Der Geist aus der Flasche
Gerhard Königer über die Wirkung einer Feuerzangenbowle auf eine abendliche Runde.
Wir wissen bis heute nicht genau, was uns Hariolf Kirsch da als Geheimzutat in die Feuerzangenbowle gemischt hat, obwohl wir uns das kleine Fläschchen mit dem Totenkopf ganz genau angesehen, sogar daran gerochen haben. Was wir noch wissen: es war schon fast Morgen, als wir das Lokal verließen. Wir waren die letzten Gäste. Unsere Standfestigkeit war beeinträchtigt, weshalb uns der Wirt auch ein Taxi bestellt hatte.Ich weiß noch, dass wir Schnitzel bestellt und Cordon Bleu bekommen hatten, wofür wir uns bei den Brüdern Kirsch herzlich bedankten, weil es so lecker schmeckte. Und ich weiß noch, dass die anfangs eher nüchtern und schüchtern wirkende Runde in wenigen Stunden zu einem vertrauten Kreis zusammenschmolz. Ich erinnere mich an schallendes Gelächter. Heitere Anekdoten mit durchaus sehr persönlichen Details wurden erzählt. Dass da auch noch andere Gäste im Raum waren, es war uns egal oder wir hatten es vergessen.Ob das nun die Feuerzangenbowle bewirkt hat oder ob es die anderen Getränke waren: ich kann es nicht sagen. Was mich beeindruckte: Hariolf Kirsch war ausgesprochen gut im Umgang mit dem Feuer. Er zelebrierte mit einer Sicherheit, die sich auf alle am Tisch übertrug und wir waren uns einig: „Dieser Mann ist vertrauenswürdig.“Allen, die da selbst flambieren wollen, sei an dieser Stelle geraten: Vorsicht mit allem, was von der Decke hängt. Auch empfehlen sich für diese Tätigkeit Kurzarmhemden und eine langstielige Kelle.Zu den Folgen kann ich feststellen: das immer wieder prognostizierte Schädelbrummen nach dem Genuss einer zuckerhaltigen Feuerzangenbowle blieb aus. Ich spürte nichts. Mein Kopf war klar am nächsten Tag, mein Aktionismus nicht eingeschränkt, geistige Arbeit war möglich. Allerdings: bis heute ist die Erinnerung an diese Nacht leicht vernebelt und ich überlege ständig: Wer war eigentlich alles dabei?
Feuerzangenbowle und die „Kanne“