geisterstadt", sagt Yesra Temizkan. "Man denkt, man ist auf das vorbereitet, was kommt. Dann trifft es einen doch wie ein Schlag", schildert sie, was sie bei ihrem Besuch empfand. Trotz einer seelsorgerischen Beratung, die die beiden im Vorfeld hatten.

Aufnahmen von Vecdi Temizkan aus Antakya.
Aufnahmen von Vecdi Temizkan aus Antakya. © privat

Vecdi und Yesra Temizkan berichten von Schutthalden. Schildern, dass die Menschen nach wie vor in Zelten leben. 75 Prozent der Stadt seien zerstört. Besonders schlimm sei die Situation derjenigen, die zuvor zur Miete und nicht in einem eigenen Haus gelebt hätten. "Die haben überhaupt nichts mehr", sagt Vecdi Temizkan. Bauern wiederum würden in ihren Gewächshäusern aus Plastik leben. Noch gibt es keinen Wohnraum, es fehlt an sanitären Anlagen - und jetzt, im Sommer, kommt das Ungeziefer und die Schlangen dazu, die sich um die Zeltstädte tummeln. "Die meisten sind überfordert. Sie haben kein Ziel", sagt Yesra Temizkan. "Weder der Staat noch die Stadt kommen nach", ergänzt ihr Mann. "Die Menschen müssen bei Null anfangen. Es gibt viele Existenzängste."

Aufnahmen von Vecdi Temizkan aus Antakya.
Aufnahmen von Vecdi Temizkan aus Antakya. © privat

Langfristige Projekte für die Zukunft

Neben der Hilfe für die Familie und die bedürftigen Menschen aus eigenen Mitteln der Familie hat Vecdi Temizkan auch den Kontakt mit dem Bürgermeister von Hatay gesucht. Mit ihm darüber gesprochen, welche langfristigen Hilfsprojekte vor Ort für die Zukunft einen Sinn machen. Hier sei noch nichts beschlossen, so Temizkan. Dass man in Hatay noch lange Hilfe benötige, daran sei kein Zweifel.

Spendenkonto Erdbebenhilfe Hatay: DRK Kreisverband Aalen e.V.; IBAN: DE59 614500500110 0704 49

BIC: OASPDE6AXXX; Verwendungszweck „Erdbebenhilfe Hatay“; Spendenquittungen werden ab einer Spende i. H. v. 100 Euro ausgestellt. Wir bitten Sie, Ihre Adresse, Straße, Hausnummer, PLZ und Ort anzugeben. Ansonsten kann keine Spendenbescheinigung ausgestellt werden.

Vecdi Temizkan schildert seine Eindrücke aus Antakya
Vecdi Temizkan schildert seine Eindrücke aus Antakya © Holger Bewersdorf

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