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Das miese Geschäft mit Faksimiles

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Von: Alexandra Rimkus

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Vor dem Ellwanger Landgericht muss sich seit Donnerstag eine Betrügerbande verantworten. Die fünf Männer waren als Handelsvertreter im Faksimile-Geschäft aktiv; dabei wird mit Nachbildungen historischer Dokumente und Bücher gehandelt.
Vor dem Ellwanger Landgericht muss sich seit Donnerstag eine Betrügerbande verantworten. Die fünf Männer waren als Handelsvertreter im Faksimile-Geschäft aktiv; dabei wird mit Nachbildungen historischer Dokumente und Bücher gehandelt. Foto: Pexels © Pexels

Eine fünfköpfige Betrügerbande aus dem Nürnberger Raum hat einen Mann aus Crailsheim mit einer perfiden Masche um ein Vermögen gebracht.

Ellwangen

Es gibt Geschichten, die sind so verrückt - die würde man nicht einmal einem Krimiautoren abnehmen. Aber mitunter passieren sie tatsächlich. Ein Beispiel dafür liefert diese Woche das Landgericht in Ellwangen. Hier hat am Donnerstag der Prozess gegen eine fünfköpfige Betrügerbande aus dem Nürnberger Raum begonnen. Sie hat einen 55-jährigen Mann aus Crailsheim mit einer perfiden Masche um ein Vermögen gebracht.

Der Schwurgerichtssaal im Landgericht war selten so gerammelt voll wie am Donnerstagvormittag. Neben den fünf Angeklagten, ihren acht Verteidigern und einem massiven Aufgebot an Sicherheitskräften wollten offenbar auch zahlreiche Angehörige der Delinquenten dem Prozess live beiwohnen. Und der war am Donnerstag nach einer guten halben Stunde auch schon wieder vorbei. So lange hatte Oberstaatsanwalt Peter Humburger für die Verlesung der Anklageschrift gebraucht, die wirklich jedem fiktiven Drehbuch zur Ehre gereichen würden.

Demnach waren die fünf Männer auf der Anklagebank im Faksimiles-Geschäft aktiv; dabei wird mit wertvollen Nachbildungen historischer Dokumente und Bücher gehandelt, die den Kunden als sichere Geldanlage angepriesen werden.

17 900 Euro Verkaufsgebühr

Eine Geschäftsidee, die besonders gerne bei betuchten Senioren und ehemaligen Bertelsmann-Kunden verfängt. In dem Bereich tummeln sich deshalb mittlerweile viele Betrüger, zu denen laut Ellwanger Staatsanwaltschaft auch die fünf Angeklagten zählen, darunter ein Türke, ein Kosovare und drei deutsche Staatsangehörige, im Alter zwischen 27 und 31 Jahren.

Sie alle waren als Handelsvertreter für Faksimile aktiv. Und bekamen 2021 von einem Kollegen, den die Staatsanwaltschaft  derzeit gesondert verfolgt, den Hinweis, sich an einen wohlhabenden, aber geistig und körperlich eingeschränkten Kunden in Crailsheim zu wenden. Der Tippgeber hatte den 55-jährigen Crailsheimer im November 2021 bereits erfolgreich  um 17 900 Euro erleichtern können - eine Vorausgebühr für den Ankauf eines angeblich wertvollen Buches.  

Geld in der Tüte

Am 30. November versuchte man deshalb gleich noch mal sein Glück. Dabei ließ sich der Tippgeber von einem der Angeklagten begleiten. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen wurden dem 55-Jährigen erneut 8000 Euro abgeknöpft. Wieder getarnt als eine Verkaufsgebühr - obwohl gar nichts verkauft wurde. Aber das war noch nicht alles.   Während einer der Täter den Mann in ein Gespräch verwickelte, durchsuchte der Kompagnon die Wohnung des Opfers und wurde im Schlafzimmer fündig. Hier lagerten unter einem Stuhl in einer roten Tüte 120 000 Euro. Das Geld wurde von den Männern mitgenommen und dann fair untereinander aufgeteilt.

Gold im Koffer

Was zwei Mal gut funktionierte, wurde ein knappes Jahr später dann wohl auch noch ein drittes Mal versucht - nur in neuer Besetzung und unter Angabe falscher Namen. Drei der Angeklagten fuhren dazu Anfang August 2022 nach Crailsheim und erklärtem dem  55-Jährigen, dass man seine Faksimiles-Sammlung in der Schweiz für eine halbe Million Euro verkaufen könne. Um dieses Geschäft abzuwickeln, müsse der 55-Jährige zuvor aber noch eine Kaution in Höhe von 150 000 Euro stellen. Bei dem „Besuch“ durchstöberte einer der Angeklagten erneut die Wohnung des Opfers, fragte parallel per WhatsApp bei seinen Kollegen nach, wo sie denn vor einem Jahr das Geld in der Wohnung gefunden hätten, und entdeckte schließlich - ebenfalls im Schlafzimmer - in einem Schrank einen Koffer mit Goldmünzen. Den ließ der Mann aber vorerst stehen. Er und seine zwei Begleiter begnügten sich zunächst mit den 150 000 Euro, die der 55-Jährige aus seinem Bankschließfach abgeholt und durch eine zusätzliche Geldabhebung vom Konto zusammengebracht hatte. Wieder wurde das Geld zwischen den Beteiligten aufgeteilt.

Nur acht Tage später wenden sich die Betrüger erneut an den 55-Jährigen und teilen ihm mit, dass seine 150 000 Euro auf einem Schweizer Bankkonto deponiert worden seien. Damit das Kreditinstitut keinen Verdacht schöpft, müssten aber weitere Einzahlungen erfolgen.

Der Crailsheimer rückt erst 2000 Euro raus, einen Tag später übergibt er schließlich dann auch seinen Koffer mit den Geldmünzen  - geschätzter Wert laut Staatsanwaltschaft rund 100 000 Euro.

Banker wird misstrauisch

Aber auch das reicht den Tätern nicht. Sie verlangen weitere 15 000 Euro Bargeld von dem Crailsheimer; der daraufhin erneut zu seiner Bank geht. Jetzt wird endlich ein Mitarbeiter misstrauisch und spricht den Mann an. Der wendet sich in der Folge an die Polizei. Bei der anschließenden geplanten Geldabholung können die Beamteneinen der fünf Täter festnehmen.

Am Donnerstag wurde noch nicht in die Beweisaufnahme eingetreten; allerdings wurde mitgeteilt, dass einer der Strafverteidiger 6400 Euro übergeben wird. Das Geld soll aus der Beute stammen.

Der Prozess wird am 4. Mai fortgesetzt; es sind insgesamt sieben Verhandlungstage angesetzt. 16 Zeugen und ein Sachverständiger werden angehört.

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