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Hubert von Goisern nimmt das Publikum beim Festival Schloss Kapfenburg mit auf eine genreübergreifende Reise und zeigt, dass Jodeln melancholisch geht.
Hubert von Goisern beim Festival Schloss Kapfenburg




Lauchheim-Hülen
Zack, da ist er: „Griaß di“, ruft der Mann, der plötzlich und ohne viel Tamtam auf der Kapfenburgbühne steht. Die kommenden zwei Stunden wird es rockig, gefühlvoll, melancholisch, progressiv und ja, es wird auch gejodelt – Hubert von Goisern zeigt sich vielfältig. „Ich hoffe, ihr habt das Kleingedruckte gelesen“, ruft der Österreicher, der am Dienstagabend sein Album „Zeiten und Zeichen“ im Gepäck hat. Was er damit meint? Dazu später mehr.
Vom Alpenrocker zum Rapper
Vom Alpenrocker zum Rapper innerhalb weniger Sekunden, das schafft wohl nur der 69-Jährige. Eben gab er sich noch mit dem Akkordeon die Ehre, nun wummern die Bässe, die Basecap auf seinem grauen Haupt sitzt, die Stimme wird durch Effekte verzerrt: Zum Einheizen gibt’s „El Elektro“, ein Hauch von Partystimmung liegt in der Luft. „Mein Album gibt's seit zwei Jahren, die Nummern sind entstanden, bevor der Wahnsinn ausbrach“, sagt von Goisern, der erst die Musik entwickelt, dann die Texte dazu schreibt. „Die Melodie erzählt eine Geschichte, die in mir verborgen ist“, erklärt der Weltmusiker, der an diesem Abend redselig ist. Noch oft wird er Akkordeon, Mundharmonika oder Trompete zur Seite legen, um zu erzählen.
So schnell die gute Stimmung da war, so schnell ist sie auch wieder weg. Mit „Glück ohne Ruh“ läutet der Liedermacher den ruhigen Teil des Abends ein – er kann auch gefühlvoll. „Der Text ist von jemandem, der es sich leisten kann, Herz auf Schmerz zu reinem: Goethe“, erklärt der Mann, der mit bürgerlichem Namen Hubert Achleitner heißt. Zugegeben, etwas erinnert es ja schon an eine Donauschifffahrt, langsam und gemächlich schippert das Lied vor sich hin – Goethe trifft Mundharmonika.
Zumindest auf der Bühne geht's bei „Brauner Reiter“ etwas mehr ab, die Lichter blinken grell wie Autoscheinwerfer, Goiserns Stimme erinnert an Rammstein. „Das hab ich unter Kleingedrucktem gemeint“, ruft er.
Konzert auf hohem Niveau
Huberts Stimme, die Band, alles auf sehr hohem Niveau, qualitativ liefert der Oberösterreicher ein gutes Konzert. Die Setlist? Stellenweise etwas zäh. Hier seufzt eine Trompete, da gibt es sehnsuchtsvolle Klänge. Mit „Jodler für Willi“ zeigt der 69-Jährige, dass Jodeln auch melancholisch geht – eine schöne Geste für seinen verstorbenen Freund, die dem überwiegend älteren Publikum gefällt. „Er war mein bester Freund, wir haben viel gestritten beim Formel 1 schauen“, sagt der Sänger.
Nach eineinhalb Stunden wird die Schwere durch Rap und Operngesang ersetzt. Statt mit Monologen kommuniziert der Musiker jetzt über die Musik mit den Gästen. Es wird gejodelt, rockig-psychedelischer Sound ertönt, das Publikum wacht auf, klatscht mit. Und dann erklingen die ersten Takte von „Brenna tuats guat“. Mit jedem Akkordeonton steigt die Stimmung, es brodelt, die Menge tanzt, jubelt, schaukelt, liegt sich in den Armen, als hätte sie nur auf dieses Lied gewartet.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer lechzen nach einer Zugabe, die bekommen sie. „So weit, weit weg von mir“ – ein Chor hunderter Stimmen erhebt sich aus den Rängen, Handytaschenlampen werden gezückt und von Goisern verzaubert seine Gäste. Ein guter Schluss ziert eben alles!