DFB-Pressekonferenz am Dienstag

DFB-Präsident Neuendorf gesteht „One Love“-Fehler ein: „Hätte im Nachhinein anders gehandelt“

  • schließen

Bernd Neuendorf ging in der umfangreichen Presserunde des DFB am Dienstag auf den Rückzug des Verbandes in der „One Love“-Debatte ein und gestand Fehler ein.

Frankfurt am Main - Neben der sportlich enttäuschenden Leistungen der deutschen Nationalelf bei der WM in Katar bestimmte besonders die Debatte um die „One Love“-Kapitänsbinde die Schlagzeilen. Zwölf Tage nach dem Ausscheiden des DFB-Teams gab Verbandspräsident Bernd Neuendorf eine ausführliche Pressekonferenz, in der er nicht nur die neue Task Force des DFB vorstellte. Zur Fehleranalyse gehörte auch die selbstkritische Betrachtung der eigenen Handlungen in der „One Love“-Debatte.

Deutscher Fußball-Bund e. V.
Gründung: 28. Januar 1900 in Leipzig
Sitz: Frankfurt am Main
Präsident: Bernd Neuendorf
Fußballvereine: knapp 24.500

DFB-Präsident Neuendorf blickt auf „One Love“-Debatte zurück - „Hätten Draht zu Infantino suchen müssen“

Wie weitere europäische Nartionalverbände hatte auch der Deutsche Fußball-Bund angekündigt, während der WM in Katar mit der mehrfarbigen Kapitänsbinde aufzulaufen, um so ein Zeichen gegen Diskriminierung zu setzen. Noch während des Turniers untersagte der Weltverband FIFA die Aktion unter Androhung sportlicher Sanktionen. Die Initiatoren der „One Love“-Binde zogen sich dann zurück, Kritiker warfen ihnen daraufhin ein Einknicken vor der FIFA sowie fehlendes Rückgrat vor.

Neuendorf, den das Thema laut eigener Aussage auch über sein Präsidentenamt hinaus „persönlich sehr beschäftige“, gestand am Dienstagmittag während der Medienrunde deutlich Fehler ein. „Wir hätten als Präsidenten der Europäer den direkten Draht zu Gianni Infantino suchen müssen, fragen müssen, wie die Haltung der FIFA ist, und nach einer verbindlichen Aussage fragen müssen“, sagte der 61-Jährige.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf gestand in der Diskussion um die „One Love“-Binde Fehler ein.

Neuendorf: DFB erhielt keine konkrete Antwort der FIFA - „Wurden immer wieder vertröstet“

Dies sei sein „Lerneffekt, mein Erkenntnisgewinn“, so Neuendorf, der die Umstände noch einmal klärend darstellte. „Ich habe immer gesagt, wir wollen den sportlichen Erfolg nicht gefährden. Die FIFA hat am ersten Spieltag der Engländer gesagt, dass es zu unbegrenzten Sanktionen kommen kann. Wir hätten diese Entscheidung im Nachhinein genau so getroffen“, meinte der Funktionär.

Seit September habe man die FIFA regelmäßig angeschrieben und dabei angefragt, „ob wir die Binde tragen dürfen oder nicht“. Eine Antwort ging allerdings nie beim DFB ein, „wir wurden immer wieder vertröstet“, erzählt Neuendorf, der zum Schluss kommt: „Im Nachhinein hätte ich hier anders gehandelt“.

DFB: Neuendorf erklärt Entscheidung erneut - „Wollten nicht einzelne Spieler gefährden“

Neuendof äußerte auch eineinhalb Wochen nach dem WM-Aus der deutschen Mannschaft Zweifel an seinem eigenen Entschluss. „Man fragt sich, ist es die richtige Entscheidung gewesen“, meint der Dürener etwa. Weiterhin glaube er, „man muss sich verdeutlichen, dass wir vor allem auch einen sportlichen Auftrag hatten, und das war, ein erfolgreiches Turnier zu spielen“.

Außerdem habe man „immer gesagt, wir wollen einzelne Spieler und die Mannschaft nicht gefährden“. Als persönliche Strafe für Kapitän Manuel Neuer wäre mindestens eine Gelbe Karte in Betracht gezogen worden, sagte Neuendorf am Siedepunkt der Debatte gegenüber der Sportschau.

