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Was wir wirklich über die „Schwarze Schar“ wissen

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Von: Gerhard Königer

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Der Pennäler Schnitzelbank: kommen in die Stadt. Voriges Jahr war nur ein Auftritt am Marktplatz.
Der Pennäler Schnitzelbank: kommen in die Stadt. Voriges Jahr war nur ein Auftritt am Marktplatz. © Königer, Gerhard

Am kommenden Sonntag steigt in Ellwangen mit dem Auftritt "der Pennäler Schnitzelbank“ der Höhepunkt der regionalen Fasnacht. Die Ursprünge sind unklar.

Ellwangen

Es ist schon eine ganze Weile her, dass man in Ellwangen den Einmarsch der „Schwarzen Schar“ in seiner ganzen Pracht erleben durfte. 2021 gab es zwar die Versliste zu kaufen und ein Filmchen auf Youtube, doch in Natura konnte man die maskierten Unbekannten in ihren schwarzen Dominos nicht erleben. 2022 gab es „Der Pennäler Schnitzelbank light“, einen Kurzauftritt am Marktplatz, die Zuschauer wurden mit Absperrungen auf Abstand gehalten.

Dieses Jahr also das „Ellwanger Femegericht“, wie die fasnachtliche Erscheinung auch schon genannt wurde, wieder in voller Länge und mit voller Intensität. Ein Auftritt der weit über die Region hinaus seinesgleichen sucht und weder mit dem rheinischen Karneval noch mit der schwäbisch-alamannischen Fasnacht so richtig herzuleiten ist. Es sind wohl ausschließlich lokale Besonderheiten, die zur Entstehung geführt haben. Man spricht von Rechtsreferendaren, die nach 1848 die Pennäler angestachelt haben, wenigstens an Fasnacht rebellisch zu sein und im Stil einer „Schnitzelesbank“ ordentlich vom Leder zu ziehen.

Beim Blick in die Archive wird schnell deutlich: fast alles, was man über die 1851 gegründete „Schwarze Schar“ weiß, hat die Gruppe selbst an die Öffentlichkeit gegeben, einschließlich dem Gründungsjahr. 2001 erschien die Festschrift „Geheimsache Schnitzelbank“ mit Fotografien, Erinnerungen, Versen aus 150 Jahren. Auf dem ältesten, erhaltenen Bild, aufgenommen 1904, ist sogar einer der Teilnehmer demaskiert.

Im Nachfolgenden ein paar zentrale Fragen und Antworten.

Wer steckt unter den Masken?

Wie der Name „Pennäler Schnitzelbank“ schon sagt, sind es wohl allesamt Schüler und/oder Ehemalige des Ellwanger Gymnasiums. Aus Erinnerungen in den bislang erschienen Festschriften wird deutlich, dass Schüler des Pennals in den Versen Kritik auf Lehrer und andere Honoratioren geschmiedet und im Schutz der Maske öffentlich vorgetragen haben. Dafür wurden sie immer wieder verfolgt und mussten bei Verdächtigung Karzer oder Schulverweis fürchten. Wie es die Gruppe heute hält, ob auch Schülerinnen zugelassen werden, ist unklar. Man kann unter den Dominos zwar durchaus Körperformen erkennen, aber ein Decolleté wurde bislang nicht gesehen.

Wie kann eine so große Gruppe in einer Kleinstadt wie Ellwangen unerkannt bleiben?

Es ist tatsächlich eine große Gruppe, rund 100 Personen, die da am Fasnachtssonntag mit Fackeln und Trommeln in die Stadt marschiert. Die „Schwarze Schar“ kommt mit zwei Bussen am „Vögelesberg“ (AOK-Kreuzung) an, zieht durch Spital- und Marienstraße, wendet am Torhaus und zieht dann in das erste Lokal ein, dieses Jahr das Punto. Um nicht erkannt zu werden, verstellen die am Mikrofon ihre Stimme. Bevor die Gruppe weiterzieht, werden auf der Straße die Tarnnamen aufgerufen. Der Betreffende antwortet mit einem kurzen „Hier“, doch auch da ist die Stimme verstellt. Obwohl also die Teilnehmer alles tun, um unerkannt zu bleiben, muss es in der Stadt Mitwissende geben. Wie könnte man sonst die umfangreichen Vorbereitungen, die zweifellos nötig sind, geheim halten?

Wie kommt es, dass die Gruppe, trotz ihrer teilweise derben Verse noch nicht verboten wurde?

Es gab wohl schon Versuche, die „Schwarze Schar“ vor Gericht zu ziehen. Jedenfalls wird das in den Festschriften angedeutet. 1976 heißt es: „Nie ist dies bisher gelungen. Nie und nimmer darf die Anonymität etwa durch ein Impressum der Versliste aufgehoben werden. Mit ihr steht und fällt die Schnitzelbank.“ Den Ellwangern scheint dies durchaus bewusst zu sein und weil man den Spaß auch künftig genießen möchte, stellen sie sich schützend vor „ihre“ Pennäler. Sie tragen selbst „schlimme“ Verse mit Fassung oder danken sogar dafür, weil es in der Stadt als Ehre erachtet wird, von der „Schwarzen Schar“ überhaupt beachtet beziehungsweise besungen zu werden.

Info: Am Fastnachtssonntag, 19. Februar, zieht „Der Pennäler Schnitzelbank“ um 19 Uhr vom „Vögelesberg“ aus in die Stadt ein und singt in den Wirtschaften ihre gefürchteten Spottreime. In folgenden Lokalen wird der Reihe nach gesungen: Punto – Le Palme – Stadtcafé – Ratsstube – Goldener Adler – Kronprinzen – Roter Ochsen – Retsina – Taverna – Kanne – Manhattan – Stadthalle.

Die "Schwarze Schar" stellte auf der Bühne am Marktplatz ihre Versilste vor.
Die "Schwarze Schar" stellte auf der Bühne am Marktplatz ihre Versilste vor. © Königer, Gerhard
Auf dem Marktplatz hatten sich 1000 bis 2000 Menschen versammelt, innerhalb und außerhalb des abgesperrten Bereichs.
Auf dem Marktplatz hatten sich 1000 bis 2000 Menschen versammelt, innerhalb und außerhalb des abgesperrten Bereichs. © Königer\, Gerhard
Wer unter den Masken steckt, weiß man nicht.
Wer unter den Masken steckt, weiß man nicht. © Königer\, Gerhard
Einzug
Einzug © Königer, Gerhard
Die "Schwarzen Schar" singt am Fasnachtssonntag in den Lokalen der Stadt ihre Verse.
Die "Schwarzen Schar" singt am Fasnachtssonntag in den Lokalen der Stadt ihre Verse. © Königer\, Gerhard
An der AOK-Kreuzung steigen die Unbekannten aus den Bussen und zünden ihre Fackeln an.
An der AOK-Kreuzung steigen die Unbekannten aus den Bussen und zünden ihre Fackeln an. © Königer\, Gerhard

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