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SGM-Fußballer Andrii Shvachko über die Flucht: "Es war eine Tortur"

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Von: Alessandro Gleich

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Andrii Shvachko (rechts) lebt nach seiner Flucht aus der Ukraine in Fachsenfeld. Bei der SGM Fachsenfeld/Dewangen hat der Kicker eine zweite Familie gefunden. Außerdem auf dem Bild (v.l.): Anton Link (Übersetzer), Alessandro Gleich (Sportredaktion), Benjamin Schurr (Vereinsvorstand) und Sven Wolfmaier (Abteilungsleiter Fußball).
Andrii Shvachko (rechts) lebt nach seiner Flucht aus der Ukraine in Fachsenfeld. Bei der SGM Fachsenfeld/Dewangen hat der Kicker eine zweite Familie gefunden. Außerdem auf dem Bild (v.l.): Anton Link (Übersetzer), Alessandro Gleich (Sportredaktion), Benjamin Schurr (Vereinsvorstand) und Sven Wolfmaier (Abteilungsleiter Fußball). © HAG

Nach dem Andrii Shvachko mit seiner Familie seine Heimat verließ, wagte er in Fachsenfeld einen Neustart - und geht bei der SGM seiner fußballerischen Leidenschaft nach. Der Schwäbischen Post und Gmünder Tagespost erzählt er seine Geschichte.

Fachsenfeld

AndriiShvachko ist 30 Jahre alt, lebt mit Frau und Kindern in Fachsenfeld und spielt Fußball beim Kreisligisten vor Ort. Auf den ersten Blick nichts Besonderes, oder? Die Sportredaktion lud ihn trotzdem zum Podcast-Interview ein. Denn AndriiShvachko ließ im April 2022 sein gewohntes Leben hinter sich: sein Zuhause, einen Teil seiner Familie und Freunde, seine Arbeit. Der Einmarsch der russischen Truppen in seine ukrainische Heimat war für ihn - wie für viele andere Flüchtlinge auch - der Auslöser für diese Entscheidung. Der 30-Jährige zeigt sich demütig und dankbar. Er arbeitet wieder, ist sympathisch und hat, trotz der schlimmen Erlebnisse, auch oft ein Lächeln auf den Lippen. Ein zweiter Blick lohnt sich also. In der neuen Podcast-Folge von "Gleich Haagt's" spricht er offen und ehrlich über sich, sein neues Leben und wie der Verein der SGM Fachsenfeld/Dewangen ihm in Deutschland geholfen hat.

Der Weg von der ukrainischen Halbinsel Krim nach Fachsenfeld dauerte neun Tage. "Es war eine Tortur", sagt der Geflüchtete, der während des Interviews von Dolmetscher Anton Link übersetzt wird. "Man weiß nicht, wie, wo und ob man rüberkommt. Das alles hat den Weg sehr schwer gemacht." Seinem Gesicht ist die physische, aber vor allem auch die enorme psychische Belastung der Flucht abzulesen. Zumal er als Familienvater zusammen mit seiner Frau auch die Verantwortung für zwei kleine Kinder trägt. In Fachsenfeld angekommen, gaben Silvia und Dieter Rick der Familie Shvachko ein Obdach - dort leben sie noch heute. "Ich bin ihnen sehr dankbar und habe großen Respekt vor dieser Familie", so Shvachko und sorgte dann für einen Gänsehautmoment, als er erzählte: "Sogar meine Kinder nennen Silvia und Dieter schon `Babushka und Dedushka´ - Oma und Opa."

Die leibliche Großmutter von Shvachkos Kindern ist noch in Donezk, der Geburtsstadt von Andrii, in der er 24 Jahre lebte. "Ich telefoniere jeden Tag mit meiner Mutter und meinem Bruder", sagt der 30-Jährige. Oft habe er daran gedacht, seine Mutter mit entsprechender Hilfe aus dem besetzten Donezk holen zu lassen. Aber: "Höchstwahrscheinlich würde sie den Weg hier her nicht überleben." Im Podcast geht er näher auf ihren schwachen Gesundheitszustand ein und spricht auch über die neue Lebensqualität, die ihm Fachsenfeld bietet - das Vereinsleben bei der SGM eingeschlossen.

Eine Familie - ein Team

Denn seit Sommer vergangenen Jahres kickt AndriiShvachko beim B-Ligisten und fühlt sich dort sehr wohl. Die Gründe: "Der Zusammenhalt, die Gemeinschaft. Es ist wie eine große Familie." Über Umwege fand der Offensivmann, der in seiner Heimat primär beim Futsal (Hallenfußball) auf dem Feld stand, den Weg in die Mannschaft der Aktiven. Denn zunächst spielte Shvachko bei der Alt-Herren-Mannschaft. Vereinsvorstand Benjamin Schurr und die weiteren Verantwortlichen erkannten seine gute fußballerische Veranlagung aber prompt. "Beim ersten Training haben wir gemerkt, dass er mit seinem Talent überqualifiziert ist", sagt Schurr. Auch Sven Wolfmaier, Abteilungsleiter Fußball der SGM, schwärmt: "Er ist einer der schnellsten Spieler, die ich je gesehen habe." Die weiteren Qualitäten von Shvachko - auf und neben dem Platz - verraten die Verantwortlichen im Podcast. Ebenso wie den Ablauf der Kommunikation per What's-App und Übersetzungsprogrammen. Shvachko besucht zwar regelmäßig einen Sprachkurs und versteht das meiste auch, kann sich aber nur bedingt gut ausdrücken. Als es um die Sprachbarrieren ging, muss Shvachko lächeln. "Den Trainer verstehe ich auch ohne Worte", sagt der SGM-Spieler.

Hinsichtlich der Zukunft seines Heimatlandes äußert Shvachko zwei Wünsche: "Es wäre schön, wenn der Krieg aufhören würde und ich meine ganze Familie herholen könnte." Was das Sportliche angeht, hat er ebenso gewisse Vorstellungen, die in der Podcast-Episode zu hören sind. Und auch, warum beim nächsten Teamabend mit der Mannschaft vielleicht statt Pizza oder Burger, Maultaschen auf dem Speiseplan stehen.

Andrii Shvachko (rechts) lebt nach seiner Flucht aus der Ukraine in Fachsenfeld. Bei der SGM Fachsenfeld/Dewangen hat der Kicker eine zweite Familie gefunden. Außerdem auf dem Bild (v.l.): Anton Link (Übersetzer), Alessandro Gleich (Sportredaktion), Benjamin Schurr (Vereinsvorstand) und Sven Wolfmaier (Abteilungsleiter Fußball).
Andrii Shvachko (rechts) lebt nach seiner Flucht aus der Ukraine in Fachsenfeld. Bei der SGM Fachsenfeld/Dewangen hat der Kicker eine zweite Familie gefunden. Außerdem auf dem Bild (v.l.): Anton Link (Übersetzer), Alessandro Gleich (Sportredaktion), Benjamin Schurr (Vereinsvorstand) und Sven Wolfmaier (Abteilungsleiter Fußball). © HAG

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