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Warum Oberkochen alles bar zahlt

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Von: Ulrike Schneider

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Oberkochens Bürgermeister Peter Traub erläutert im Gespräch, aus welchen Quellen die Stadt ihren Reichtum schöpft und wer davon neben Oberkochen auch noch profitiert.
Oberkochens Bürgermeister Peter Traub erläutert im Gespräch, aus welchen Quellen die Stadt ihren Reichtum schöpft und wer davon neben Oberkochen auch noch profitiert. © Oliver Giers

Die Stadt am Schwarzen Kocher befindet sich finanziell in der Komfortzone. An was das liegt, ob Bürgermeisterkollegen neidisch auf Peter Traub blicken und wer alles davon profitiert.

Oberkochen

In einer besonderen Liga spielt Oberkochen in puncto Gewerbesteuereinnahmen. Die Stadt am Schwarzen Kocher mit ihren knapp 8000 Einwohnern kann, was die Einnahmen anbelangt, mit Aalen und Schwäbisch Gmünd locker mithalten und ist dabei völlig schuldenfrei, trotz zahlreicher beeindruckender Investitionen. Bürgermeister Peter Traub spricht über die Komfortzone, was damit realisierbar ist, ob er viele Neider hat, aber auch darüber, dass die Finanzen nicht immer so rosig waren, wie derzeit.

„Die Menschen haben teilweise ein phänomenales Kurzzeitgedächtnis“, sagt Bürgermeister Peter Traub, wenn man ihn auf das hohe Budget im Haushaltsplan anspricht. Vor drei Jahrzehnten, als er nach Oberkochen gekommen sei, habe gefühlt Weltuntergangsstimmung geherrscht. Es habe eine Weltwirtschaftskrise gegeben, und die Arbeitslosenquote habe am Ort über 10 Prozent gelegen. „Zeiss stand damals vor dem Aus“, erinnert sich das Stadtoberhaupt. Zudem seien kleinere Oberkochener Unternehmen in Konkurs gegangen. Hinzugekommen sei ein Rückgang bei den Steuereinnahmen von über 90 Prozent. „Und ich habe als Bürgermeister einen für eine kleine Stadt sehr hohen Schuldenberg geerbt“, blickt Traub zurück.

Doch Traub wäre nicht Traub, wenn er sich damit begnügt hätte. Er spricht davon, dass „er gemeinsam mit dem Gemeinderat begonnen hat zu kämpfen“. Der Schultes bezeichnet die Erschließung des Gewerbegebiets „Oberkochen Süd“, wo heute die SMT GmbH steht, als Wendepunkt. „Da sind wir voll ins Risiko gegangen“, sagt Traub. Zu den bereits hohen Schulden habe er mit dem Gemeinderat weitere mehr als 33 Millionen Euro aufgenommen, um Grundstücke zu kaufen und diese zu erschließen.

Volles Risiko

Für Traub und Oberkochen ein Glücksfall, dass sich Zeiss entschlossen hat, das neue Halbleiterwerk hier und nicht an einem anderen Standort zu bauen. Aber zu allem sei damals noch eine Krise der Halbleiterindustrie hinzugekommen. „Viele feixten damals, dass Oberkochen die teuerste Industrieruine der Welt hat“, erzählt der Schultes. Er wisse noch, was sparen bedeute. „Wir sind von ganz unten gekommen“, ordnet er die schwierige Phase ein. Er habe mit den Räten den Oberkochener Haushalt konsolidiert. Man habe sogar Hunderterbeträge aus dem Haushalt gestrichen.

Trotz weiterer Krisen habe sich die Situation gedreht. Zu SMT sei Meditec hinzugekommen. Erst seit zehn Jahren gab's einen sehr dynamischen Aufwärtstrend. „Seit fünf Jahren läuft Zeiss so gut, dass wir von überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuereinnahmen profitieren“, stellt Traub fest. Das erlaube Oberkochen, Dinge zu realisieren, die andere Kommunen in dieser Größenordnung nicht tun können.

Will Traub Denkmäler setzen?

