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Ein Aalener als drittbester Pizzabäcker Deutschlands: Wie Benjamin Sezgin zum Wettkämpfer mit Pizzateig, Mozarella und Basilikum wurde. Und warum er den Namen seines Ladens ändern will.
Aalen
Von der Ringermatte an den Pizzaofen: Als Freistilringer hat Benjamin Sezgin sechs deutsche Titel gewonnen, jetzt hat der Aalener um den nationalen Titel der Pizzabäcker gekämpft: Bei den Deutschen Meisterschaften in Hamburg ist der 31-Jährige Dritter geworden.
Die Disziplin hieß: Pizza Napoletana Moderna. Sezgins Trainingsraum ist in Unterkochen, wo er seit acht Jahren das Imbiss-Restaurant „Aladin Kebab" betreibt. In der Ecke steht jetzt eine Urkunde, auf einem Podest Pokal plus die Medaille. Ein Wettkämpfer ist Benjamin Sezgin als KSV-Aalen-Ringer seit 20 Jahren. Diesmal musst er sich statt auf den Gegner im Mattenkreis auf einen runden Teigfladen konzentrieren, mit 30 Zentimeter Durchmesser. Seine grundlegende Herangehensweise habe sich nicht vom Sport unterschieden, erzählt Sezgin: „Nicht verkrampft sein, das Beste draus machen wollen, Spaß haben.“
Wie kämpft man um den Titel als bester Pizzabäcker? Jeder Teilnehmer hatte 15 Minuten Zeit, die Basis bildet die eigene Backexpertise: den Teig dürfen die Starter selbst mitbringen. Hier fangen die Feinheiten schon an: „Pizzateig wird gekühlt, damit er nicht zu schnell gärt“, sagt Sezgin. Beim Heimspiel in Unterkochen, wo er schon ein paar tausend Pizzen gebacken hat, kennt er seine Kühlkette genau. In der Messehalle in Hamburg, wo die Meisterschaft Teil der Gastro-Messe Internorga war, muss er unter Auswärtsbedingungen bestehen. Beim Formen der Pizza mit den Händen und beim Belegen, greift die Erfahrung. Gebacken wird im elektrischen Pizzaofen, wie Sezgin auch einen hat. Aber natürlich nicht das gleiche Modell: „Jeder Ofen ist anders.“ Bei knapp über 400 Grad geht’s dann schnell: „Zwischen 60 und 80 Sekunden reichen, dann ist die Pizza fertig.“ Sezgin muss dabei sein Werk im Blick behalten und mit dem Teigschieber drehen, damit sie nicht ungleichmäßig gebacken wird.
Pizza als Männerdomäne
Um die Bewertung danach kümmert sich eine Jury von fünf Herren, darunter ein echter Pizzakulturpfleger aus Neapel: Luca di Massa von der Associazione Verace Pizza Napoletana, einer Organisation aus Neapel, die den Klassiker der Pizzaküche zertifiziert. Wie überhaupt die Pizza-Bäckerei offenbar noch Männerdomäne ist. Eine Frau sei im ganzen Wettbewerb nur eine dabei gewesen, erzählt der Aalener. Benjamin Sezgin musste mit seiner Pizza am Ende in drei Bewertungskategorien überzeugen: Geschmack, Backergebnis und Präsentation, wobei zur Präsentation auch der Auftritt der Pizzabäcker selbst gehörte.
Die Meisterschaft, bei der Sezgin nun zum ersten Mal dabei war, spiegelt dessen Entwicklung als Koch wider: Sein Laden heißt zwar „Aladin Kebab", aber das Pizzabacken fand er mit den Jahren zunehmend spannend. Vor einem Jahr hat er sich einen Profi-Ofen gekauft – aus Neapel natürlich, wo Sezgin als Pizza-Bildungsreisender auch schon war. „Der Ferrari unter den Öfen“, sagt Sezgin. Der Elektro-Ofen, der auf 450 Grad hochgeheizt werden kann, kostet immerhin fast so viel wie ein Kleinwagen. 12000 Euro hat er investiert.
Eine Schoko-Pizza zu dritt
Was Sezgin auch investiert hat, ist seine kulinarische Kreativität: Neben klassischen Sorten gibt es bei ihm inzwischen Pizzen wie die „Orient“ mit Sucuk oder die „Autunno“ mit Ziegenkäse, Walnüssen und getrockneten Feigen. „Ich bin sehr offen für Neues“, sagt Sezgin, er wolle nicht mit Scheuklappen durchs Leben gehen. Aus Spaß am spielerischen Erfinden ist auch eine Pizza mit Nutella und Kinder-Schokolade entstanden – Kalorienzahl unbekannt. „Ich empfehle, dass man sie mindestens zu dritt teilt.“
Seit einem Jahr haben Benjamin Sezgins Spezial-Pizzen einen eigenen Namen: „Benizza“ – Benjamins Eigenkreationen eben. Bald soll der Begriff von der Speisekarte auch aufs Firmenschild wandern. Als prämierter Pizzabäcker hält Sezgin die Zeit gekommen für eine Umbenennung: „Der Plan ist, dass aus Aladin Kebab dann Benizza wird.“
Wozu Pizza mit der Schere schneiden?
Der Wettbewerb: Die Pizzabäcker-DM hat zum 10. Mal stattgefunden, ausgerichtet in der Hamburg von der „Pizza-Schule“ Berlin. Teilnehmer durften nur Profis, Hobby-Pizzabäcker waren nicht zugelassen. Insgesamt waren 28 Pizzabäcker aus Deutschland dabei.
Das Warenzeichen: Die Pizza Napoletana ist seit 2005 offiziell ein Warenzeichen in der EU. Von der international gängigen Pizza Romana unterscheidet sie optisch der dickere Rand. Der Klassiker ist die Margerita mit Tomaten, Mozarella und Basilikum.
Die Schere: Die Profis bei der DM schneiden ihre Pizza mit einer Schere auf – damit Rand und Belag keinen Schaden nehmen. Wer’s ausprobieren will – Scheren statt Besteck gibt’s auch bei Benjamin Sezgin in Unterkochen.