Das machen die DFB-Stars vom Sommermärchen 2006 heute

Timo Hildebrand, damals VfB Stuttgart: Der Ex-DFB-Keeper engagiert sich seit seinem Karrieende für soziale Themen und arbeitete zuletzt mit der Firma Gillette, um auf mentale Gesundheit bei Männern aufmerksam zu machen.
Timo Hildebrand, damals VfB Stuttgart: Der Ex-DFB-Keeper engagiert sich seit seinem Karrieende für soziale Themen und arbeitete zuletzt mit der Firma Gillette, um auf mentale Gesundheit bei Männern aufmerksam zu machen.  © imago sportfotodienst
Oliver Kahn, damals FC Bayern München: Der Titan bestritt bei der Heim-WM als Nummer zwei sein letztes Länderspiel und ist heute Vorstandsvorsitzender beim deutschen Rekordmeister.
Oliver Kahn, damals FC Bayern München: Der Titan bestritt bei der Heim-WM als Nummer zwei sein letztes Länderspiel und ist heute Vorstandsvorsitzender beim deutschen Rekordmeister. © imago sportfoto
Jens Lehmann, damals Arsenal FC: Die deutsche Nummer eins von 2006 arbeitete nach seinem Karriereende im Trainerteam von Arsène Wenger, als TV-Experte und war kurzzeitig im Aufsichtsrat von Hertha BSC.
Jens Lehmann, damals Arsenal FC: Die deutsche Nummer eins von 2006 arbeitete nach seinem Karriereende im Trainerteam von Arsène Wenger, als TV-Experte und war kurzzeitig im Aufsichtsrat von Hertha BSC. © Imago images
Arne Friedrich, damals Hertha BSC: Der Verteidiger absolvierte nach seiner Karriere einen Trainerlehrgang und war von 2019 bis 2021 als Performance Manager und Sportdirektor bei der Hertha aktiv.
Arne Friedrich, damals Hertha BSC: Der Verteidiger absolvierte nach seiner Karriere einen Trainerlehrgang und war von 2019 bis 2021 als Performance Manager und Sportdirektor bei der Hertha aktiv. © imago sportfotodienst
Robert Huth, damals Chelsea FC: „The Berlin Wall“ absolvierte nach seiner Karriere den Masterstudiengang „Sporting Directorship“ und machte einen Pilotenschein.
Robert Huth, damals Chelsea FC: „The Berlin Wall“ absolvierte nach seiner Karriere den Masterstudiengang „Sporting Directorship“ und machte einen Pilotenschein. © Imago images
Marcell Jansen, damals Borussia Mönchengladbach: Der Außenverteidiger beendet mit 29 Jahren seine Karriere und ist heute Präsident des Hamburger SV, während er als Amateurkicker weiter aktiv ist.
Marcell Jansen, damals Borussia Mönchengladbach: Der Außenverteidiger beendet mit 29 Jahren seine Karriere und ist heute Präsident des Hamburger SV, während er als Amateurkicker weiter aktiv ist. © imago sportfotodienst
Philipp Lahm, damals FC Bayern München: Der Weltmeister von 2014 ist Chef des Organisationskomitees für die EM 2024 in Deutschland und sportlicher Berater beim VfB Stuttgart.
Philipp Lahm, damals FC Bayern München: Der Weltmeister von 2014 ist Chef des Organisationskomitees für die EM 2024 in Deutschland und sportlicher Berater beim VfB Stuttgart. © Imago images
Per Mertesacker, damals Hannover 96: Der Innenverteidiger ist seit 2018 Leiter der Arsenal Academy und zudem als Experte beim ZDF im Einsatz.
Per Mertesacker, damals Hannover 96: Der Innenverteidiger ist seit 2018 Leiter der Arsenal Academy und zudem als Experte beim ZDF im Einsatz. © imago sportfotodienst
Jens Nowotny, damals Dinamo Zagreb: Der heute 48-Jährige ist Co-Trainer der deutschen U19-Nationalmannschaft.
Jens Nowotny, damals Dinamo Zagreb: Der heute 48-Jährige ist Co-Trainer der deutschen U18-Nationalmannschaft. © imago sportfoto
Michael Ballack, damals Chelsea FC: Der „Capitano“ war schon bei zahlreichen TV-Sendern als Experte aktiv. Seit 2022 gehört er dem DAZN-Team an.
Michael Ballack, damals Chelsea FC: Der „Capitano“ war schon bei zahlreichen TV-Sendern als Experte aktiv. Seit 2022 gehört er dem DAZN-Team an. © IMAGO/Mark Leech
Tim Borowski, damals Werder Bremen: Borowski ist Teil des Expertenteams von DAZN.
Tim Borowski, damals Werder Bremen: Borowski ist Teil des Expertenteams von DAZN. © Imago images
Torsten Frings, damals Werder Bremen: Der Mittelfeldabräumer startete nach seiner Karriere die Trainerlaufbahn und war zuletzt 2021 Cheftrainer beim SV Meppen in der 3. Liga.
Torsten Frings, damals Werder Bremen: Der Mittelfeldabräumer startete nach seiner Karriere die Trainerlaufbahn und war zuletzt 2021 Cheftrainer beim SV Meppen in der 3. Liga. © imago sportfotodienst
Thomas Hitzlsperger, damals VfB Stuttgart: „Hitz the Hammer“ arbeitete nach seiner Profilaufbahn als Experte und war bis 2021 Sportvorstand beim VfB Stuttgart.
Thomas Hitzlsperger, damals VfB Stuttgart: „Hitz the Hammer“ arbeitete nach seiner Profilaufbahn als Experte und war bis 2021 Sportvorstand beim VfB Stuttgart. © Imago images