So hat die Kocherstadt ein Investitionsvolumen von mehr als 139 Millionen Euro. Traub bezeichnet das selbst „als beachtlich für eine so kleine Kommune“ und zählt unter anderem auf: das Sportzentrum, eine neue Veranstaltungshalle, das Blaulichtzentrum und den Anschluss im Süden an die B 19. Dabei seien Dinge wie Straßensanierungen noch gar nicht eingerechnet.

Neues ersetzt Altes

„Wir runderneuern die gesamte Infrastruktur und bauen teilweise noch dazu“, beschreibt der Schultes die aktuelle Situation. Altes werde durch Neues ersetzt; etwa das Freizeitbad aquafit durch das neue Kocherbad. Er habe noch eine „Restlaufzeit von drei Jahren“ - in dieser Zeit wolle er die großen Dinge zu Ende führen. Aber nicht, um sich selbst Denkmäler zu setzen, wie er betont. „Dinge, die man angefangen hat, führt man zu Ende, das ist die schwäbische Denkweise.“

Oberkochen zahlt bar

Über die Zeit „nach Traub“ gefragt, meint der Schultes, es bleibe genügend Arbeit, Zeit und Geld. „Wir zahlen alles in bar.“ Traub geht es nach eigenem Bekunden immer darum, solide zu haushalten. Schulden seien schnell gemacht. Diese abzubauen sei schwierig.

Woher und wohin das Geld fließt

Die Zeiss-Gruppe mit der Carl Zeiss AG, SMT GmbH und der Meditec AG ist mit weitem Abstand der größte Steuerzahler, und dann folgen andere Unternehmen wie zum Beispiel Hensoldt. Vor diesem Hintergrund habe Oberkochen wohl das höchste Gewerbesteueraufkommen in Ostwürttemberg, höher als die Städte Aalen, Schwäbisch Gmünd und Heidenheim für sich. Doch nicht nur Oberkochen profitiert von der Zeiss-Gruppe. Die Stadt ist laut Traub der drittgrößte Zahler der Kreisumlage. Traub spricht von 33,4 Millionen Euro, die die Stadt an den Ostalbkreis abgibt. Hinzu komme unter anderem eine Finanzausgleichsumlage an Bund und Land. Der Bürgermeister nennt eine sogenannte Faustformel, nach der von einem Euro Gewerbesteuer 30 Prozent bei der Kommune bleibt. „Das ist in den vergangenen beiden Jahren bei jeweils 100 Millionen Euro immer noch sehr viel Geld“, rechnet Traub vor.

Tun, was andere nicht können

So kann Oberkochen Dinge tun, die andere Kommunen nicht tun können. Ein Beispiel dafür ist der Umbau der Anschlussstelle Süd an die B 19 zu einem Kreisverkehr. Eigentlich eine Aufgabe des Bundes, die aber Oberkochen deutlich mitfinanziert.

Wer Geld hat, erntet Neid. Traub auch? „Ja, aber Neid ist für mich die höchste Form der Anerkennung“, zitiert der Schultes den Philosophen Artur Schopenhauer.

Gut zu wissen

Sportzentrum mit Hallenbad und Sporthalle: 38,5 Millionen Euro;Dreißentalhalle mit Schulmensa: 25 Millionen Euro; Kindertagesstätte „Einstein“: 9,3 Millionen Euro;Blaulichtzentrum: 15 Millionen Euro;Sozialstation mit Tagespflege und 44 betreuten Wohnungen: 16,4 Millionen Euro; Erschließung Gewerbegebiet „Oberkochen Süd III“: 7,8 Millionen Euro;Umbau Anschlussstelle B 19 „Oberkochen Süd“: 27,2 Millionen Euro.

In Anbetracht dieses beeindruckenden Investitionsprogramms bat Bürgermeister Peter Traub in seiner Haushaltsrede vergangenen Dezember die Gemeinderäte darum, keine zusätzlichen Projekte anzustoßen. „Nicht weil das Geld fehlt, sondern weil wir damit unsere Belastungsgrenze erreicht und keine personellen Kapazitäten mehr übrig haben.“

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