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Einblick in die (fast) geheime Welt des Klosters in Neresheim

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Von: Ulrike Schneider

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Der Festsaal, von Dominikus Zimmermann 1719/20 gestaltet, ist nur bei einer Führung zugänglich. Der Raum ist 23,7 Meter lang, 10,5 Meter breit und 6 Meter hoch.
Der Festsaal, von Dominikus Zimmermann 1719/20 gestaltet, ist nur bei einer Führung zugänglich. Der Raum ist 23,7 Meter lang, 10,5 Meter breit und 6 Meter hoch. © hag

Der Ostalbkreis feiert Jubiläum.  In dieser Serie stellen wir fünf markante Bauwerke im Kreis vor. Heute das Kloster der Benediktiner in Neresheim. Was die Anlage auf dem Ulrichsberg beherbergt und was sie den Mönchen bedeutet.

Neresheim

Das Benediktinerkloster auf dem Ulrichsberg ist nicht nur weithin sichtbar, sondern auch über die Region hinaus bekannt. Vor allem die Abteikirche, ein Werk des Baumeisters Balthasar Neumann, zählt zu den herausragenden Kirchenbauten des Spätbarocks und gilt nicht nur Kunsthistorikern als ein Meisterwerk europäischer Barockbaukunst. Ihre Bedeutung lässt sich darin ermessen, dass die Kirche – zwar in einem Vorentwurf – auf der Rückseite des einstigen 50-Mark-Scheins abgebildet war. Die Geschichte ist eine, die bei einem Rundgang der Konventualprior Pater Albert Knebel erzählt. Der Oberste des Klosters nimmt sich Zeit, um bei dieser Tour vor allem Orte zu zeigen, die sonst eher im Verborgenen liegen.

Die Klosterpforte ist nur noch sehr selten besetzt. Deshalb empfängt Pater Albert diesmal die Gäste an der schweren Tür zum Klosterinnern selbst. „Wir sind nur noch sechs Mönche, im Alter zwischen 30 und 92 Jahren, da können wir diesen Dienst leider nicht mehr so wie bisher leisten“, erzählt er. Der Leiter des Klosters ist nach dem Abitur 1976 ins Kloster eingetreten. Bei den Benediktinern ist es Brauch, dass jeder „sein Kloster“ selbst aussucht, nach ganz individuellen Kriterien. Nur zu Studienzwecken habe er es für längere Zeit verlassen, so der Klosterobere. Er schlägt den Bogen zur  Bedeutung der Klosteranlage weiter. „Die  Klostergemeinschaft empfindet die gesamte Anlage als etwas, das uns anvertraut ist, das kostbar wie auch kostspielig ist.“ Die Mönche bemühten sich, die Gebäude zu erhalten und Gottesdienste zu feiern.

Die Abteikirche

Die Abteikirche als geistliches und architektonisches Zentrum der Klosteranlage – touristisch sehr gut erschlossen und ein Magnet – wurde 1750 nach Plänen von Balthasar Neumann begonnen und 1792 geweiht. Kennzeichen sind ihre helle und weite Atmosphäre, die von Martin Knoller geschaffenen leuchtenden Gewölbefresken, die die sieben unterschiedlich großen, teils runden, teils elliptischen Flachkuppeln zieren sowie der Klang der barocken Orgel von Johann Nepomuk Holzhay.

Konventgebäude, ein Palast?

Den Klosterhof beherrscht – direkt neben der Abteikirche – das Konventgebäude, in dem sich der Klausurbereich, also der private Bereich der Mönche, befindet. „Manche Menschen sagen, das hier ist wie ein Palast“, sagt Pater Albert Knebel und stimmt dem zu, wenn er weiter über die „Gliederung“, die Giebel und Fenster sagt: „Die Fassaden hier sind ein direktes Zitat des Palazzo Reale – des königlichen Palastes – in Neapel.“ Man habe all das nicht gebaut, um die Menschen in Neresheim einzuschüchtern.

Weshalb dann? Pater Albert erläutert detailliert die Zusammenhänge von den einstigen weltlichen Besitzern – den Grafen und Fürsten zu Oettingen-Wallerstein – und dem Kloster. Verkürzt gesagt, geht darum, die Macht der Feudalherrn über den Architekturstil deutlich zu machen.

