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Lieber Tätowierer als Physiker

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Von: Dagmar Oltersdorf

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Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet.
Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet. © Oltersdorf, Dagmar

David Rincke hat einen Bachelor in Physik. Warum er jetzt in Aalen ein Tattoostudio eröffnet hat.

Aalen

Schlaksige Statur. Schwarze Sneaker. Schwarz-weiß gemustertes Sweatshirt und die passende Cap. Bedient man im Kopf sein Klischee, ist David Rincke auf den ersten Blick nicht anzusehen, dass er einen Bachelor in Physik hat. Dass er gerne Schach spielt. Sich als Künstler versteht. Wenn man mit ihm spricht, dann geht es schnell auch um KI, um Wissenschaft und Strategien, die er bei seiner Arbeit einsetzen möchte.  Vor ein paar Wochen erst hat der 31-Jährige in der Gartenstraße ein Tattoostudio "Santino" eröffnet. Dort sitzt er auf einem schwarzen Ledersofa Marke Vintage.

David Rincke vor seinem Studio "Santino" in der Gartenstraße.
David Rincke vor seinem Studio "Santino" in der Gartenstraße. © Oltersdorf, Dagmar

"Eigentlich wollte ich früher einen normalen Job machen", erzählt Rincke. Doch die erste "Abzweigung vom Normalen", wie er sagt, war für ihn schon die Waldorfschule in Aalen. "Da habe ich schon viel Kreatives mitbekommen", erinnert sich der Sohn einer Mathelehrerin und eines Musikers. Er gehörte zum ersten Jahrgang der Schule, deshalb wechselte er aufs THG, um sein Abitur zu machen. Dort habe er nicht mehr leicht einen Anschluss gefunden. Die Freundschaften sei in den hohen Klassen längst geschlossen. "Da habe ich mir eben das Drumherum einfach selbst beigebracht", sagt Rincke.

Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet. Hier zeigt er sein "Bewerbungsbein".
Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet. Hier zeigt er sein "Bewerbungsbein". © Oltersdorf, Dagmar

Nach dem Abi studiert David Rincke in Ulm: Maschinenbau, Physik. "Eigentlich wollte ich ja zum Zeiss", sagt er. Nebenbei beginnt er zu tätowieren. "Ich wollte ein Tattoo haben und als Student war mir das zu teuer." Youtube ist ihm ein guter Helfer, wie Rincke erzählt. Er kauft sich eine Tätowiermaschine und probiert erst mal an sich selbst und bei einem Kumpel. Gezeichnet habe er schon immer gerne und so habe alles seinen Lauf genommen. "Es kamen nach und nach immer mehr Anfragen." Sogar ein Auto habe er sich von dem Geld, das er damit verdiente, irgendwann leisten können.

Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet. Hier will er auch mit KI arbeiten.
Der 31-Jährige David Rincke hat Maschinenbau und Physik studiert. Nun hat er sein Tattoostudio in der Gartenstraße eröffnet. Hier will er auch mit KI arbeiten. © Oltersdorf, Dagmar

"Hier, das ist meine Bewerbungsmappe", sagt er und krempelt den Stoff seiner Jeans am rechten Bein nach oben. "Jeder Tatöwierer hat so ein Bein", grinst er und erzählt nebenbei, dass der Name des Studios sein zweiter Vorname ist.  Dann greift der 31-Jährige zum Tablet. Zeigt, wie er bereits KI einsetzt, wenn es darum geht, zu zeigen, wie seine Entwürfe auf einem Arm oder Bein aussehen könnten. "Ich möchte immer mehr professionellen Tools machen", sagt er. Nicht viele Tätowierer würden schon diesen Weg gehen. Wissenschaftlich angehen könne man das Thema Farben und Farbmischungen. "Ich finde, es wäre gut, hier einen richtigen Ausbildungsberuf zu schaffen", sagt David Rincke. Er selbst habe zwei Jahre in Berlin verbracht, um dort zu lernen. Auch den Umgang mit Menschen.

David Rincke während seiner Berliner Zeit.
David Rincke während seiner Berliner Zeit. © Diego Sixx

Wieder zurück in Ulm erstellte er einen Businessplan, um das Studio in Aalen eröffnen zu können. "Ich habe alles selbst geplant und entworfen", sagt er mit Blick auf ein großes Wandgraffiti. Auch die Entwürfen seiner Tattoos seien durchweng Unikate. "Tätowieren ist ein guter Weg, um mit Kunst sein Geld zu verdienen", erklärt David Rinke. Zudem sei das selbstständige Arbeiten für ihn das Beste - Gruppen, Teams, normale Arbeitszeiten, all das sei nicht sein Ding.

Das Studio in der Gartenstraße.
Das Studio in der Gartenstraße. © Oltersdorf, Dagmar

"Ich brauche einen Beruf, den ich gerne mache, in dem ich kreativ sein kann und auch noch meinen Hobbies nachgehen kann." Neben dem Zeichnen ist das Musik und Schach spielen im Aalener Schachverein. "Mein Zwillingsbruder bekommt das irgendwie anders hin. Der hat Mathe studiert und hat nun einen geregelten Job", sagt David Rincke.

David Rincke mit seinem Lieblingstattoo: Das Porträt von Albert Einstein hat er selbst entworfen.
David Rincke mit seinem Lieblingstattoo: Das Porträt von Albert Einstein hat er selbst entworfen. © Oltersdorf, Dagmar

Dann krempelt er wieder hoch. Diesmal den linken Arm. Darauf in Pastell tätowiert ist unverkennbar das Porträt von Albert Einstein verewigt - ebenfalls entworfen von David Rincke selbst. Für so ein Tattoo müsse man stundenlang liegen: "Ich bin fast eingeschlafen", sagt er.

David Rincke bei der Arbeit im Studio.
David Rincke bei der Arbeit im Studio. © Oltersdorf, Dagmar

Habe er selbst ein solch aufwendiges Motiv zu stechen, sei er hinterher immer ein ganz schön schlapp.  "Man hat ja eine große Verantwortung und  konzentriert sich die ganze Zeit."  Und das sei so anstrengend wie ein paar Stunden Schachspielen.

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