1. Startseite
  2. Ostalb
  3. Bopfingen
  4. Kerkingen

Gewerbegebiet: Kerkingen wehrt sich

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Martin Simon

Kommentare

Ein Blick auf ladenburger in Kerkingen. Der Ort fürchtet nun, dass die Flächen links im Bild Gewerbegebiet werden. Archivfoto: opo
Ein Blick auf ladenburger in Kerkingen. Der Ort fürchtet nun, dass die Flächen links im Bild Gewerbegebiet werden. Archivfoto: opo © opo

Der Ortschaftsrat lehnt neue Flächen entlang der L 1060 und die mögliche Ansiedlung eines Großbetriebs ab - Ein solcher sei gar nicht in Sicht, beruhigt Bürgermeister Dr. Gunter Bühler.

Bopfingen-KerkingenIrritation gibt es in Kerkingen. Dort könnte das Gewerbegebiet erweitert werden – auch über die nördliche Straßenseite der L 1060 hinweg. Der Ortschaftsrat wehrt sich und kritisiert eine Planung, der der Regionalverband die Tür öffnet.

Als Regionalverbandsdirektor Thomas Eble im Technischen Ausschusses Bopfingen die Fortschreibung der Regionalplanung 2035 für den Raum Bopfingen vorstellte, wurde Kerkingens Ortsvorsteherin Bettina Maria Weber hellhörig. War doch die Rede von einer Erweiterung des Gewerbegebietes Kerkingen. Ein paar Tage später, am 30. November, brodelte es in Kerkingens Ortschaftsrat. Vollbesetzt war das Gemeindehaus und die Gemütslage eindeutig: Keine Erweiterung des Gewerbegebietes.

Stellungnahme ist abgegeben

Inzwischen hat Kerkingen eine Stellungnahme zur Fortschreibung des Regionalplans 2035 formuliert. Darin wird eine Fristverlängerung für die Einbeziehung des Ortschaftsrates und der Bürgerschaft über das Beteiligungsverfahren gefordert. Die Erweiterung der Gewerbefläche „Kerkingen Nord“ im Regionalplan sei ohne deren Beteiligung eingebracht worden. „Kerkingen wurde viel zu spät durch die Stadtverwaltung informiert - im Technischen Ausschuss am 17. November“, sagt Weber.

Die Frist der Stellungnahme des Ortschaftsrats war auf den 1. Dezember terminiert worden, die für Stellungnahmen von Bürgern auf den 2. Dezember. Eine Ortschaftsratssitzung habe über den Stadtanzeiger einberufen werden müssen, so Weber. Somit sei nur der 30. November als Termin geblieben. Nun musste die Stellungnahme aber innerhalb eines Tages formuliert werden. „Bei einer so weitreichenden Planung sollte ein vernünftiger Zeitraum für Stellungnahmen möglich sein“, sagt Weber.

Weiter gibt es Kritik an der Darstellung der Flächen im Regionalplan. Hier müsse das bereits in Planung befindliche Gewerbegebiet „Mooswiesen – Erweiterung West“ mit fünf bis sechs Hektar Fläche dargestellt werden. Auch die Darstellung der Erweiterungsfläche im Gewerbegebiet „Kerkingen Nord“ sei nicht korrekt dargestellt. Die Flurstücksgrenzen der neuen Flurbereinigung sollten dargestellt werden, da diese für 2035 relevant sind. Eine Streuobstwiese sei als bestehende Gewerbefläche gekennzeichnet, diese müsse aber als Grünland dargestellt werden, heißt es in der Stellungnahme des Ortschaftsrates.

Erweiterung? Klares Nein

Kerkingen habe viele Konflikte mit der Firma Ladenburger ausgefochten. Lärm, Gewässerverschmutzung, Verkehr - aber hier werde nun ein Maß erreicht, das nicht ortsverträglich sei. Eine Erweiterung der geplanten „Gewerbefläche Nord“ auf 23 Hektar lehne der Ortschaftsrat kategorisch ab, so Weber. Die korrekte Darstellung aller Gewerbeflächen - aktueller und nun geplanter, inklusive Landeburger - ergebe aus Sicht des Ortschaftsrats 44 Hektar. „Das ist mehr als ausreichend für einen Ort der Größe Kerkingens“, sagt Weber.

