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Rettungsdienst: Bei den Kliniken im Kreis muss sich was ändern

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Von: Julia Müller

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Wo die Kliniken im Ostalbkreis sind, wirkt sich unmittelbar auf den Rettungsdienst aus.
Wo die Kliniken im Ostalbkreis sind, wirkt sich unmittelbar auf den Rettungsdienst aus. © Tom

Was Vertreter von Deutschem Roten Kreuz und Malteser zur Debatte über die künftigen Klinikstandorte im Kreis sagen.

Schwäbisch Gmünd/Aalen

Wie sieht die Zukunft der Kliniken im Ostalbkreis aus? Wird es ein Zentralklinikum in der Nähe von Essingen und einen sogenannten Gesundheitscampus jeweils in Mutlangen und in Ellwangen geben, wie Landrat Dr. Joachim Bläse es vorschlägt? Wäre dieser Campus dann mit oder ohne Notaufnahme? Oder soll es doch mehrere starke Kliniken im Ostalbkreis geben? Am Ende wird der Kreistag die Entscheidung darüber treffen, die sich unmittelbar auf den Rettungsdienst auswirkt, der die Patienten in die Kliniken bringt.

Der Rettungsdienstplan Baden-Württemberg 2022 gibt vor, dass die Hilfsfrist ab dem Notruf bis zur Einlieferung ins Krankenhaus bei den „Tracerdiagnosen“ nicht mehr als 60 Minuten betragen sollte. Dazu zählen etwa ein Herzinfarkt, ein Herzkreislauf-Stillstand oder ein Schlaganfall.

Die Sicht des DRK:

„Wir werden uns sehr schwertun, diese Zeiten einzuhalten“, wenn es ein Zentralklinikum in Aalen oder selbst in Essingen geben sollte und keine Notaufnahme mit Klinikstruktur samt OP, CT, Röntgen, Labor und Intensivstation im Gmünder Raum, sagt Rettungsdienstleiter Tobias Gerhardts vom Gmünder Deutschen Roten Kreuz (DRK) und rechnet vor: Angenommen, in Straßdorf hat jemand einen Herzinfarkt, der Rettungsdienst ist in zwölf Minuten vor Ort und die Sanitäter brauchen 20 Minuten für die Erstversorgung – dann blieben 28 Minuten für den Weg zur Klinik. Bei guter Verkehrslage wäre der Rettungswagen laut Routenplaner rund 40 Minuten bis zum Ostalbklinikum unterwegs, eine halbe Stunde bis nach Essingen. Daher sagt Tobias Gerhardts aus Gmünder Sicht, wenn es ein Zentralklinikum geben sollte, „mir ist jeder Standort lieber, der weiter Richtung Gmünd rückt“. Doch er weiß auch, „die nordöstlichen Gemeinden im Kreis wollen natürlich, dass die Klinik näher bei ihnen bleibt“.

Muss der Gmünder Rettungsdienst künftig nach Essingen oder Aalen statt nach Mutlangen fahren und ist somit länger auf der Strecke als bisher, bedeute dies: „Wir werden mehr Fahrzeuge und mehr Personal brauchen“, sagt der Rettungsdienstleiter. Und beim Rettungsdienst herrsche Fachkräftemangel. Doch „wir haben ja noch Zeit“, meint er. Bis ein Zentralklinikum eingerichtet wäre, vergingen rund zehn Jahre.

Tobias Gerhardts geht allerdings davon aus, dass der Rettungsdienst unabhängig von den Klinikstandorten schon früher besser aufgestellt werden muss als bisher. Denn das Land will die vorgegebene Zeit verkürzen, innerhalb derer der Rettungsdienst bei einem Notfall vor Ort sein muss. Bisher sollten die Helfer in 95 Prozent der Notfalleinsätze innerhalb von 15 Minuten beim Patienten sein, künftig sind zwölf Minuten vorgesehen. Das sei nur mit mehr Personal und wohl auch zusätzlichen Rettungswachen zu schaffen.