Das Klostermuseum

Auf drei Geschossebenen – zwei im Konventgebäude und eine in der angrenzenden Prälatur – bietet das Museum in zehn Räumen unter anderem einen Überblick über die Baugeschichte des Klosters sowie über die historische Bedeutung, in dem, was die Mönche im Bereich von Naturwissenschaft, Bildung und Kunst geleistet haben. Glanz- und Höhepunkt der Extra-Tour ist dabei der Festsaal, den Stuckateur Dominikus Zimmermann prachtvoll ausgestaltet hat.

Doch davor passiert Pater Albert Räume, die etwa Balthasar Neumann oder das Armarium, wo Schränke und Vitrinen Zeugnisse davon enthalten, dass die Benediktinermönche einst auch Lehrmeister in Landwirtschaft und Handwerk waren. Er verweist auf die Xylothek, einer Holzbibliothek, in der einzelne Baumarten gesammelt sind. Die Bücher bestehen aus Holz und bilden den Lebenszyklus ab, etwa in Form von Samen, Zweigen und Blättern.

Teil dessen sind auch eine beeindruckende Visualisierung der „Alten Klosterbibliothek“ mit barockem Buchbestand sowie ausgewählte Buchraritäten. Die Bibliothek selbst ist, wie die Privaträume, die Klausur der Mönche, bei einem Rundgang nicht zugänglich. Auch der Rundgang selbst ist nur als geführte Tour möglich und mit Voranmeldung zu buchen.

Das Kloster als Unternehmen

Pater Albert spart bei der Tour nicht aus, dass die Einnahmen, die das Kloster als Wirtschaftsunternehmen generiere, nicht ausreichten für die notwendigen Renovierungen. Als Grund nennt er, dass zum Kloster einst wesentlich mehr land- und forstwirtschaftliche Flächen gezählt hätten. Das lasse sich auch in der Gebäudestruktur heute noch erkennen. „Diese großen Gebäude versteht man heute nur dann, wenn man weiß, dass hier früher eine Gebietskörperschaft mit zwölf Dörfern verwaltet wurde“, sagt der Obere über das Kloster als Mittelpunkt einer großen Einheit. Mit viel mehr Personal – heute sind es 20 Beschäftigte – und mehr Mönchen. Da lasse sich heute nicht einfach etwas aus der Anlage heraustrennen und wegen des Denkmalschutzes schon gleich gar nicht abreißen.

Gut zu wissen

Die Abtei wurde im Jahr 1095 gegründet. Die grundlegende Erneuerung der gesamten Klosteranlage setzte in der Barockzeit (1695) bei den Wirtschaftsanlagen ein und wurde 1698 mit dem Neubau der Klostergebäude nach Plänen Michael Wiedenmanns fortgeführt. Den Entschluss, auch eine neue Klosterkirche zu bauen und Balthasar Neumann mit ihrer Planung zu beauftragen, fasste Abt Aurelius Braisch. Obwohl Neumann drei Jahre nach der Grundsteinlegung von 1750 verstarb, wurde die Kirche, den Neumannschen Plänen folgend, vollendet und 1792 geweiht.Für digitale Führungen in der Abteikirche außerhalb der Gottesdienste gibt es einen QR-Code am Eingang der Kirche; Eintritt frei.Das Klostermuseum kann nur in Form einer Führung besucht werden. Es ist eine Voranmeldung nötig! Eintritt für Einzelpersonen und Kleingruppen 70 Euro pauschal; ab 15 Personen 5 Euro pro Person. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag (außer Konzert-Sonntage); vom 1. März bis 30. November.Kontakt per Tel.: (07326) 85 01 oder E-Mail an verwaltung@abtei-neresheim.de ⋌aki