Gefordert werden Grüngürtel zur Trennung und Lärmabschirmung für Kerkingen und Sechtenhausen. Die Stadt solle kleinere und mittlere Betriebe, am besten ortsansässige, ansiedeln. „Keinesfalls wünschen wir einen weiteren Großbetrieb. Industriebetriebe müssen ausgeschlossen sein“, formuliert es der Ortschaftsrat. Die Verwaltung dagegen verfolge das Ziel eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für einen Großbetrieb, wird behauptet.

Schlecht für Mensch und Umwelt

Der positiven Einschätzung des Regionalverbandes zur Bewertung der Schutzgüter widerspricht der Ortschaftsrat. Die Vergrößerung des Gewerbegebietes sei keinesfalls verträglich für Bewohner und Naturräume. „Unsere Landwirte würden noch mehr Fläche verlieren. Die ortsansässigen drei Vollerwerbslandwirte, die erheblich investiert haben, sind auf diese Flächen angewiesen“, so Weber.

Ein weiterer Aspekt: Kerkingens Schmutz- und Regenentwässerung sei „auf Kante genäht“. Der Schmutzwasserkanal sei permanent überlastet und weise extreme Schwächen auf. Zudem sei der Ort stark hochwassergefährdet. Eine weitere Flächenversiegelung müsse vermieden werden. Bei Starkregen-Ereignissen träten bereits jetzt große Probleme auf. Nicht vergessen werden dürfe die 21,5 Hektar große versiegelte Fläche der Firma Ladenburger, deren Regenentwässerung durch den Ort läuft. Auch der Bezug zum Grundwasser sei negativ.

Die Verkehrssituation sei bereits jetzt sehr belastend. Die Ausweisung eines Schwerpunkt-Gewerbegebiets sei undenkbar, da dies Verkehre über die L 1060 und L 1070 für Beschäftigte und Materialtransport bedinge, fasst die Ortsvorsteherin zusammen.

Der Bürgermeister widerspricht

Bürgermeister Dr. Gunter Bühler widerspricht dieser Darstellung vehement. Die Flächen, die nun im Regionalplan 2035 ausgewiesen würden, stünden bereits seit vielen Jahren in der Regionalplanung. Dies sei nichts Neues, allenfalls seien die Flächen nun schematisch anders dargestellt worden, Dreieck statt Rechteck, beispielsweise.

Bühler betont, dass die Regionalplanung eine „viel größere Flughöhe hat, als ein Bebauungsplan“. Ob es in Kerkingen weitere Gewerbegebiete gebe, wie diese aussehen, wo diese liegen sollen und wie groß diese würden, darüber entscheide einzig der Gemeinderat, und der werde sicher das Votum des Kerkinger Ortschaftsrates einbeziehen.

Nicht nachvollziehen könne die Verwaltung die Addition der Gewerbeflächen in Kerkingen. Es seien 28 und nicht 44 Hektar, sagt Bühler.

Bühler rät zur Gelassenheit. Viele Bedenken in Kerkingen, wie Grünzäsur, Verkehr oder Entwässerung beträfen Stufen eines Verfahrens, dass allenfalls viel später oder nie zur Anwendung komme. Es sei zwar richtig, dass das Land Baden-Württemberg auf der Suche nach großen, zusammenhängenden Gewerbeflächen für neue Technologien, „Giga-Factorys“ genannt, sei, und dass man in Stuttgart auch nach Bopfingen blicke, ob sich hier aber je eine Option ergebe, das stehe völlig in den Sternen. „Sollte es so weit kommen, dann ist der Gemeinderat das Souverän, das darüber entscheiden wird“, versichert Bühler.

Falls die Verwaltung eine vielleicht nötige Sensibilität habe vermissen lassen, dann liege das wohl daran, dass sich für Kerkingen in der Fortschreibung des Regionalplans 2035 „absolut nichts an dem geändert hat, was bereits bekannt und vorhanden war“, so der Bürgermeister.

Bühler will am Donnerstag im Gemeinderat eine Stellungnahme zum Thema abgeben.

Mehr zum Thema

Kommentar von Martin Simon: Gewerbe oder wohnen?

Auch interessant

Kommentare