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Vivat, crescat, floreat Ellwangensis

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Von: Sabine Freimuth

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Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar.
Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar. © Sabine Freimuth

PG-Schülerin Margret Ahrendt liest der Schwarzen Schar gehörig die Leviten.

Ellwangen. Es ist jedes Jahr der Höhepunkt beim Auftritt der Schwarzen Schar: die Verleihung des Tanzstundenbandes im Brauereigasthof Roter Ochsen. Dieses Jahr wurde diese besondere Ehre  Margret Ahrendt zuteil.

Kurz vor 21 Uhr spürte man im voll besetzten Festsaal die in der Luft liegende Anspannung. Mit Freundinnen hatte die Schülerin der zwölften Jahrgangsstufe des Peutinger Gymnasiums den besten Platz im Saal inne und wartete noch entspannt auf das, was ihr bevorstand.

Wochen vorher hatte sie einen dreiseitigen mit Füller handgeschriebenen Brief erhalten – Inhalt geheim. Im ersten Moment erschien ihr die Einladung surreal, dann schön. Das geforderte Gedicht hat sie alleine kreiert.

Das Tanzstundenband mit der Inschrift „Vivat, crescat, floreat Ellwangensis“ hat die Mama in Auftrag gegeben. Dann der Moment in dem über hundert in schwarzen Kutten gekleidete Männer den Saal fluteten. Ehrfürchtige Stille durch den der Befehl schallte „Silentium für Fräulein Ahrendt“.

Da glänzten die Wangen der jungen Frau und die Stimme zitterte noch etwas bei den ersten Sätzen: „Sehr geehrte schwarze Schar, das ich heute hier stehe ist schlicht wunderbar. Die Tradition lebt seit nun mehr als 150 Jahr. Davon ein Teil zu sein ist unbezahlbar.“

Das drei Seiten lange Gedicht erhielt viel Zwischenapplaus, vor allem der Part mit der Frauenquote: „Die Frauenquote muss man hier mit der Lupe suchen, eigentlich sollte ich Euch verfluchen. Auch ewige Tradition entschuldigt nicht, dass ihr mutmaßlich nicht habt ein weibliches Gesicht.“ Am Ende ihres Vortrages schallte nicht nur donnernden Applaus durch den Gasthof, verbeugten sich die schwarzen Mannen vor der jungen Frau. Stolz heftete sie ihr Tanzstundenband an den mächtigen Schellenbaum.

Mit Präsenten und Küsschen geehrt konnte sie im Kreise ihrer Freundinnen entspannt den Vortrag der Schnitzelbank geniessen.

Das Gedicht von Margret Ahrendt 

Sehr geehrte Schwarze Schar, das ich heute hier stehe ist schlicht wunderbar. Die Tradition lebt seid nunmehr als 150 Jahr. Davon ein Teil zu sein ist unbezahlbar. Voll Ehrfurcht schau ich in die Menge. Der Abend zog sich bis zu diesem Zeitpunkt ganz schön in die Länge.

Als ich den Brief hielt in meinen Händen, da dachte ich mir, wird das gut enden. Ich fragte mich, warum nur ich? Ich bin doch so ein unbekanntes Gesicht. Gefreut hab ich mich dennoch sehr und genieße den heutigen Abend mit dieser Ehre noch viel mehr.

Einen langen Brief erhielt ich von fast drei Seiten. Doch was von da an zu tun war, blieb ein großes Fragezeichen. Kaum Information hat man bekommen. Da fühlt man sich noch mehr beklommen. Mit Hilfe der Damen aus den vergangenen Jahren, konnte ich dann doch alles Wichtige erfahren.

Mein nächster Gedanke damals war, es gibt ein neues Kleid für mich -  wie wunderbar. Ich muss euch jedoch allen sagen, sehr aufgeregt bin ich seit Tagen. Ich muss zugeben, eher sind es Wochen, mein Herz hört kaum auf zu pochen.

Wie erwähnt gibt es die Schwarze Schar schon lange und sie verbreitet oftmals Angst und Bange. Maskiert, vermummt und unerkannt, schreiten sie durch unser Land. Der Einzug mit Fackeln immer eine große Schau, doch wer sie überhaupt ist, daraus wird keiner schlau.

Ihr seid Männer, die die Prominenz durch den Dreck ziehen. Vor Euch kann nichts und niemand entfliehen. Augen und Ohren habt Ihr überall. Und für eure Reime erntet ihr nicht nur Beifall. Doch einer muss auch mal die Wahrheit aufdecken. Bestimmte Fehltritte darf man einfach nicht verstecken.

Aber kommen wir nun zum wichtigen Teil. Ich höre auf mit der Schweiferei. Frauenrechte liegen mir am Herzen und das wird Euch vielleicht jetzt schmerzen. Denn muss ich es wagen und auch Euch mal die Wahrheit sagen.

Die Frauenquote muss man hier mit der Lupe suchen. Eigentlich sollte ich Euch verfluchen. Auch ewige Tradition entschuldigt nicht, dass Ihr mutmaßlich nicht habt ein weibliches Gesicht. Mal abgesehen von uns Tanzstundenmädchen seid ihr nur Männer aus unserem Städtchen.

Auch unsere Stadt wird sich bald ändern. 2026 wird man durch ein neues Stadtgesicht schlendern. Die Landesgartenschau soll Ellwangen wieder Leben einhauen und die Stadt in ein neues und lebendiges Licht tauchen. Immer mehr Läden verlassen uns, denn sich in Ellwangen zu halten, ist große Kunst.

Aber wir sollten uns alle weniger beklagen und einfach mal Danke sagen. Denn Krisen gibt es zur Zeit zur Genüge. Ich erspar Ihnen lieber die Auszüge. Ich sag nur Gott sei Dank feiern wir wieder zusammen und sitzen heute Abend gemütlich beisammen.

Den Fasching will keiner von uns missen. Die Laune ist gut, die Gläser sind voll. Ohne das alles hier wäre Fasching nur halb so toll. Was ist Fascging ohne Euch und das Gedränge? Da fehlt eine große Menge!

Und in diesem Sinne überreiche ich men Band an Euch ganz feierlich. Es lebe, blühe und gedeihe Ellwangen. Der Abend hat erst angefangen. Es ist schön, ihn mit Euch zu verbringen. Er wird noch ewig in meinem Leben nachklingen.

Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar.
Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar. © Sabine Freimuth
Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar.
Margret Ahrendt war in diesem Jahr die Auserwählte der Schwarzen Schar. © Sabine Freimuth
Verleihung des Tanzstundenbands im Roten Ochsen durch Margret Ahrendt.
Verleihung des Tanzstundenbands im Roten Ochsen durch Margret Ahrendt. © Sabine Freimuth

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