Venedig - die Schöne und die Raffgier

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Vincent Klink (rechts) und Lorenzo Petrocca im Aalener Kulturbahnhof. Foto: Oliver Giers
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Vincent Klink schildert sein Venedig im Aalener KubAA und macht die Hausmusik dazu mit dem Jazzgitarristen Lorenzo Petrocca.

Aalen

Mit der Flöte wollte er kommen, aufgetreten ist der Plaudermeister mit einer Altmandoline im Duo mit dem weltberühmten Jazzgitarristen Lorenzo Petrocca: Vincent Klink war am Sonntagvormittag in der vollen Konzerthalle des KubAA (300 Leute). Und plauderte und spielte und plauderte fast zwei Stunden lang.

Roland Schurig, Kulturchef im Aalener Rathaus, führte in launiger Rede ins Thema ein: Venetien mit der Metropole Venedig, Kunst und Gastro würden die Themen von Vincent Klink sein. Vincent Klink freute sich wie Schurig über das große Publikum und legte sogleich los mit der Zupfmusik. Er habe ja erst vor wenigen Wochen angefangen, die Flöte gegen die Mandoline zu tauschen, womit einige Unpässlichkeiten der Performance erklärt sind. Lorenzo Petrocca ließ hören, wie sie geht, die jazzige Adaption von Evergreens, und wie gut das klingen kann.

In seinem Genre, der informierten Konversation, lief der Star unter den Köchen Vincent Klink zu bester Form auf. Eine schier unendliche Kette von Anekdoten und verbalen Schmankerln, von Bonmots und Pointen fesselte ganz offenbar das Publikum und man merkte kaum, dass der Meister nach den geplanten 90 Minuten übergangslos in die „Zugaben“ gelangte, die er nach weiteren 20 Minuten höchst unterhaltsamen Vortrags beendete.

Man mag Gastrokritisches und Lobeshymnen auf die venetische Kochkunst erwartet haben, Klink beschäftigte sich vornehmlich mit der Service-Qualität in den Restaurants abseits der Touristenautobahnen  und gab Tipps: „Schauen sie rein in die Wirtschaft, und wenn Sie mehr als drei Basecaps sehen, können Sie gleich weiterziehen.“

Der größere Teil seines Vortrages war „Reiseführer“. Klink hat gerade ein Buch über Venedig veröffentlicht, aber er las nicht daraus, sondern tupfte mit einigen Aspekten sein Bild von der Lagunenstadt zusammen. Von ihren Kirchen mit den überreichen Schätzen millionenschwerer Gemälde, von der erfüllenden Schönheit der Stadtarchitektur und jedes einzelnen Palazzos, vom eigentlich kleinen Liniennetz der Vaporettos („…der Rest ist Latschen“). Und erzählte Geschichten hinter den Fassaden, zum Beispiel des Palazzo Dario, dessen meist kurzzeitigen Besitzer im Lauf der Jahrhunderte aus dem Leben geschieden wurden, bis in die Gegenwart so arg zuverlässig, dass man heutzutage darauf verzichte, überhaupt Menschen in dem Schicksalshaus wohnen zu lassen. Oder auch die Story von dem „Tintoretto“, dem Bild, das aus Venedig nach Essingen gelangt sei, wo es hinter dem Altar fast verborgen sein millionenschweres Dasein fristete, bis es wegen eines Bauprojektes der Gemeinde für 7000 Deutschmark „nach Stuttgart“ verkauft wurde.

Zu Klinks Venedig-Mosaik gehört auch Kritisches: dass Venedig immer schon eine „Stadt des Handels und der Raffgier“ gewesen sei. Die Monetarisierung der Schönheit werde rücksichtslos gefördert. Die Kreuzfahrtschiffe, die Menschenmassen in den Sommermonaten, die Preise und andere Rücksichtslosigkeiten seien auch darauf zurückzuführen, dass die Interessen der historischen Stadt mit ihren 50 000 Einwohnern von den 200 000 Einwohnern im Venedig-Stadtteil Mestre dominiert werden.

Gleich nach dem herzlichen Schlussapplaus drängten Damen und Herren in großer Schar an den Büchertisch, auch um Bücher von Vincent Klink signieren zu lassen.

Vincent Klink und Lorenzo Petrocca im Aalener Kulturbahnhof.
Vincent Klink und Lorenzo Petrocca im Aalener Kulturbahnhof.
Vincent Klink und Lorenzo Petrocca im Aalener Kulturbahnhof.
Vincent Klink und Lorenzo Petrocca im Aalener Kulturbahnhof.

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