Kliniken: Experten über Konkurrenz und Kirchturmdenken

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Experten und Interessenvertreter treffen sich im Landratsamt zur Vorbereitung der Bürgerbeteiligung für die Zukunftskonzeption Gesundheitsversorgung im Ostalbkreis.
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Experten und Interessenvertreter geben Impulse für die Bürgerbeteiligung zum "Zukunftskonzept Gesundheitsversorgung" im Ostalbkreis - und kritisieren auch den bisherigen Weg .

Aalen. Dialogische Bürgerbeteiligung, so heißt das Zauberwort für ein Format, mit dem das gewährleistet werden soll, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Dass Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden bei wichtigen Entscheidungen. Und eine der wichtigsten Entscheidungen im Ostalbkreis ist derzeit wahrscheinlich die, wie es weiter geht mit den Kliniken. Helfen soll dabei ein Verfahren, mit dem sich zufällig aus dem Landkreis ausgewählte Bürgerinnen und Bürger am Zukunftskonzept Gesundheitsversorgung beteiligen können. Dabei werden mindestens 2500 Menschen des Ostalbkreises per Zufall angeschrieben. Diese werden eingeladen, sich aktiv in den Prozess einzubringen. Aus den Rückläufen werden circa 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgelost, die an Sitzungen des Klinik-Bürgerforums teilnehmen können. In wahrscheinlich drei Sitzungen diskutieren diese anhand von Detailfragen das übergeordnete Thema „Wie sieht für Sie eine gelungene Gesundheitsversorgung in der Region aus?“

Die Klinik-Experten

Wie die dialogische Bürgerbeteiligung für die Klinikreform im Ostalbkreis aufs Gleis gesetzt werden kann, dazu waren in der vergangenen Woche Vertreterinnen und Vertreter aus ganz unterschiedlichen Bereichen in Landratsamt gebeten worden – die eines eint: Sie sind Experten im Gesundheitssystem oder vertreten Interessen. Deren Aufgabe war, den Organisatoren der dialogischen Bürgerbeteiligung Impulse zu geben, worauf der Blick gerichtet werden muss, wenn sich per Los ausgelöste Bürgerinnen und Bürger mit den Zukunftsfragen der Kliniken beschäftigen sollen. Darüber wurde bereits berichtet. Und auch darüber, wie es dann weiter geht mit der Bürgerbeteiligung.

Mehr Infos zu Kliniken verlangt

Die Experten nutzten das Forum aber auch, um zu beschreiben, was sie bewegt und was sie vom Prozess erhoffen. Da war etwa Günter Höschle vom Kreisseniorenrat, der grundsätzlich Informationen vermisst. „Warum muss das alles überhaupt verändert werden?“, fragt er sich und verlangt, dass von offizieller Seite mehr Inhalte vermittelt werden sollten.

Irene Duijim vom Stadtseniorenrat in Schwäbisch Gmünd hingegen sieht in der Diskussion noch immer „das große Konkurrenzdenken im Ostalbkreis“, insbesondere zwischen den beiden großen Städten Aalen und Schwäbisch Gmünd.

Kritik am Verfahren

Jo Frühwirth vom Bündnis Klinikerhalt Schwäbisch Gmünd wünscht sich eine stärkere Rolle der Interessenvertreter im gesamten Prozess und zeigte sich überrascht darüber, dass die Bürgerbeteiligung nun in die Hände der Zufallsbürger delegiert werde und das Gremium, das jetzt zusammengekommen ist - die Expertenrunde - keine weitere Rolle mehr spielen soll. Zudem kritisierte er, dass seiner Ansicht nach die Bürgerbeteiligung schon „sehr auf ein Großklinikum ausgerichtet ist“. Die Diskussion aber wünscht er sich „ergebnisoffen – sonst macht das keinen Sinn“. Ihm fehlen zudem die Informationen darüber, was am aktuellen System marode sei. „Warum brauchen wir einen Milliardenbau?“, zu dieser Frage vermisst er die Analyse.

Bürgerbeteiligung ein Feigenblatt?

Dr. Erhard Bode von der Schwäbisch Gmünder Kreisärzteschaft hingegen meint, man hätte schon vor fünf Jahren in die Diskussion einsteigen müssen – und dass die Bürgerbeteiligung in der geplanten Form „ein Feigenblatt“ sei. In ähnlicher Weise äußerte sich auch Sabine Windmüller vom Geburtshaus Margaritenheim in Schwäbisch Gmünd: „Ich habe die Bedenken, dass schon alles entschieden ist.“

Kirchturmdenken der Chefärzte

Wolfgang Schlipf von der Kreisärzteschaft Aalen Ellwangen äußerte die Sorge angesichts der Pläne im Bundesgesundheitsministerium: Es könne sein, dass jetzt im Ostalbkreis etwas entschieden werde, das dann von der Entwicklung überholt wird, gab er zu Bedenken. Schlipf kritisierte auch, dass ein früherer Beschluss des Kreistages nicht umgesetzt worden sei – nämlich jener, dass sich alle drei Klinken im Ostalbkreis jeweils auf besondere Fachgebiete spezialisieren sollten – um so Synergie- und Einspareffekte erzielen zu können. „Warum hat das nicht geklappt, mal abgesehen vom Kirchturmdenken mancher Chefärzte?“, auch diese Frage sei nicht gut genug erklärt worden, sagte Schlipf.  

Probleme am Ostalbklinikum

Die schwierige bauliche Situation im Aalener Ostalb-Klinikum sprachen Personalrat Markus Wieland und Dr. Caroline Grupp, Chefärztin am Ostalb-Klinikum, an. Die Bettenstationen dort seien noch aus den 60er-Jahren, die Wegeführungen schlecht, die Aufzüge hätten zu schmale Türen und die Zimmer seien zu klein. Dies gelte es zu bedenken - auch im Hinblick darauf, wie am Ostalb-Klinikum in der nächsten Zeit gearbeitet werden kann - bis es eine neue oder eine sanierte Klinik gibt. 

Info: Die Bürgerinnen und Bürger können und sollen den Weg begleiten, wenn im Ostalbkreis darüber entschieden wird, wie es weitergehen soll mit den Kliniken. Dazu soll zumindest im Ostalbkreis erstmalig ein Verfahren eingesetzt werden, die dialogische Bürgerbeteiligung mit nach Zufallsprinzip ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern. Begleitet wird der Prozess von der „Servicestelle dialogische Bürgerbeteiligung“, die zum Land gehört.

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