Berufswunsch Kapitän: Unterkochener erfüllt sich seinen Lebenstraum

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Felix Welzenbach

Felix Welzenbach erzählt von einer Ausbildung auf großen Pötten, dem Leben an Bord und Landgang mit Kontrastprogramm.

Aalen-Unterkochen

Felix Welzenbach ist auf Landgang. In seiner Heimat Unterkochen erholt er sich von den vergangenen drei Monaten. Mit dem Containerschiff „Leverkusen Express“ ist der 21-Jährige um die halbe Welt gefahren, zuletzt durch das Südchinesische Meer und den Suezkanal. Welzenbach hat einen Traum: Er will Kapitän werden. Kein ganz gewöhnlicher Berufswunsch für einen 21-jährigen waschechten Älbler.

„Im Grunde war „Kapitän“ schon in der vierten Klasse mein Berufswunsch“, sagt Welzenbach. „Was mit dem Meer zu tun hat, fand ich immer schon cool.“ Er interessiert sich damals auch für Luftfahrt, für Flugzeuge und Hubschrauber, „alles, was sich halt bewegt“.

Nachdem er im Familienurlaub auf Fähren und Hausbooten unterwegs war, beschäftigt er sich mehr und mehr mit der Schifffahrt. Mit 17 tritt er schließlich seine erste großen Reise an: Als Schülerpraktikant arbeitet Welzenbach nach der zehnten Klasse während der Sommerferien sechs Wochen lang auf einem Containerschiff. Von Hamburg aus geht es über den Atlantik in die Dominikanische Republik, durch den Panama-Kanal und bis nach Chile. „Da wusste ich wirklich, dass ich das machen will. Davor kann man sich ja nur so ungefähr vorstellen, wie das abläuft.“

Nach dem Abitur 2020 am Technischen Gymnasium in Aalen beginnt er eine Ausbildung zum Nautischen Offiziersassistenten bei der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd – mit 257 Schiffen eine der größten der Welt.

Der erste Seebär in der Familie

Seine Kollegen aus Norddeutschland hatten dabei einen Vorsprung, erzählt er. „Die konnten sich vorher besser vorstellen, wie das abläuft. Manche hatten auch Väter, die zur See gefahren sind. Andere haben schon bei der Seenotrettung gearbeitet und sind Segeln gegangen.“ Er selbst kennt bis dahin niemanden, der etwas mit Seefahrt zu tun hat. Sein Vater ist Ingenieur, seine Mutter Lehrerin. Trotzdem unterstützt sein Umfeld den Berufswunsch: „Die fanden es schon cool, dass ich was anderes mache als alle anderen.“ Seit anderthalb Jahren ist Welzenbach nun regelmäßig auf dem Meer unterwegs. Drei Monate dauern die Einsätze jeweils, danach folgen vier Wochen Urlaub. Er sammele viel praktische Erfahrung, die er für sein anschließendes Nautikstudium und den Beruf als Offizier gut gebrauchen könne. „Danach wird man ins kalte Wasser geworfen, da hat man direkt die ganze Verantwortung.“

Auf der Brücke und an Deck

Schon in der Ausbildung lernt er deshalb, das Schiff zu steuern, an- und abzulegen und auch Manöver wie etwa im engen Suezkanal zu beherrschen. „Das ist ein mächtiges Gefühl, wenn du so ein riesiges Schiff steuerst, das gerade so durch den Kanal passt.“ Die Einsätze auf der Brücke wechseln sich ab mit Arbeiten an Deck. Eine gute Mischung von geistiger und körperlicher Arbeit, findet Welzenbach. Seekrank sei er übrigens noch nie geworden, aber „einen richtigen Sturm“ habe er bisher auch noch nicht erlebt, erzählt der 21-Jährige freimütig.

Im Vergleich zu Kreuzfahrtschiffen, wo auf wenig Raum wesentlich mehr Besatzung unterkommt, ist das Leben an Bord des Frachters für ihn komfortabel: Einzelkajüte, Fitness- und Freizeiträume, ein Koch, der drei warme Mahlzeiten am Tag zubereitet.

Das ist hart: Landgang verboten

Abends und am Wochenende trifft man sich zum Grillen oder am Tischkicker, viel Freizeit bleibt bei einer Sechs-Tage-Woche mit zehnstündigen Arbeitstagen nicht. „Man muss schon viel Motivation mitbringen, dass man das durchhält. Wenn man drei Monate auf dem Schiff ist, aber nach zwei Wochen die Motivation verliert, wird die Fahrt echt hart.“

Rigide Regeln in China

Vor allem die Landgänge fehlen ihm. Wegen der Pandemie dürfen die Seeleute in den meisten Ländern nicht von Bord, sehen die Wolkenkratzer von New York oder Hongkong nur vom Hafen aus. In China seien die Regeln besonders streng, sagt Welzenbach. „Die spinnen ein bisschen, was die alles vorschreiben. Teilweise darf man im Hafen den Laderaum nicht mehr betreten. Man macht das Schiff fest, und dann müssen sich alle Crew-Mitglieder in den Aufbauten verstecken. Dann kommen die chinesischen Hafenarbeiter an Bord und kümmern sich ganz alleine um das Entladen.“ Den Außenbereich dürfe man nur im Ganzkörper-Schutzanzug betreten.

Ausgleich zu der intensiven Arbeit findet der junge Unterkochener deshalb erst im Urlaub. Dann zieht es ihn in die Alpen. Er ist mit Freunden unterwegs und macht Sport im Freien – Rafting, Bergsteigen, Skifahren, „alles, was mit Abenteuer zu tun hat, wie in meinem Beruf auch“.

Im Februar bricht Welzenbach zur nächsten Fahrt auf. Bei der Planung, wer auf welches Schiff kommt, habe er sein Wunschziel Kanada angegeben, sagt er. Wahrscheinlich geht es aber wieder in die Karibik, zu 25 Grad und Sonne. Weit weg von der winterlichen Alb.

Link: Seine Erlebnisse dokumentiert der 21-Jährige auf dem Instagramkanal @fx_sea_life.

So romantisch kann Seefahrt sein.
Blick von der Brücke des Schiffes in den Suez-Kanal.
Felix Welzenbach
Blick von der Brücke des Schiffes in den Suez-Kanal

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