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Die Verwaltung hat keine klare Linie

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Von: Katharina Scholz

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Kathis Klartext
Kathis Klartext © opo

Kathis Klartext kritisiert, dass die Stadt Aalen nicht gleichzeitig für und gegen die unechte Teilortswahl sein kann.

Aalen

Für mich ist nicht nachvollziehbar, was die Stadtverwaltung derzeit macht. Diese Woche tourte Sabine Olbrich von der Geschäftsstelle Gemeinderat und Wahlen durch die Aalener Ortschaftsräte. Also die Ortschaftsräte, die die unechte Teilortswahl noch nicht abgeschafft haben. Zum Verständnis: Dieses Wahlverfahren garantiert den Teilorten Sitze im Ortschaftsrat und im Gemeinderat. So hatten zum Beispiel Beuren und Simmisweiler bei der vergangenen Kommunalwahl jeweils einen Sitz im Ortschaftsrat Waldhausen sicher. Und Waldhausen hatte zwei Sitze im Aalener Gemeinderat garantiert.

Vortrag klingt zunächst einleuchtend

Olbrich hatte eine ganze Reihe von Argumenten im Gepäck, warum die unechte Teilortswahl eine wirklich schlechte Idee sei. Keine Rechtssicherheit, kompliziertes System, viele ungültige Stimmen, viele Ausgleichssitze, Probleme Nachrücker zu finden, Verhinderung der Integration der Ortsteile und so weiter und so fort. Bis dahin klang das einleuchtend.

Ich war in Gedanken schon einen Schritt weiter und stellte mir die Diskussion im Gemeinderat vor. Wenn Olbrich genau diesen Vortrag im Aalener Sitzungssaal halten wird. Vorschlagen wird, die unechte Teilortswahl auch im Gemeinderat abzuschaffen. Ich sah sie schon vor mir, die Unterkochener, Hofener, Ebnater, wie sie schreien und zetern aus Angst um ihre Sitze. Wie die Listen, die von der unechten Teilortswahl profitieren, Argumente für dieses Wahlverfahren finden werden. Keinesfalls würde der Gemeinderat diesen Vorschlag so leicht schlucken, wie es manche Ortschaftsräte diese Woche getan haben.

Im Ortschaftsrat dagegen, im Gemeinderat dafür

Doch dann machte Olbrich klar, dass es dazu nicht kommen wird: „Die Verwaltung schlägt nicht vor, die unechte Teilortswahl im Gemeinderat abzuschaffen.“ Bitte was? Was soll denn das für eine Linie sein, die die Stadt hat? Wie kann die Verwaltung gleichzeitig für und gegen die unechte Teilortswahl sein? Das ist einfach nur unlogisch.

Es muss wohl daher kommen, dass die Verwaltungsspitze nicht logisch denkt, sondern politisch. Weil die Chancen schlecht stehen, die Abschaffung der unechten Teilortswahl im Gemeinderat durchzusetzen, traut sich die Verwaltung da nicht ran. Es ist die Büchse der Pandora, die niemand öffnen will. Oberbürgermeister Frederick Brütting erinnert sich ganz bestimmt noch an 2011. Damals war er Mitglied im Aalener Gemeinderat. Der Aalener OB hieß Martin Gerlach. Er scheiterte krachend daran, die unechte Teilortswahl abzuschaffen.

Wenn die Verwaltung heute keine klare Linie mehr bei dem Thema hat, kann sie auch dazu stehen. Keine Empfehlung auszusprechen, ist dann der richtige Weg. Die Verwaltung sollte in der Vorlage und der Sitzung ganz offen die Vor- und Nachteile der unechten Teilortswahl erörtern und dann sehen, wie die Gremien entscheiden.

Albrecht Jenner, SPD-Ortschaftsrat aus Wasseralfingen, sieht das anders. Er schickte diese Stellungnahme an die SchwäPo, die hier unbearbeitet und ungekürzt folgt:

"Unechte Teilortswahl – warum es einen Unterschied zwischen den Wahlen zum Ortschaftsrat und der Wahl des Gemeinderats gibt

 

Frau Scholz plädiert in ihrem Beitrag „Kathis Klartext“ für die Abschaffung der unechten Teilortswahl auch für die Gemeinderatswahl. Sie nennt es unlogisch, dieses Wahlverfahren zwar auf Ortschaftsebene abzuschaffen, nicht aber bei der Wahl zum Gemeinderat.

 

Tatsächlich aber hat die unterschiedliche Behandlung durchaus seine Berechtigung.

Exemplarisch lässt sich dies im größten Stadtteil, nämlich in Wasseralfingen zeigen:

Zu Wasseralfingen gehören seit Jahrhunderten die Teilorte Röthardt, Erzhäusle, Rötenberg, Weidenfeld, zusammen mit Wasseralfingen bilden sie einen Wahlbezirk.

 

Brausenried, Onatsfeld, Affalterried, Mäderhof, Heisenberg und Treppach, ebenso seit sehr langer Zeit Teil Wasseralfingens  bildeten dagegen bisher einen eigenen Wahlbezirk und hatten somit einen Sitz im Ortschaftrat garantiert bekommen. Diese unterschiedliche Behandlung der Ortsteile konnte bisher nicht logisch erklärt werden.

 

Dies ist nur ein Grund, der für die Abschaffung der unechten Teilortswahl  in Wasseralfingen spricht. Die anderen Begründungen (z.B. Vereinfachung, Vermeidung vieler ungültiger Stimmen) wurden bereits ausführlich erörtert, sie sollen deshalb hier nicht noch einmal wiederholt werden.

 

Die unechte Teilortswahl  für den Gemeinderat beizubehalten ist nicht unlogisch:

Aalen als Flächenstadt ist ein Produkt der Gemeindereform der siebziger  Jahre. Selbstständige Kommunen bildeten die neue Stadt Aalen. Alle hatten eine eigene Verwaltung, einen Gemeinderat, ihre eigene Geschichte. Im Gegensatz dazu hatten die „Teilorte“ der Stadtbezirke vor der Gemeindereform keine eigene Verwaltung etc.

 

Um die Integration in die Gesamtstadt zu erleichtern, wurde das Instrument der unechten Teilortswahl geschaffen. Alle ehemaligen selbstständigen Ortschaften und die Stadt Wasseralfingen sollten im entscheidenden Gremium, nämlich dem Gemeinderat, ihrer Größe nach vertreten sein. Dies ist auch heute noch von Bedeutung in einer Stadt mit nicht nur räumlich weit auseinanderliegenden  Stadtbezirken.

Natürlich ist die Abschaffung der unechten Teilortswahl in den Ortschaften nur ein Schritt zur Vereinfachung der Kommunalwahl.

Die Beibehaltung der unechten Teilortswahl für den Gemeinderat ist aber auf Grund der verhältnismäßig kurzen Geschichte der Flächenstadt Aalen immer noch gerechtfertigt.

Zukünftigen  Gremien bleibt es vorbehalten, zu gegebener Zeit eine Neubewertung der Thematik zu treffen."

Mehr zum Thema:

Wasseralfingen stimmt gegen unechte Teilortswahl

Ortschaftsrat Waldhausen ist gegen die unechte Teilortswahl

Schaffen Aalener Ortschaftsräte die unechte Teilortswahl ab?

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