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Landesgartenschau: Stellungnahme nach Kritik an Baumfällungen

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Von: Gerhard Königer

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Am Schießwasen erfolgte annähernd Kahlschlag. Die Bäume waren wild auf den ehemaligen Tennisplätzen gewachsen. Der gesamte Platz wird neu gestaltet. Neben dem Wellenbad soll ein Tagungsforum entstehen.
Am Schießwasen erfolgte annähernd Kahlschlag. Die Bäume waren wild auf den ehemaligen Tennisplätzen gewachsen. Der gesamte Platz wird neu gestaltet. Neben dem Wellenbad soll ein Tagungsforum entstehen. © Königer, Gerhard

Die Landesgartenschau wird eine ökologische Aufwertung der Jagstaue, auch wenn dafür Bäume gefällt werden. Fachleute in Sachen Natur- und Artenschutz begleiten die Arbeiten.

Ellwangen. In drei Tagen haben die Motorsägen ganze Arbeit geleistet: Wer die Jagstaue zuvor als Idylle erlebt hat, muss nach den Baumfällungen am Jagstufer, am Schießwasen und entlang der Rotenbacher Straße geschockt sein. "Was soll das für eine Landesgartenschau sein, wenn dafür die größten und schönsten Bäume geopfert werden", fragt Ulrich Brauchle in seinem Leserbrief.

Die Landesgartenschau GmbH hat nun in einer Pressemitteilung zu den Baumfällarbeiten Stellung bezogen. "Der Eingriff in die Natur zur Umgestaltung der Jagstaue im Rahmen der Landesgartenschau 2026 ist planvoll und durchdacht und geschieht unter naturschutzfachlicher Begleitung", heißt es da. Das Büro „Stadtlandingenieure“ sei schon seit 2019 begleitend aktiv, um alle Veränderungen aus naturschutzfachlicher Sicht abzuwägen und die Genehmigungsauflagen der Unteren Naturschutzbehörde umzusetzen, verweist die LGS GmbH auf den landschaftspflegerischen Begleitplan zum Planfeststellungsverfahren. 

Was ein Laie nicht unbedingt erkennt: die Flusslandschaft zwischen Schrezheim und Stadtmühle war auch bevor die Bäume fielen alles andere als ein Naturidyll. Die Jagst führt zwar viel Wasser und hat vermutlich auch Fische, doch mit einem natürlichen Gewässer hat sie wenig zu tun. Das gesamte Flussbett ist aus Stein, das Wasser ist aufgestaut, die Fischtreppe ist ein Witz, der dem Artenschutz nicht gerecht wird. 

Am Schießwasen standen zwar viele Bäume, doch das war letztlich nur ein aufgegebener Tennisplatz mit viel Wildwuchs. Der ökologische Wert dürfte aufgrund des verdichteten Bodens nicht sonderlich hoch gewesen sein.

Wer wissen will, wie die Jagst als halbwegs natürlicher Flusslauf aussehen kann, muss alte Postkarten von der Zeit vor der Jagstbegradigung anschauen oder nach Saverwang gehen, wo das Gewässer bereits wieder in Mäandern fließt. Dort sieht man dann auch Insekten, Fische, Vögel und Pflanzen, die sich bislang bei Ellwangen nicht wohl fühlen.

Damit auch hier, auf dem künftigen Landesgartenschaugelände, eine naturnahe Flusslandschaft entstehen kann, muss der Mensch eingreifen. Nicht zerstören, sondern die Zerstörungen der 1960-er Jahre wieder beseitigen. Alexander Mezger, der als Baustellenleiter für das Berliner Planungsbüro relais Landschaftsarchitekten in Ellwangen zuständig ist, sagt: „Die komplette Topographie der Jagstaue wird sich ändern, weil wir den Fluss aus seinem festverbauten, begradigten Verlauf befreien werden.“

Dass dazu auch Bäume fallen mussten, die am Ufer des Jagstkanals gewachsen sind, war unvermeidbar. Die Verantwortlichen versuchen, die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Dazu gehören Ausgleichsmaßnahmen, die im artenschutzrechtlichen Gutachten vorgegeben sind. "Beispielsweise werden 100 Nisthilfen für Fledermäuse und 60 Nistkästen für Vögel im Gelände platziert“, erläutert Simon Frädrich, M.Sc. Regionalentwicklung + Naturschutz, der für die „Stadtlandingenieure“ auf der Baustelle präsent ist. Im Vorfeld der Fällungen wurde bei mehreren Begehungen jeder Baum einzeln betrachtet und definiert, ob er erhalten oder verpflanzt werden kann. Ungefähr die Hälfte des Bestands bleibt unangetastet. Für einzelne Großbäume gibt es Schutzmaßnahmen während der Bauarbeiten.  Jüngere Bäume werden teilweise verpflanzt. Etwa 170 Bäume wurden gefällt. Das Holz landet aber nicht in Sägewerken sondern wird auf dem Gelände wieder verbaut, etwa in Totholzpyramiden, die Kleintieren, Insekten, Vögeln, Pilzen, Moosen als Habitate dienen.

Außerdem werden Stämme im neuen Flussbett verbaut. „Engineered log jams“ lautet der Fachbegriff. Dabei werden in natürlichen Flüssen vorkommende, wilde Ansammlungen von Stammholz nachgeahmt.

Über 1000 Bäume in unterschiedlicher Wuchshöhe werden im Zuge der Umgestaltung gepflanzt. „Bisher haben wir 2,2 Hektar Gehölzflächen im Gelände. Später werden es rund 5,4 Hektar sein“, nennt Frädrich konkrete Zahlen.

Klar ist, die Natur wird ihre Zeit brauchen, um sich zu entwickeln. Das Bild der Jagstaue wird sich deutlich verändern, weg von der begradigten Kunstlandschaft zu mehr Natur. Dazu dient die Landesgartenschau, dafür gibt es Fördergeld und diese ökologische Aufwertung wird weit über 2026 hinaus bleiben.

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Das gefällte Holz wird auf dem Gelände wieder eingebaut beziehungsweise als Totholzpyramide aufgeschichtet.
Das gefällte Holz wird auf dem Gelände wieder eingebaut beziehungsweise als Totholzpyramide aufgeschichtet. © Königer, Gerhard
Der Hang an der Rotenbacher Straße wurde ausgelichtet, weil der Campingplatz näher an den Baumbestand heranrückt. Als Camper möchte man vor umstürzenden Bäumen halbwegs geschützt sein.
Der Hang an der Rotenbacher Straße wurde ausgelichtet, weil der Campingplatz näher an den Baumbestand heranrückt. Als Camper möchte man vor umstürzenden Bäumen halbwegs geschützt sein. © Königer, Gerhard

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