Sebastian Kehl, damals Borussia Dortmund: Der langjährige BVB-Spieler ist seit dieser Saison Sportdirektor der Borussen.
Sebastian Kehl, damals Borussia Dortmund: Der langjährige BVB-Spieler ist seit dieser Saison Sportdirektor der Borussen. © imago sportfotodienst
Bernd Schneider, damals Bayer 04 Leverkusen: „Schnix“ ist heute Hauptberuflich als Spielerberater tätig.
Bernd Schneider, damals Bayer 04 Leverkusen: „Schnix“ ist heute hauptberuflich als Spielerberater tätig. © Imago images
Bastian Schweinsteiger, damals FC Bayern München: Der Rio-Weltmeister ist heute als ARD-Experte tätig und wird auch die DFB-Elf bei der WM in Katar begleiten.
Bastian Schweinsteiger, damals FC Bayern München: Der Rio-Weltmeister ist heute als ARD-Experte tätig und wird auch die DFB-Elf bei der WM in Katar begleiten. © imago sportfotodienst
Gerald Asamoah, damals Schalke 04: Seit 2019 ist Asamoah Teammanager der Lizenzspielermannschaft des FC Schalke 04.
Gerald Asamoah, damals Schalke 04: Seit 2019 ist Asamoah Teammanager der Lizenzspielermannschaft des FC Schalke 04. © Imago images
Mike Hanke, damals VfL Wolfsburg: Der Ex-Stürmer ist Investor und Gesellschafter von tivela.com – einem Fußball-Lifestyleportal für Profifußballspieler, Fans und Marken.
Mike Hanke, damals VfL Wolfsburg: Der Ex-Stürmer ist Investor und Gesellschafter von tivela.com – einem Fußball-Lifestyleportal für Profifußballspieler, Fans und Marken. © imago sportfotodienst
Miroslav Klose, damals Werder Bremen: Der WM-Rekordtorjäger schlug nach seiner Karriere die Trainerlaufbahn ein und ist aktuell Trainer des österreichischen Bundesligisten SCR Altach.
Miroslav Klose, damals Werder Bremen: Der WM-Rekordtorjäger schlug nach seiner Karriere die Trainerlaufbahn ein und ist aktuell Trainer des österreichischen Bundesligisten SCR Altach. © imago sportfotodienst
Oliver Neuville, damals Borussia Mönchengladbach: Der Stürmer ist als Co-Trainer bei seinem Ex-Klub tätig und kümmert sich dort hauptsächlich um die spanisch-, französisch- und italienischsprechenden Spieler.
Oliver Neuville, damals Borussia Mönchengladbach: Der Stürmer ist als Co-Trainer bei seinem Ex-Klub tätig und kümmert sich dort hauptsächlich um die spanisch-, französisch- und italienischsprechenden Spieler. © Imago images
David Odonkor, damals Borussia Dortmund: Der pfeilschnelle Außenstürmer tritt heute immer wieder in zahlreichen TV-Shows auf.
David Odonkor, damals Borussia Dortmund: Der pfeilschnelle Außenstürmer tritt heute immer wieder in zahlreichen TV-Shows auf. © imago sportfotodienst
Lukas Podolski, damals 1. FC Köln: Der Prinz ist der einzige WM-Teilnehmer von 2006, der heute noch als Profi aktiv ist. Podolski steht in seiner Heimat beim polnischen Erstligisten Górnik Zabrze unter Vertrag.
Lukas Podolski, damals 1. FC Köln: Der Prinz ist der einzige WM-Teilnehmer von 2006, der heute noch aktiv ist. Podolski steht in seiner Heimat beim polnischen Erstligisten Górnik Zabrze unter Vertrag. © imago sportfotodienst
Christoph Metzelder, damals Borussia Dortmund: Der Innenverteidiger war auch Teil des WM-Kaders machte zuletzt mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam.
Christoph Metzelder, damals Borussia Dortmund: Der Innenverteidiger war auch Teil des WM-Kaders machte zuletzt mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. © imago sportfotodienst

Neuendorf lobt trotz Rückzieher positive Einflüsse: „Das hätte so nicht stattgefunden“

Trotz des enttäuschenden Turniers und des Rückzugs bezüglich des Zeichens, das groteskerweise von Artikel 4 der FIFA-Statuten („Jegliche Diskriminierung u.a. aufgrund von Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung wird abgelehnt.“) gedeckt gewesen wäre, lobt Neuendorf die positiven Auswirkungen der europäischen Nationalverbände auf den Weltverband und letztlich auf Katar.

So verwies er etwa auf die FIFA-Ankündigung, ein permanentes Büro für die Angelegenheiten der Arbeitsmigranten in Doha mit einzurichten. Auch ein System für Entschädigungszahlungen an Opfer und Hinterbliebene der verstorbenen Arbeitsmigranten, führte er als positiven Aspekt an. „Das hätte so nicht stattgefunden, wenn wir nicht als europäische Verbände mit Nachdruck dafür geworben hätten, dass das passieren soll. Das darf man nicht vergessen bei all den Dingen, die wir um die Binde erlebt haben.“ (ajr)

Rubriklistenbild: © Ulmer/Beautiful Sports/imago

Zurück zur Übersicht: Fußball

Mehr zum Thema

Kommentare