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Verborgener Schatz in Ellwangen: Neues Scheffler-Fresko entdeckt

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Von: Gerhard Königer

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Dieses Bild von Christoph Thomas Scheffler, die Veronika mit dem Schweißtuch, war bislang nicht bekannt. Er hat es in seinem Dienstbotenzimmer auf dem Ellwanger Schloss an die Wand gemalt.
Dieses Bild von Christoph Thomas Scheffler, die Veronika mit dem Schweißtuch, war bislang nicht bekannt. Er hat es in seinem Dienstbotenzimmer auf dem Ellwanger Schloss an die Wand gemalt. © Königer, Gerhard

Unter dem Wandputz im Dienstbotenzimmer unter dem Dach des Schlosses haben Bauarbeiter ein Bild von Christoph Thomas Scheffler entdeckt.

Ellwangen

Die Sanierungsarbeiten, die derzeit am Ellwanger Schloss in Gange sind, haben eine große Überraschung zutage gebracht. Matthias Steuer, Leiter des Schlossmuseums, spricht sogar von einer Sensation. Ganz oben unter dem Dach des Nordflügels, wo sich die kleinen Zimmer der einstigen Dienerschaft befinden, sollte vor zwei Wochen eigentlich nur neu gestrichen werden. Doch als die Handwerker im Raum 407 plötzlich unter bröckelnden Farbschichten etwas farbig hervorschimmern sahen, hielten sie ein. Immerhin ist 407 der Raum, in dem nachweislich 1725 bis 1727 der heute so berühmte Johann Christoph Scheffler gewohnt hat, während er die Deckenfresken im Treppenhaus und im Thronsaal fertigte. Man weiß das, weil Scheffler in seiner Stube ein Deckenmedaillon auftrug, einen Mann mit Stift, der eine Frau zeichnet, eine Allegorie auf die Kunst.

407 ist das einzige Dienstbotenzimmer auf dem Schloss, das derart ausgestaltet ist. Einfachen Stuck an der Decke haben sie alle, aber ein Deckenfresko gibt es nur hier. Man zog Restauratoren hinzu, mehrere Schichten weißer Wandfarbe musste man abnehmen, um freizulegen, was da farbig gemalt war: ein weiteres Bild des barocken Künstlers. Gut einen Quadratmeter groß sieht man die Veronika mit dem Schweißtuch. Halb entrückt hält sie dem Betrachter das Antlitz Jesu entgegen. 

Das christliche Motiv kann nicht verwundern in der Kammer eines Jesuiten: Scheffler, 1699 in Mainburg bei Freising geboren, war Sohn eines Malers. Seine Gesellenjahre arbeitete er für den berühmten Cosmas Damian Asam, bevor er im September 1722 als Laienbruder in das Landsberger Jesuitenkolleg eintrat.

Von dort wurde er nach Ellwangen vermittelt, wo soeben die Kirche für das neue Jesuitenkolleg gebaut wurde, die er ausmalen sollte. Der damalige Fürstpropst Franz Ludwig von Pfalz Neuburg erkannte das Talent des jungen Künstlers und beauftragte ihn mit der Ausmalung seines Schlosses, des neuen Treppenhauses und der neu gestalteten Prunkräume.

Nach der mühsamen Arbeit an den Decken im Thronsaal, die auf einem Gerüst teilweise auf dem Rücken liegend zu verfertigen waren, begab sich der Maler dann am Abend über mehrere Treppen und Stiegen hinauf bis unter das Dach im Nordflügel, wo seine Stube war. Hier muss er dann noch so viel Muße gehabt haben, dass er mit Temperafarben neben dem Deckenmedaillon auch noch die Veronika mit dem Schweißtuch malte. Vergleicht man sie mit Schefflers Auftragsarbeiten, wirken diese kleinen, ganz privaten Bilder eher flüchtig und blass, skizzenhaft, von geringerer Qualität.

Doch man muss bedenken, dass Scheffler da auf dem Dachboden wahrscheinlich im Kerzenlicht malen musste, dass er wohl auch nicht die Gerätschaften und Farben hatte, die ihm beim fürstlichen Auftrag zur Verfügung standen. Um so spannender wird es sein, wenn die Kunsthistoriker das neu entdeckte Bild analysieren. Diente es dem Künstler als Motiv für die stille Anbetung oder spiegeln die Frauenfiguren an der Wand und an der Decke die weltlichen Sehnsüchte eines kaum 30-jährigen Mannes, der wenig später, 1728, ganz unvermittelt wieder aus dem Jesuitenorden austritt?

Matthias Steuer ist überzeugt: "Die Interessierten werden Schlange stehen, wenn es sich herumspricht, dass hier in Ellwangen ein unbekanntes, so persönliches Schefflerfresko entdeckt wurde." Er will den Raum auf jedenfall künftig bei Sonderführungen zeigen.

Dieses Deckenfresko in der Dienstbodenkammer war schon länger bekannt.
Dieses Deckenfresko in der Dienstbodenkammer war schon länger bekannt. © Königer, Gerhard
Blick auf die Fassade des sanierten Nordflügels: das kleine Fenster rechts der Uhr gehört zu Schefflers Stube.
Blick auf die Fassade des sanierten Nordflügels: das kleine Fenster rechts der Uhr gehört zu Schefflers Stube. © Königer, Gerhard
Dieses Bild von Christoph Thomas Scheffler, die Veronika mit dem Schweißtuch, war bislang nicht bekannt. Er hat es in seinem Dienstbotenzimmer auf dem Ellwanger Schloss an die Wand gemalt.
Dieses Bild von Christoph Thomas Scheffler, die Veronika mit dem Schweißtuch, war bislang nicht bekannt. Er hat es in seinem Dienstbotenzimmer auf dem Ellwanger Schloss an die Wand gemalt. © Königer, Gerhard

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