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Das Schicksal der Familien Levi

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Von: Gerhard Königer

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Erich Levi, Bildmitte unten, kam als Soldat der US Army 1945 noch einmal nach Ellwangen zurück.
Erich Levi, Bildmitte unten, kam als Soldat der US Army 1945 noch einmal nach Ellwangen zurück. © Königer, Gerhard

In einer dreiteiligen Serie stellen wir die Personen vor, an die mit den Stolpersteinen erinnert wird, die am 29. Mai verlegt werden.

Ellwangen

Am 29. Mai werden in der Schmiedstraße und in der Apothekergasse acht goldglänzende „Stolpersteine“ verlegt. Sie erinnern an die Mitglieder der Familien Levi, die 1938 in die USA geflohen sind, um der Ermordung durch die NS-Diktatur zu entkommen.

Ihr Schicksal und was sie zwischen 1933 und 1938 an Ausgrenzung, Häme und Gewalt  erleben mussten, hat die Stolpersteininitiative sorgfältig gesammelt. Die ehrenamtlichen Rechercheure konnten dabei auf die Vorarbeit zurückgreifen, die Inge Barth-Grözinger geleistet hat.

Als Lehrerin am Peutinger Gymnasium hat sie mit Schülerinnen und Schülern der Oberstufe die Schicksale der letzten jüdischen Schüler erforscht und Kontakt mit dem Sohn des Schülers Erich Levi aufgenommen. Später hat sie die Ergebnisse dieser „Spurensuche“ in dem Roman „Etwas bleibt“ aufgearbeitet.

Erich Levi, geboren 1920 und gestorben 1966 in Caracas, floh zusammen mit seinen Eltern Julius Levi und Melanie, geborene Schüssel sowie der Großmutter Babette. Der jüngere Bruder Max war mit einem Kindertransport bereits nach England geschickt worden. Von dort kam er nach Australien und erst nach dem Krieg lebte er wieder mit der Familie zusammen in New York. Erichs Onkel Sigmund Levi, seine Tante Lea, geborene Adler und sein Cousin Erwin flohen ebenfalls 1938 in die USA.

Schon bevor sich die jüdische Gemeinde in Ellwangen auf Betreiben der Nationalsozialisten am 23. Mai 1935 selbst auflösen musste, waren die jüdischen Familien allerlei Schikanen und Drangsalierungen ausgesetzt. Die Levis waren Viehhändler, sie kauften Vieh von Bauern der Region und verkauften es weiter an Bauern und Metzger. Sie besaßen Ställe in der Stadt. In einer Nacht Ende Januar 1935 trieben Männer in SA- und SS-Uniformen das Vieh aus den Ställen in die vom Hochwasser angeschwollene Jagst und ließen erst davon ab, als Julius Levi das Vieh mit Bargeld auslöste.

Erich und Erwin Levi besuchten das Gymnasium, mussten die Schule jedoch noch vor dem Abitur verlassen. Als die Gefahr für die Juden in Deutschland immer größer wurde, verkauften die Familien ihren Besitz und emigrierten in die USA.

Erich Levi kehrte im April 1945 als Soldat der 399. US-Infanterie-Division kurzzeitig nach Ellwangen zurück und ordnete die Wiederherstellung des zerstörten jüdischen Friedhofs an.

Im Zusammenhang mit dem Schülerprojekt von Inge Barth-Grözinger entstand der Kontakt zu Erichs Sohn Prof. Michael Levi, der in New York lebt. Weil der Vater ihm nichts von seiner Heimat in Deutschland erzählte, erfuhr Michael erst durch die Recherchen der Schülerinnen und Schüler und Grözingers Buch, was den Familien Levi während der NS-Zeit widerfahren war.

In der Folgezeit hat er mehrfach Ellwangen besucht und an Gedenkveranstaltungen teilgenommen, hat sogar einen deutschen Pass. Zur Verlegung der „Stolpersteine“ für die zur Flucht gedrängten Mitglieder seiner Familie, die am 29. Mai stattfindet, will Michael Levi ein weiteres Mal nach Ellwangen kommen.

Sein versöhnlicher Umgang mit dem Familienschicksal und seine Bereitschaft, den Kontakt mit den heutigen Bewohnern der Heimatstadt seines Vaters aufzunehmen und zu halten, gibt Hoffnung, dass eine Aussöhnung für die Verbrechen, die während der NS-Zeit in Deutschland begangen wurden, möglich ist.

Die Nachkommen der Opfer und der Täter bleiben auch in der dritten Generation in Verbindung, überwinden den Hass der Vergangenheit und können ohne Wut gemeinsam an das erinnern, was sich 1933 bis 1945 ereignet hat: das macht die Gedenkfeier zu einem besonderen Ereignis.

Verlegung von Stolpersteinen am 29.5.

Am Pfingstmontag, 29. Mai, ab 14.30 Uhr wird der Künstler Gunter Demnig in Ellwangen zehn Stolpersteine verlegen. Beginn ist um 14.30 Uhr in der Schmiedstraße. Neben acht Steinen für die Angehörigen der Familien Levi wird ein Stolperstein für Rosa Heinrich (1939 in die USA geflohen) und einer für Hilda Müller (ermordet 1940 in Grafeneck) verlegt.

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