Hinsichtlich der Kliniken gibt er zu bedenken, dass dort auch Fachkräftemangel herrsche. Finanziell wären die Mehrkosten im Rettungsdienst wahrscheinlich „ein Klacks“ im Vergleich zu den Millionen, die eine Klinik verschlinge. Denn das sei die andere Seite: „Ich sehe auch die Not, dass der Landkreis etwas ändern muss“, meint er hinsichtlich der finanziellen Defizite der Kliniken jedes Jahr.

Die Sicht der Malteser:

„Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt auch Heiko Born, Geschäftsführer der Malteser von Nord- und Ostwürttemberg, zur Klinikdebatte. „Wir wären sehr froh, wenn wir drei Standorte behalten könnten“, erklärt er. Sind die Betten im einen Klinikum belegt, können die Patienten flexibler an die anderen Standorte verlegt werden. Doch Bedingung dafür sei, dass es dort auch das nötige Angebot gibt. „Sie können ja nicht jeden Patienten überall abgeben“, erklärt er und verweist auf den Fachkräftemangel in den Kliniken: „Die beste Klinik nützt Ihnen nichts, wenn Sie keine Ärzte bekommen.“ Und „qualifiziertes Fachpersonal fällt nicht vom Himmel“. Daher verstehe er, dass der Landrat ein Zentralklinikum vorschlage.

Das Für und Wider sieht auch Alexander Gänßler, stellvertretender Rettungsdienstleiter der Malteser im Ostalbkreis: „Kurze Wege sind immer gut: für die Patienten und für uns, weil dann die Autos schnell wieder frei werden“, spricht er sich einerseits für mehr Kliniken aus. Doch er wisse auch, dass eine Zukunft mit drei Standorten im Ostalbkreis nicht realistisch sei. Am Ende lasse sich wohl nur ein Klinikum im Ostalbkreis halten, geografisch gesehen am besten in der Mitte. Denn „wir haben jetzt schon immer öfter das Problem, dass Klinikbetten gesperrt sind, weil das Personal dafür fehlt“. In den allermeisten Fällen nehme das Klinikpersonal dem Rettungsdienst den Patienten „zähneknirschend“ dennoch ab. Doch nach einer ersten Versorgung werde dieser oft in eine andere Klinik verlegt. Und auch diese Verlegungen binden Personal und Fahrzeuge im Rettungsdienst.

Dass die Notaufnahmen in den Kliniken sowie die Notfallpraxen voll seien, hänge auch mit dem Mangel an niedergelassenen Ärzten zusammen. Jemand der keinen Hausarzt habe oder bei diesem keinen Termin bekomme, gehe eben in die Klinik, obwohl die Diagnose weniger schwerwiegend sei. „Auch bei uns steigen die Bagatelleinsätze“, berichtet Alexander Gänßler, der mit seinem Team tatsächlich schon zu eingerissenen Fußnägeln gerufen worden ist. Doch wenn der Patient darauf bestehe, müsse der Rettungsdienst ihn laut Gesetz ins Krankenhaus bringen, wo er behandelt werden muss, wenngleich nach vielen Stunden Wartezeit.

Angesichts dessen, dass die Patienten mehr und die Mitarbeiter in den Kliniken weniger werden, müsse sich am System was ändern, betont er: „Die Politik muss entscheiden, und zwar zeitnah – es ist höchste Eisenbahn.“

Die Entscheidung über das künftige Modell für die Kliniken könnte der Kreistag im Juli treffen. Im Vorfeld des Beschlusses gibt es Ende März Bürgerdialoge. In Schwäbisch Gmünd am Montag, 27. März, ab 18.30 Uhr im Congress-Centrum Stadtgarten.

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Wo die Kliniken im Ostalbkreis sind, wirkt sich unmittelbar auf den Rettungsdienst aus.
Wo die Kliniken im Ostalbkreis sind, wirkt sich unmittelbar auf den Rettungsdienst aus. © Tom
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Wo die Kliniken im Ostalbkreis sind, wirkt sich unmittelbar auf den Rettungsdienst aus. © Tom

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