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Kliniken: Die Ostalb wird wohl kein Pilotprojekt

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Von: Jürgen Steck

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Wie geht es weiter mit den bislang drei Kliniken im Ostalbkreis? Diese Frage beschäftigt viele im Landkreis derzeit.
Wie geht es weiter mit den bislang drei Kliniken im Ostalbkreis? Diese Frage beschäftigt viele im Landkreis derzeit. © opo, tom, jku

Landrat Bläse sieht in den Vorschlägen der Lauterbach-Kommission eine "gute Diskussionsgrundlage" - aber auch deutlichen Nachbesserungsbedarf.

Aalen. Landrat Dr. Joachim Bläse, aber auch die baden-württembergischen Landkreise insgesamt positionieren sich zum Vorschlag der Regierungskommission „Krankenhaus“ zur Reform der deutschen Kliniklandschaft. Klar wurde mittlerweile zudem, dass es nichts wird mit dem Vorschlag von Landrat Bläse, dass die Neustrukturierung der Kliniklandschaft im Ostalbkreis Pilotmodell für die Regierungskommission von Bundsgesundheitsmisiter Karl Lauterbach wird. Das machte Bläse in einer Mitteilung am Mittwoch deutlich.

Eine Grundlage

Der Vorschlag der Regierungskommission, so Bläse weiter, sei eine gute Diskussionsgrundlage. Besonders die Krankenhausfinanzierung müsse nachhaltig verbessert werden.

Auf Basis des Vorschlags der Regierungskommission müssten nun „Anpassungen und Nachbesserungen“ für eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgenommen werden, damit auch die ländlichen Regionen berücksichtigt werden und die medizinischen Versorgung nachhaltig und hochwertig im Landkreis weiterentwickelt werden kann. „Dass wir etwas ändern müssen, um zukunftsfähig für die nächsten 50 Jahre im Kreis aufgestellt zu sein, ist klar. Dabei sind die Rahmenbedingungen, die Bund und Länder vorgeben und nun anpassen wollen, wichtig für unsere kommunalen Entscheidungen."

Nach Ulm oder Stuttgart fahren?

Die Vorgaben müssten aber auch auf Regionen wie den Ostalbkreis anwendbar sein und dürften "nicht zu einer Verschlechterung der Versorgung führen, etwa, dass man bei einer Krebserkrankung nur noch in Ulm oder Stuttgart behandelt werden kann, weil wir in der Region nicht die entsprechenden Mindestmengen erreichen können“, so Bläse.

Nicht vergebens

Wichtig sei zudem, dass sich die Länder mit dem Bund zeitnah einig werden, „damit wir auf Landkreisebene wichtige Entscheidungen darauf aufbauend treffen können“, so der Landrat. Und er räumte ein: Der Landkreis werde kein Pilotprojekt des Bundes oder Landes werden. Dennoch sieht Bläse seine Initiative für ei solches Pilotprojekt nicht als vergebens an: „Unser Ziel war gerade im Hinblick auf den Bund, dass die Folgen des Vorschlages sehr schnell konkret bewertet werden können, gerade auch im ländlichen Raum. Wir haben es geschafft, uns und andere ländliche Landkreise auf die Agenda zu bringen, damit die geplanten Änderungen auch zu unseren regionalen Strukturen passen“, erklärt Bläse. Im Rahmen des Reformprozesses sei vorgesehen, bis zu den Sommerferien Eckpunkte des Gesetzes zu definieren. Die Umsetzung des Bundesgesetzes ist für den 1. Januar 2024 geplant. Gleichzeitig muss der Landeskrankenhausplan Baden-Württembergs auf Basis des Bundesgesetzes angepasst werden. Das Land plant seine Landeskrankenhausplanung auf der Basis der Eckpunkte des Bundes zu entwickeln.

Was das für die Pläne im Ostalbkreis bedeutet, dazu äußerte sich Bläse nicht.

Die Vorschläge des Landkreistags

Der Landkreistag hat aktuell ein Positionspapier für eine „gelingende Krankenhausreform“ herausgegeben, „ohne eine entsprechende grundlegende Korrektur der Reformvorschläge“ sei „klar zu befürchten, dass sich die Gesundheitsversorgung nicht nur nicht verbessert, sondern immer mehr auf eine abschüssige Bahn gerät“. Zehn Vorschläge haben die Landkreise formuliert. Darin geht es unter anderem darum, die Planungshoheit der Länder zu erhalten, die Finanzen zu stabilisieren, Fachkliniken zu erhalten - und „rasch Klarheit“ zu schaffen.

Die zehn Vorschläge des baden-württembergischen Landkreistages im Wortlaut:

Zuallererst Krankenhausfinanzen stabilisieren

Bevor überhaupt Reformschritte angegangen werden können, bedarf es einer schnellen, vorgezogenen Unterstützung zur Stabilisierung der Krankenhausfinanzen – auch um eine Insolvenzwelle zu vermeiden. Es braucht erstens einen Inflationsausgleich, der sich auf alle Kostensteigerungen erstreckt. Zweitens muss das strukturelle Finanzierungsdefizit abgedeckt werden, das sich aus den seit Corona stark gesunkenen Fallzahlen der Krankenhäuser ergibt. Überdies müssen drittens Tarifsteigerungen bei allen im Krankenhaus beschäftigten Personengruppen in vollem Umfang finanziert werden. Schließlich, aber nicht zuletzt, muss viertens die systematische Benachteiligung der baden-württembergischen Kliniken endlich beendet und daher gesetzlich geregelt werden, dass die überdurchschnittlich hohen Personal- und Sachkosten im Land bei der Vereinbarung über den Krankenhausgrundpreis zwingend zu berücksichtigen sind.

