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Wie sich's über dem eigenen Café lebt

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Von: Dagmar Oltersdorf

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Das Reichsstädter Café an der Stadtkirche in der Aalener Innenstadt. Direkt darüber leben die Inhaber Björn Ulrich und Markus Schäffler mit den Hunden Pünktchen und Anton.
Das Reichsstädter Café an der Stadtkirche in der Aalener Innenstadt. Direkt darüber leben die Inhaber Björn Ulrich und Markus Schäffler mit den Hunden Pünktchen und Anton. Fotos: Oliver Giers © Oliver Giers

Björn Ulrich und Markus Schäffler sind die Inhaber des Reichsstädter Cafés und leben direkt darüber im zweiten Stock. Welche Vorteile und welche Nachteile das hat.

Aalen

Ein bisschen wie in Süditalien. Wenn man sich auf den Weg zu Björn Ulrich und Markus Schäffler durchs Treppenhaus in den zweiten Stock macht, dann kann es schon passieren, dass aus dem offenen Fenster im Nebenhaus eine Puccini-Arie tönt. Wer in der Stadt lebt, muss das mögen. Die beiden lieben es. Und ihre tierischen Mitbewohner Pünktchen und Anton machen ebenfalls einen zufriedenen Eindruck. Freundlich schwanzwedelnd begrüßen sie jeden Besucher und jede Besucherin.

Seit 2003 leben und arbeiten Björn Ulrich und Markus Schäffler mitten in der Aalener Innenstadt. „Ich bin lange an dem Haus hier vorbeigelaufen und habe mir immer gedacht, man sollte hier mal ein schönes Café reinmachen“, erinnert sich Björn Ulrich. Als das Haus zum Verkauf steht, schlägt das Paar zu und verwirklicht seinen Traum vom „Reichsstädter Café“. Zwei Jahre lang renovieren die beiden auch die Stockwerke über dem Café - und ziehen zwischendurch mal vom ersten Stock in den zweiten Stock und wieder zurück, bis alles fertig ist.

Das Telefon bleibt auch mal aus

Altbau, hohe Räume und Stuck - wer das mag und nicht hat, wird schon ein wenig neidisch, wenn er die Wohnräume der beiden im zweiten Stock betritt. Die Wände nicht weiß, sondern mal in Bordeaux, mal in Mint, die Küche mit rundem Holztisch im Vintagestil und einem Aquarium in der Wand, das Wohnzimmer mit großer Lederlandschaft, Kaminofen und Parkettboden mit Patina, Madonnensammlung trifft modernes Design und obendrauf gibt es den direkten Blick auf die Kneipenmeile. Keine Spur von einem engen Schlauch, den man hinter dem Grundriss des Hauses durchaus vermuten könnte. „Ich mag es, aus der Tür zu kommen und mitten in der Fußgängerzone zu sein“, sagt Björn Ulrich. Man brauche eigentlich kein Auto - wenn man nicht gerade ein Café habe und dafür einkaufen müsste. Ansonsten reiche ein Einkaufstrolley. „Und wenn du einen trinken gehst, dann fällst du abends einfach ins Bett und gut ist“, fügt er an und grinst. „In der Innenstadt zu leben kann ich nur jedem empfehlen.“

Essen, schlafen, feiern, leben - direkt am oder über dem Arbeitsplatz. Das habe natürlich auch seine Tücken. „Der Vorteil ist: wir haben sehr nah ins Geschäft. Der Nachteil ist: wir haben sehr nach ins Geschäft“, fasst Björn Ulrich diese zusammen. Morgens Kaffee trinken mit Stammgästen gehört seit langem dazu und trifft man sich mit Freunden, ist das eigene Café eine tolle Sache. Andererseits sei es manchmal schwierig, sein Privatleben abzugrenzen. Wenn man als Chef eines Cafés außerhalb wohne, dann überlege das Personal eher, ein auftretendes Problem selbst zu lösen. „Bei uns wird erwartet, dass wir 24 Stunden bereitstehen. Das ist manchmal schon anstrengend.“ Da helfe nur Telefon ausschalten und sagen, was Sache ist. Es gebe für das Personal die Anweisung, eben nur anzurufen, wenn es wirklich wichtig sei, sagt Ulrich. „Das funktioniert mal besser und mal schlechter.“

Dabei haben die beiden schon vor einigen Jahren noch ein paar Meter Luftlinie zwischen Café und Wohnraum draufgelegt. „Da kam das neue Nichtrauchergesetz. Wir haben dann beschlossen, die Konditorei zu vergrößern, haben das Treppenhaus geöffnet und sind nach oben gezogen, Björn hat das alles geplant“, sagt Markus Schäffler. Das ehemalige Wohnzimmer wurde zur stilvollen Raucherlounge und mit der Backstube wurde im ersten Stock in einem größeren Raum eingerichtet. „Und wir sind dann nach oben in den zweiten Stock gezogen“, so Schäffler.

In dieser Backstube, nur ein paar Schritte und Treppen von der Wohnung, backt Schäffler seine Torten, Kuchen und aktuell Zimtsterne und Co. „Ich kann morgens in den Mittag hinein backen. Das genieße ich schon. Ich muss nicht um 4 aufstehen. Der Kuchen wird morgens gemacht, kommt aber erst mittags ins Café. Es ist also immer alles ganz frisch“, sagt Schäffler. Das sei natürlich Luxus.

Blick über die Stadt vom Dach

Einen Garten, den haben die beiden mitten in der Stadt nicht. Vermissen ihn aber auch nicht. „Es geht ja mindestens zweimal am Tag raus in die Natur mit den Hunden“, sagt Björn Ulrich. Zudem gibt es eine Dachterrasse, die die ganze Grundfläche des Hauses umfasst. Die Stiege ist steil, aber lohnt jede Wackelei, denn ist man oben, tritt das turbulente Leben des Kneipenviertels in den Hintergrund. Statt auf die Menschen gibt es hier den Blick über die Dächer der Stadt. Ein Rückzugsort für die beiden Inhaber des Reichsstädter Cafés. „Es ist erstaunlich, wie ruhig es auf dem Dach ist im Angesicht dessen, was unten los ist. Es wirkt dann auch ganz anders, wenn man das von oben sieht“, sagt Björn Ulrich.

Herr über die Pflanzen aber ist Markus Schäffler. „Das ist langsam gewachsen. Ich habe auf dem Markt in Nördlingen englische Rosen entdeckt, dann hat sich der Bauerngarten entwickelt“, sagt er. Gerade allerdings ist dort alles verblüht. Aber in ein paar Monaten, da ist dann alles wieder fast wie in Süditalien.

Das Reichsstädter Café an der Stadtkirche in der Aalener Innenstadt. Direkt darüber leben die Inhaber Björn Ulrich und Markus Schäffler mit den Hunden Pünktchen und Anton.
Das Reichsstädter Café an der Stadtkirche in der Aalener Innenstadt. Direkt darüber leben die Inhaber Björn Ulrich und Markus Schäffler mit den Hunden Pünktchen und Anton. Fotos: Oliver Giers © Oliver Giers
Blick vom Arbeitszimmer ins Schlafzimmer.
Blick vom Arbeitszimmer ins Schlafzimmer. © Oliver Giers
Ganz oben auf der Dachterrasse des Reichsstädter Cafés: die Stadtkirche hat man von hier ganz direkt im Blick.
Ganz oben auf der Dachterrasse des Reichsstädter Cafés: die Stadtkirche hat man von hier ganz direkt im Blick. © Oliver Giers

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