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Feuerzangenbowle und die „Kanne“

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Von: Gerhard Königer

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Hariolf Kirsch serviert die Feuerzangenbowle in der Kanne.
Hariolf Kirsch serviert die Feuerzangenbowle in der Kanne. © Alexandra Rimkus

Warum die Feuerzangenbowle und der gleichnamige Spielfilm mit Heinz Rühmann in Ellwangen eine ganz besondere Bedeutung haben.

Ellwangen

Sie sitzen um ein Gefäß mit einem hochgeistigen Getränk, so geistreich, dass blaue Flammen auf der Flüssigkeit schweben. Sie sind in die Jahre gekommen, sie reden von glorreichen vergangenen Schülerzeiten, von Pennälerstreichen. Und sie bedauern den armen Pfeiffer, den ein Hauslehrer zum Abitur geführt hat.

Durch diese Szene im „Klosterstübchen“ ist das Getränk populär geworden, das Heinz Rühmann und die anderen Honoratioren in dem Film „Die Feuerzangenbowle“ zu sich nehmen. Helmut Weiss hat den Film nach dem Roman von Heinrich Spoerl vom 18. März 1943 bis Juni 1943 gedreht, 1944 kam er in die Kinos.

So kurz nach der Katastrophe von Stalingrad ging es vor allem um eines: Die Menschen in Deutschland sollten möglichst nicht ständig an Krieg und Tod denken. Trotzdem war der fertige Film von der Zensur bedroht. Heinz Rühmann musste Hermann Göhring eine Kopie in der Wolfsschanze vorführen, im Führerhauptquartier in Polen. Als Göhring dem Führer berichtete, bei der Vorführung hätten alle schallend gelacht, befahl Hitler, den Film sofort freizugeben.

Die Ellwanger Feuerzangenbowle

In Ellwangen trinkt man die Feuerzangenbowle in der „Kanne“, wo die ganze Szenerie sehr an die Pennälerkomödie von 1944 erinnert. Und wenn man fragt, was die Stadt mit Heinz Rühmann zu tun hat, bekommt man dort fachkundige Antwort. „Nein, der Film wurde nicht in Ellwangen gedreht, auch wenn sich das Gerücht hartnäckig hält“, klärgt Hariolf Kirsch auf, der die Feuerzangenbowle so gekonnt zelebriert, wie der Kellner im Film.

Aber da sind doch diese Szenen im Klassenzimmer, im Musik- und Chemiesaal, wo die Kamera am Fenster vorbei schwenkt und man draußen ganz eindeutig die Schönenbergkirche und das Ellwanger Schloss sieht. Könnte es nicht sein, dass im damaligen Gymnasium, das heute Landgericht ist, gedreht wurde?

Leider nein, die Fakten sind eindeutig. Gedreht wurde in den Filmstudios Babelsberg in Berlin, eine kurze Flugsequenz wurde über Schwäbisch Hall aufgenommen. Die Ellwanger Wahrzeichen sind lediglich eine Kulisse, ein Panoramabild. Es sind auch überhaupt keine Zeitzeugenberichte von Dreharbeiten in Ellwangen bekannt. Die müsste es aber geben, wenn der ganze Berliner Filmtross samt dem Star Heinz Rühmann mitten im Krieg hier aufgeschlagen wäre.

Bleibt eine wirklich spannende Frage: Warum verwendet Helmut Weiss eine Kulisse, die ausgerechnet Ellwangen zeigt? Die Antwort könnte lauten: Weil das der Schauspieler Alberth Florath, der in dem Film mitspielt, vorgeschlagen hat. Er ist der dicke Herr bei der Eingangssequenz, der dem Dr. Pfeiffer vorschlägt in seine Heimatstadt, das entzückende Städtchen  Baremberg zu gehen, das so „wundervoll hinterm Mond liegt“.

Albert Florath lebte in Gschwend

Florath, geboren in Bielefeld, hatte damals bereits seinen Landsitz in der Schlechtbacher Sägmühle bei Gschwend.  1957 starb er in Gaildorf. Ellwangen kannte er bestimmt und auch die pittoreske Stadtansicht, ebenso gut wie Schwäbisch Hall. Es ist nur eine Theorie, doch die ist durchaus schlüssig: Florath brachte die Ellwangen-Kulisse in „Die Feuerzangenbowle“.

Man kann davon ausgehen, dass der Kannenwirt Hans Kirsch durch den Film, der am 26. Dezember 1969 erstmals im westdeutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, auf die Idee mit der Feuerzangenbowle und den Witzen kam, die beim Flambieren erzählt werden. Hariolf Kirsch berichtet, dass die erste Feuerzangenbowle von Mitgliedern eines Stammtisches bestellt wurde. Sie wollten in der Kanne mal etwas anderes trinken und Hans Kirsch ging gern darauf ein. „An Weihnachten hat die Mutter dem Vater das Geschirr dazu gekauft“, erzählt er.

Heute reicht ein Geschirr längst nicht mehr aus. Vor Weihnachten züngeln in der „Kanne“ die Flammen oft aus drei Töpfen zeitgleich und zum Mitnehmen gibt es die Feuerzangenbowle auch in Flaschen abgefüllt.

Hariolf zelebriert das geistreiche Getränk mit großer Eleganz: Er kommt mit verschiedenen Gefäßen und Kännchen an den Tisch. Auf einem kleinen Fläschchen mit geheimer Zutat prangt deutlich sichtbar ein Totenkopf. Wein, Orangensaft und Rum sind die Zutaten, letzter über den Zuckerhut geträufelt und entzündet bringt die Süße zum Schmelzen und sorgt für das leichte Karamellaroma, das immer wieder zum Nachschenken einlädt.

Die Witze, die Hariolf dazu serviert, wirken spontan, sind aber fein abgestimmt auf die Runde, die da um den Tisch sitzt. Schon der Vater hat für diesen Zweck ein Witzeheft begonnen, das die Söhne fortführen. Und natürlich haben sie auch den letzten Satz des Filmes drauf: „Wahr an der ganzen Geschichte ist nur der Anfang, die Feuerzangenbowle. Wahr sind die Erinnerungen, die wir mit uns tragen, die Träume, die wir spinnen und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.“

Ein Rezept für die Feuerzangenbowle

Man braucht dazu: ein Feuerzangenbowlenset, 2 Liter guten Rotwein, eine Flasche (0,5l) Rum (mindestens 54 Prozent), einen Zuckerhut, 0,5 Liter Orangensaft. Den Rotwein und den Saft erhitzen, fast zum Kochen bringen, in den Bowlentopf geben und warm halten. Den Zuckerhut auflegen, vorsichtig mit etwas Rum tränken und entzünden. Den übrigen Rum nach und nach mit einer Schöpfkelle auf den Zuckerhut geben, bis der gesamte Zucker in die Bowle getropft ist.

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Gerhard Königer über die Wirkung einer Feuerzangenbowle auf eine abendliche Runde.

Hariolf Kirsch serviert die Feuerzangenbowle in der Kanne.
Hariolf Kirsch serviert die Feuerzangenbowle in der Kanne. © Alexandra Rimkus
Filmplakat des Heinz Rühmann-Films: "Die Feuerzangenbowle" erschien 1944.
Filmplakat des Heinz Rühmann-Films: "Die Feuerzangenbowle" erschien 1944. © privat

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