Strukturfonds einrichten

Für den notwendigen Anpassungsprozess muss nach dem Vorbild des Krankenhausstrukturfonds ein vom Bund gespeister Fonds eingerichtet werden, derdurch ausreichende Landesmittel kofinanziert wird. Haushaltsrechtlich bietet es sich an, ein Sondervermögen Krankenhaus einzurichten, das den Krankenhausreformprozess längerfristig absichert.

Planungshoheit der Länder erhalten

Die stationäre Gesundheitsversorgung muss von den Bedürfnissen der Menschen aus geplant werden. Dies kann nur sichergestellt werden, wenn auch in Zukunft die Zuständigkeit für die Krankenhausstrukturplanung bei den Ländern liegt, die diese in ihren Krankenhausplänen mit ausreichenden Fördermitteln hinterlegt vorantreiben.

Notfallstufen als Blaupause nutzen

Statt der von der Regierungskommission angedachten Level greift man bei der notwendig stärker abgestuften Versorgung auf die bestehenden Stufenmodelle der Notfallversorgung zurück, ohne diese freilich mit bestimmten Leistungsgruppen zu verknüpfen. Die Zuordnung von Leistungsgruppen zu den Krankenhäusern obliegt im Rahmen der Krankenhausplanung den Ländern. Die erfolgreich bestehenden regionalen Versorgungsverbünde können dadurch bestehen bleiben.

An den Nachwuchs denken

Kleinere Krankenhäuser in der Fläche mit ihren zur Weiterbildung ermächtigten Ärztinnen und Ärzten sorgen für den ärztlichen Nachwuchs in der ambulanten Versorgung. Aus diesen Häusern heraus wagt man den Schritt in die Niederlassung. Dafür benötigen die Krankenhäuser jedoch eine ausreichende Anzahl an Fachabteilungen, damit die angehenden Fachärzte die vorgegebenen Ausbildungsabschnitte absolvieren können. Aber auch bei der flächendeckenden Sicherstellung der generalistischen Pflegeausbildung stellen Krankenhäuser in der Fläche wichtige Stützen und Ausbildungsorte dar. Diese Aspekte der Nachwuchssicherung finden bei den bisherigen Überlegungen keine Berücksichtigung, sind aber für die zukünftige flächendeckende pflegerische und medizinische Versorgung essentiell.

Ehrlich kommunizieren

Es wird offen kommuniziert, dass die unter dem Begriff „Level Ii“ eingeführten Einrichtungen an der Schnittstelle zwischen ambulantem und stationärem Sektor keine Krankenhäuser im eigentlichen Sinne mehr darstellen. Sie können aber die Gesundheitslandschaft im Sinne einer stärker sektorenübergreifenden Versorgung bereichern, wenn ihre Trägerschaft eindeutig geklärt ist und sie in das Regelfinanzierungssystem implementiert sind, sodass sie dauerhaft ohne kommunale Subventionierung auskommen. Kommunen sollte in Fällen einer drohenden Unterversorgung die Möglichkeit eröffnet werden, entsprechende Einrichtungen zu betreiben und mögliche finanzielle Fehlbeträge zu Lasten der an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung entrichteten Gesamtvergütung zu buchen.

Klinisch-ambulante Versorgung erleichtern

Um die stationären Kapazitäten zu entlasten, müssen klinisch-ambulante Leistungen angereizt werden. Dazu sollte ein Bündel komplexerer Leistungen identifiziert werden, das allein der klinisch-ambulanten Behandlung am Krankenhaus vorbehalten ist, sodass eine ungute Wettbewerbssituation etwa zu niedergelassenen Fachärzten erst gar nicht entstehen kann. 

Vertrauensschutz gewährleisten

Gerade die kommunalen Krankenhäuser in BadenWürttemberg haben in den letzten Jahren umfangreiche Investitionen in Um- und Neubauten getätigt. Dies geschah im Interesse der Patientinnen und Patienten sowie im Vertrauen darauf, dass diese Aufwendungen sich über die Jahre rentieren und nicht von heute auf morgen entwertet werden. Es bedarf daher zwingend tragfähiger Übergangsregelungen, die einen hinreichenden Vertrauensschutz für auf Grundlage der Landeskrankenhausplanung in den letzten Jahren getätigte Investitionen gewährleisten.

Fachkliniken eigenständig erhalten

Die bestehenden Fachkliniken müssen grundsätzlich weiterhin eigenständig agieren können und es darf in diesem Bereich nicht zur Zwangsintegration in Standorte der allgemeinen Versorgung kommen.

Rasch Klarheit schaffen

Die Ankündigung einer Krankenhaus-„Revolution“ hat zu größter Verunsicherung geführt. In der Folge werden von langer Hand geplante Prozessanpassungen, Strukturveränderungen und Investitionen gestoppt, weil unklar ist, ob diese noch zielführend sind. Um hier nicht in den kommenden Monaten in eine Phase des kompletten Stillstands zu geraten, müssen Zwischenergebnisse – insbesondere auch dazu, welche besonders weitreichenden Empfehlungen der Regierungskommission nun doch nicht umgesetzt werden sollen – frühzeitig und transparent kommuniziert werden. Die Fortentwicklung der Krankenhäuser darf durch die Reformdiskussion nicht unnötig verzögert werden.

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