Angst vor neuer Variante

Coronavirus außer Kontrolle: Immer mehr Länder schränken Einreise aus China ein – aber Deutschland zögert

Aus Angst vor einer neuen Virusvariante schränken mehrere Länder die Einreise aus China ein. Deutschland wartet noch ab – und beobachtet die Lage „aufmerksam“.

München/Peking – Der Omikron-Tsunami, der China derzeit fest im Griff hat, sorgt zunehmend auch im Ausland für Beunruhigung. Mehrere Länder verlangen deshalb von Einreisenden aus China einen negativen Corona-Test. In Deutschland hingegen sind derartige Maßnahmen nicht in Planung, wie eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage mitteilte. „Die Lage beobachten wir aufmerksam und in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern“, heißt es aus dem Ministerium von Karl Lauterbach (SPD). Man habe aber keine Hinweise darauf, dass in China derzeit eine Virusvariante vorliege, die „besorgniserregender“ sei als die in Deutschland zirkulierenden Varianten.

Nach Ansicht von Weltärztebund-Präsident Frank Ulrich Montgomery muss sich Deutschland mit schärferen Einreisebestimmungen vor möglichen Corona-Risiken aus der Volksrepublik China schützen. Er hielte es für „richtig, Test- und Quarantänevorschriften bei Grenzübertritten aus China verpflichtend vorzusehen, wie es in vielen Ländern der Welt gerade geschieht“, sagte Montgomery am Donnerstag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Auch Deutschland sollte dies tun – aus Vorsicht.“

Corona in China: „Da entsteht kein neues Virus“

In China ist derzeit die Virusvariante BF.7, eine von mehreren Untervarianten von Omikron BA.5, vorherrschend. Experten zufolge sind Menschen, die durch Impfung oder Infektion einen Immunschutz gegen BA.5 aufgebaut haben, auch gegen BA.7 geschützt. Dass sich in China eine völlig neue Variante entwickeln könnte, ist allerdings nicht auszuschließen. So sagte etwa der Berliner Virologe Christian Drosten im November – also noch vor Beginn der aktuellen chinesischen Corona-Welle – in einem Interview mit der Zeit, man könne „nicht ausschließen“, dass in China „in puncto Evolution noch einmal ein Sprung passiert“. Voraussetzung dafür seien viele Infektionen sowie eine nicht ausreichend geschützte Bevölkerung – beides ist in China der Fall. Drosten schränkte allerdings ein: „Es kann genauso gut sein, dass erst einmal gar nichts mehr passiert.“ Auch der Virologe Hendrik Streeck warnt davor, in Panik zu verfallen: „Da entsteht kein neues Virus“, sagte Streeck kürzlich dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA

Im Zuge der Corona-Lockerungen hat China angekündigt, die Einreisebeschränkungen in die Volksrepublik aufzuheben. Chinesen können ab dem 8. Januar wieder ins Ausland reisen, ohne bei der Rückkehr tagelang in Quarantäne zu müssen. Zudem sollen wieder Reisepässe ausgestellt werden. Die chinesische Regierung hatte die Ausgabe neuer Pässe für touristische Reisen kurz nach dem Beginn der Pandemie eingestellt. In der Regel wurden nur noch dringende Geschäftsreisen und Auslandsaufenthalte zu Studienzwecken genehmigt. Die neuen Regelungen hatten zu einem Ansturm auf Flugbuchungsportale geführt.

Als China noch Angst vor der Welt hatte – und nicht umgekehrt: Die Besatzung eines Air-China-Flugs trifft im Dezember 2021 in Schutzanzügen im internationalen Terminal des Flughafens von Los Angeles ein (Archivbild).

Immer mehr Länder schränken Einreise aus China ein

In Italien müssen Flugreisende aus China nach ihrer Landung noch am Flughafen einen verpflichtenden Corona-Test machen. Die Behörden begannen am Donnerstag mit entsprechenden Maßnahmen am römischen Flughafen Fiumicino, wo am frühen Morgen eine Maschine aus Chongqing landete. Mit Corona infizierte Reisende müssen sich in Italien in Isolation begeben. Italien entschloss sich zu der Verordnung, nachdem aus Mailand besorgniserregende Zahlen gemeldet worden waren. Am 26. Dezember landeten zwei Flieger aus China in der norditalienischen Stadt. Von den dabei 210 getesteten Passagieren gaben 97 einen positiven Corona-Test ab, wie der Gesundheitsassessor der Region Lombardei, Guido Bertolaso, bekannt gab.

Auch die USA verlangen ab 5. Januar von Einreisenden aus der Volksrepublik einen negativen Corona-Test, wie die US-Gesundheitsbehörde CDC am Mittwoch mitteilte. Ab dann müssen Flugreisende, „die zwei Jahre und älter sind und aus China kommen, spätestens zwei Tage vor ihrem Abflug aus China, Hongkong und Macau einen Test machen und den Fluggesellschaften bei der Abreise ein negatives Testergebnis vorlegen“, erklärte die CDC. Die USA sind insbesondere besorgt, dass die schnelle Übertragung des Virus in China zur Entstehung neuer Varianten führen könnte. Auch Indien, Taiwan und Malaysia haben mittlerweile die Regelungen für Einreisen aus China verschärft. Japan ordnete zudem an, die Zahl der Flüge aus China zu begrenzen.

Anfang Dezember hatte China seine Null-Covid-Politik überraschend aufgegeben, seitdem steigen in dem Land die Fallzahlen rasant: Internen Schätzungen der chinesischen Regierung zufolge haben sich allein in den ersten drei Wochen dieses Monats 248 Millionen Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Bevor die Regierung von Staats- und Parteichef Xi Jinping ihre Kehrtwende in der Corona-Politik bekannt gab, war es in Dutzenden Städten im ganzen Land zu Protesten gegen die Covid-Maßnahmen gekommen. Es waren die größten Demonstrationen, die das Land seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung im Jahr 1989 gesehen hat. (sh/AFP/dpa)

Rubriklistenbild: © Frederic J. Brown/AFP

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