In Katar lebende Deutsche schauen gemeinsam das WM-Spiel gegen Spanien. Für die Kritik an ihrer Wahlheimat aus Deutschland haben sie kein Verständnis.
Doha – Rund 1800 Deutsche leben in Katar. Ein Teil davon traf sich am Sonntag zu einem Stammtisch in Doha. Die Wahl-Kataris zitterten gemeinsam mit der deutschen Nationalmannschaft, die sich bei der WM 2022 ein 1:1 gegen Spanien erkämpfte. Gleichzeitig störten sich die deutschen Auswanderer an der Kritik aus Deutschland an ihrer Wahlheimat Katar.
WM 2022
Katar
20. November - 18. Dezember
Acht Stadien
64 Spiele
Deutscher Stammtisch trifft sich in Katar zum WM-Schauen
Der „German Speaking Stammtisch“ in der Hauptstadt Doha verfolgte am späten Sonntagabend (Zeitverschiebung in Katar) vor zwei Großleinwänden die deutsche Elf im Spiel gegen Spanien, während auf der Terrasse eines Luxushotels Alkohol ausgeschenkt wurde.
„Das ist ganz, ganz wichtig für die Community, dass man was hat, wo man sich austauschen und Freundschaften schließen kann“, sagt Eva Wallbruch, die seit 17 Jahren in Katar lebt und seit zehn Jahren den Stammtisch organisiert, der Deutschen Presse-Agentur. Das sei auch ein bisschen Heimat. Gepflegt mit deutscher Küche wie Kartoffelsalat oder Kartoffelbrei. Auch Weihnachten, Ostern oder das Oktoberfest werden nach deutscher Art gefeiert.
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Kritik an Katar „unfair“: Deutsche Auswanderer loben positive Veränderungen
Beim Thema Katar-Kritik wich die Freude jedoch schnell großem Unverständnis. Wallbruch und andere in Katar lebende Deutsche sehen die scharfe Kritik in der Heimat am WM-Gastgeber äußerst skeptisch. Katar wird unter anderem die Missachtung von Menschenrechten vorgeworfen. Die deutsche Mannschaft setzte mit einer Protest-Aktion europaweit ein Zeichen.
„Die Diskussionen sind größtenteils unfair und nicht differenziert“, sagt Henning Zimmermann, Vorsitzender des German Business Council Qatar. Es sei nicht alles Gold, was in Katar glänze. „Aber es hat sich viel verändert, was keiner sehen will.“ Als Beispiel nennt er das Kafala-System. Dieses bindet Ausländer an einen lokalen Sponsor und kann Ausbeutung Tür und Tor öffnen. „Was hier passiert ist, ist zehnmal mehr als in anderen Golfländern wie Saudi-Arabien oder den Emiraten“, sagt Zimmermann.
Wahl-Kataris beschweren sich über Kritik: „Kann Negativität in Deutschland nicht nachvollziehen“
Eva Wallbruch hätte sich gewünscht, dass die seit langem im Emirat lebenden Deutschen gefragt worden wären, um sich ein Bild über das Leben in dem Golfstaat zu machen. Was ihr in Katar am besten gefällt? „Die Offenheit, die Positivität und die unglaubliche Gastfreundschaft“, erzählt die 44-Jährige, die für ein katarisches Unternehmen arbeitet. „Die Negativität in Deutschland kann ich nicht nachvollziehen und nicht verstehen.“
Nach mehr als 90 Minuten Zittern mit der deutschen Elf beim packenden 1:1 war die gebürtige Berlinerin K.o. „Ich kann nicht mehr“, flüstert sie mit leicht heiserer Stimme. Für das entscheidende Spiel gegen Costa Rica im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale am kommenden Donnerstag organisiert sie keinen Stammtisch. Dann geht sie ins Stadion. (ck/dpa)
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