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Als Klimademonstrantin in Lützerath dabei

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Von: Bea Wiese

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Katharina Wirth (im neongrünen Regencape) bei den Protesten in Lützerath
Katharina Wirth (im neongrünen Regencape) bei den Protesten in Lützerath © privat

Was Katharina Wirth am Samstag im Braunkohlerevier bei den Protesten erlebt hat. Warum sie trotz der Gewalt-Eskalation ein weiteres Mal dort für ihre Ziele einstehen würde.

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Ein bisschen Husten und Schnupfen hat sie als ungewolltes Souvenir mit heimgebracht. Vor allem aber tiefe Eindrücke von einer Welle der Solidarität, „wenn Tausende Menschen ein und dasselbe Ziel haben“. Die 16-jährige Katharina Wirth war unter den Tausenden, die am vergangenen Samstag gegen den Abriss von Lützerath protestiert haben. Das Dorf soll dem Braunkohle-Abbau des Energiekonzerns RWE weichen.

Schon seit einiger Zeit engagiert sich die 16-jährige Gymnasiastin vom Schubart-Gymnasium bei der Ostalb-Gruppe von Fridays for Future. Es war nicht ihre die erste Demo für den Klimaschutz, aber die erste dieser Größenordnung. Katharina Wirth: „Schwer zu schätzen, wie viele wirklich da waren, man konnte nach vorne und nach hinten weit gucken und sah nichts als Menschen.“

Zunächst gab es Pläne, mit einer ganzen Gruppe von der Ostalb nach Lützerath zu fahren. Die Pläne platzten, so fuhr die Oberkochenerin mit ihrem Vater am Freitagabend mit dem Auto nach Nordrhein-Westfalen. Übernachtet wurde auf einem Campingplatz. Am nächsten Mittag um 12 Uhr schlossen die beiden sich der Hauptdemo an, die durch Lützeraths Nachbarort Keyenberg und mehrere kleine Dörfer führte. Am Wegesrand habe es für die Demonstrationsteilnehmer „Obst und Gemüse gratis“ gegeben, auch Linsensuppe oder Pizza, gegen eine Spende. Immer wieder Lastwagen mit Rednern, dazu jede Menge Musik, „alles sehr viel und sehr laut“.

Dass plötzlich laut Polizei „rund 1000 Störer“ versuchten, auf das abgesperrte Gelände von Lützerath zu gelangen, das habe sie nur aus der Entfernung wahrgenommen, „als plötzlich viele Leute in die Richtung gelaufen sind“. Auch, dass es dabei zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. Direkte Konfrontationen habe sie nicht beobachtet, „erst, wenn es schon passiert war“.

Trotzdem empfand sie die ganze Situation als „einschüchternd“, förmlich spürbar gewesen sei die aufgeheizte Stimmung. „Vor Ort hatte ich das Gefühl, es gab eine gewisse Voreingenommenheit seitens der Polizei, als seien wir, die Klimaaktivisten, die Bösen.“ Katharina Wirth und ihr Vater blieben unbehelligt, vielleicht dank ihrer Strategie: Von vorne herein hätten sie versucht, sich fernzuhalten „zum Beispiel von Polizeiautos oder Einsatzfahrzeugen, wo man schon vorher weiß, dass es da knallen könnte“.

Ihr Fokus war die Hauptbühne: Die schwedische Ikone der Klimaschutzbewegung, Greta Thunberg, zum ersten Mal live zu hören sei beeindruckend gewesen, so Katharina Wirth. „Sehr direkt, sehr ausdrucksstark und emotional, aber nicht weinerlich.“ Binnen fünf Minuten habe die Schwedin die Dinge rhetorisch gut und konzentriert auf den Punkt gebracht. Auch die anderen Reden, unter anderem der Deutschen Luisa Neubauer, hätten gute Stimmung in der riesigen Menschenmenge geschaffen, hätten Ermutigung und „das Gefühl gebracht, alle sind wegen des gleichen Ziels da“.

Gegen 16 Uhr trat sie mit ihrem Vater den Rückweg an, „es gab viele Wege, von da ungestört wegzukommen“. Durchnässt vom Regen, durchgefroren vom eisigen Wind, an den Schuhen klebte der Matsch in Klumpen. Dann sechs Stunden Fahrt nach Hause, während derer sie besorgte Anfragen bekam aus der Heimat, ob sie denn okay seien, angesichts der Nachrichten über die Eskalation in Lützerath.

Ihre persönliche Bilanz des Tages: „Schade, dass im Hauptfokus für die meisten Leute jetzt nicht mehr die Demo ist, sondern die Gewalt Einzelner gegen die Polizei.“ Dennoch will sie weitermachen mit ihrem Engagement für den Klimaschutz, für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Notfalls auch noch einmal im Braunkohlerevier protestieren, denn „ich finde, dass Profit nicht über Menschenleben gestellt werden kann“. Und um allen zu zeigen: „Wir sind keine Klimaterroristen!“

Eine riesige Menschenmenge demonstrierte gegen den Abriss von Lützerath zu Zwecken des Braunkohleabbaus. Mit dabei war Katharina Wirth aus Oberkochen.
Eine riesige Menschenmenge demonstrierte gegen den Abriss von Lützerath zu Zwecken des Braunkohleabbaus. Mit dabei war Katharina Wirth aus Oberkochen. © privat

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