Unweit des Eingangs existiert ein kleiner "Empfangsraum", wo die Mönche Besucher treffen.
Unweit des Eingangs existiert ein kleiner "Empfangsraum", wo die Mönche Besucher treffen. © hag
Hinter dieser Tür befindet sich die Krankenabteilung des Klosters.
Hinter dieser Tür befindet sich die Krankenabteilung des Klosters. © hag
Im Empfangsraum des Klosters: Pater Albert Knebel ist Konventualprior und leitet das Kloster.
Im Empfangsraum des Klosters: Pater Albert Knebel ist Konventualprior und leitet das Kloster. © hag
In der Mitte des Fotos die visuelle Darstellung der Alten Klosterbibliothek, links und rechts in den Vitrinen sind ausgewählte Exponate zu sehen.
In der Mitte des Fotos die visuelle Darstellung der Alten Klosterbibliothek, links und rechts in den Vitrinen sind ausgewählte Exponate zu sehen. © hag
Interessanter Einblick in die Klosterkultur. Das Armarium ist ein naturwissenschaftliches Kabinett der Benediktiner-Schule in Neresheim.
Interessanter Einblick in die Klosterkultur. Das Armarium ist ein naturwissenschaftliches Kabinett der Benediktiner-Schule in Neresheim. © hag
Der "Michaelisaal", das einstige Tafelzimmer der Reichsabtei, ist heute Teil des Klostermuseums.
Der "Michaelisaal", das einstige Tafelzimmer der Reichsabtei, ist heute Teil des Klostermuseums. © hag
Ein Fresko im Klostermuseum
Ein Fresko im Klostermuseum © hag
Die Ausstellung zeigt die wissenschaftlichen Inhalten, mit denen sich die Mönche beschäftigt haben.
Die Ausstellung zeigt die wissenschaftlichen Inhalten, mit denen sich die Mönche beschäftigt haben. © hag
Eine Besonderheit des Klostermuseums ist die "Gefiederte Bibliothek", in der die abgebildeten Vögel mit echten Federn versehen sind.
Eine Besonderheit des Klostermuseums ist die "Gefiederte Bibliothek", in der die abgebildeten Vögel mit echten Federn versehen sind. © hag
Ein Ausschnitt der "Gefiederten Bibliothek".
Ein Ausschnitt der "Gefiederten Bibliothek". © hag
Die Federn der Vögel sind echt.
Die Federn der Vögel sind echt. © hag
Historische Bilder von Veranstaltungen in der Abteikirche
Historische Bilder von Veranstaltungen in der Abteikirche © hag
Ein Modell der Klosteranlage
Ein Modell der Klosteranlage © hag
Ein Modell der Dachkonstruktion aus Holz
Ein Modell der Dachkonstruktion aus Holz © hag
Beim Rundgang: Bilder historisch bedeutender Persönlichkeiten
Beim Rundgang: Bilder historisch bedeutender Persönlichkeiten © hag
Dieser Flur führt zu den Zimmern im Konventgebäude, in denen die Benediktiner einzelne Herren unterbringen, die in Klausur aufgenommen werden möchten, um Ruhe zu finden und an Gottesdiensten, Gebeten und Mahlzeiten mit den Möchen teilzunehmen. Dieser Bereich ist sonst nicht zugänglich.
Dieser Flur führt zu den Zimmern im Konventgebäude, in denen die Benediktiner einzelne Herren unterbringen, die in Klausur aufgenommen werden möchten, um Ruhe zu finden und an Gottesdiensten, Gebeten und Mahlzeiten mit den Möchen teilzunehmen. Dieser Bereich ist sonst nicht zugänglich. © hag
Ein Holzmodell der Klosteranlage
Ein Holzmodell der Klosteranlage © hag
Bis zur Säkularisation lebten die Äbte separat von der Klausur. Ihr Schlafzimmer, ein Vorzimmer und ein Büro sind bei der Führung zu besichtigen. Bis 1976 wurde der Raum als Bibliothek genutzt.
Bis zur Säkularisation lebten die Äbte separat von der Klausur. Ihr Schlafzimmer, ein Vorzimmer und ein Büro sind bei der Führung zu besichtigen. Bis 1976 wurde der Raum als Bibliothek genutzt. © hag
Blick in einen der Flure des Klosters
Blick in einen der Flure des Klosters © hag
Der Kirchturm
Der Kirchturm © hag
Das Innere der Abteikirche kennzeichnen die leuchtenden Fresken von Martin Knoller. Dort feiern die Mönche täglich die Eucharistie und fünfmal das Stundengebet.
Das Innere der Abteikirche kennzeichnen die leuchtenden Fresken von Martin Knoller. Dort feiern die Mönche täglich die Eucharistie und fünfmal das Stundengebet. © hag
Nach der Pandemie habe sich die sechs Mönche entschlossen, den Gottesdienstbesuchern näher zu sein. "Das testen wir gerade", sagt der Klosterobere Pater Albert Knebel zu den neu aufgestellten Bänken.
Nach der Pandemie habe sich die sechs Mönche entschlossen, den Gottesdienstbesuchern näher zu sein. "Das testen wir gerade", sagt der Klosterobere Pater Albert Knebel zu den neu aufgestellten Bänken. © hag
Das Konventgebäude, in dem die Mönche leben
Das Konventgebäude, in dem die Mönche leben © hag

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