Die Indigenen Yanomami in Brasilien stehen von verschiedenen Seiten unter Druck. Junior Hekurari vom Rat für indigene Gesundheit schlägt Alarm.
Boa Vista / Brasilien - Als ich Junior Hekurari, Präsident des Rats für Indigene Gesundheit der Yanomami und Ye’kuana (DESI), im Oktober im Norden von Brasilien* treffe, hustet er von Beginn unseres Gesprächs an. Das sei kein Corona versichert er mir, sondern das Ende einer Malaria-Erkrankung. In unserem Gespräch erzählt er mit, was die Malaria-Epidemie mit illegalem Bergbau zu tun hat.
Münchner Merkur: Was sind Aufgaben des Rats für Indigene Gesundheit der Yanomami und Ye’kuana?
Er repräsentiert die Yanomami und ihre Schutzgebiete in Roraima und der Amazonasregion. Das sind ungefähr 30,000 Menschen, 96,000 Quadratkilometer und 374 Gemeinden. Wir arbeiten für die Gesundheit dieser Menschen und für ihre Sicherheit.
Was heißt das konkret?
JH: Hier aus Boa Vista versuche ich politische Arbeit zu machen. Immer wieder reise ich aber auch ins Schutzgebiet der Yanomami. Als zuletzt zwei Kinder bei einem Vorfall mit illegalen Bergarbeitern gestorben sind, bin ich beispielsweise dort hin, habe Feuerwehrmänner mitgenommen und versucht das aufzuklären.
Welche Probleme und Herausforderungen begegnen dir dabei?
Wir müssen uns mit illegalen Goldsuchern auseinandersetzen. Seit drei Jahren gibt es sehr viele von denen bei uns. Da gibt es auch viele Angriffe auf uns. Außerdem ist Malaria ein großes Problem für die Gesundheit in der Region. Ein drittes Problem ist das Fehlen von Hilfe und medizinischem Personal. Außerdem gibt es ein großes Sicherheitsproblem, weil die Regierung uns nicht genügend schützt.
Was genau heißt das?
Wir sterben! Viele Kinder sind in diesem Jahr schon aufgrund von fehlender medizinischer Versorgung gestorben oder aufgrund einer Malariainfektion. Seit der Regierung Bolsonaro sind unsere Probleme immer größer geworden. Die Gesundheit der Yanomami ist kollabiert und die Regierung macht nichts.
Alleingelassen in der Pandemie
Was sind die Auswirkung der Pandemie?
Viele Indigene in der Region sind am Coronavirus* erkrankt. Zuerst haben ihn illegale Mienenarbeiter in die Region gebracht. Wir hatten in der ganzen Zeit gar keine Unterstützung von öffentlichen Institutionen. Die Regierung hat nur tonnenweise Hydroxychloroquin geschickt (Anmerkung der Redaktion: Medikament, das bei der Behandlung von Corona gefährlich sein kann, dass der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro* aber immer wieder empfahl) und wir hatten sehr viel Arbeit diese problematischen Medikamente wieder aus den einzelnen Gemeinden herauseinzusammeln. Wir haben dann selbst Masken und Desinfektionsmittel verteilt und versucht die Leute aufzuklären. Trotzdem sind mindestens 18 Yanomami am Virus gestorben. Das war ziemlich schlimm.
Malaria und Quecksilber
Und wie hat sich zuletzt Malaria entwickelt?
Es gibt super viele Fälle. Im letzten Jahr gab es mehr als 26.000 Malaria Infektionen. Immer wieder sterben Menschen daran. Das ist die traurige Realität.
Was hat das mit den illegalen Goldsuchern zu tun?
Da wo es besonders viele illegale Mienen und Goldsucher gibt, gibt es auch besonders viel Malaria. Wir sind darum sicher, dass die Bergarbeiter immer wieder Malaria mitbringen. Früher gab es in der Region einen anderen, viel schwächeren Malariatyp. Die Goldsucher verschlechtern also direkt die Gesundheitssituation der indigenen Yanomami. Außerdem gibt es auch indirekte Folgen – sie verschmutzen unsere Flüsse (mit Quecksilber) und wir werden davon auch krank.
Weniger Autonomie
Was müsste sich dringend ändern?
Es muss einen richtigen Plan zur Bekämpfung von Malaria geben. Außerdem müsste es einen Plan zu Bekämpfung von Mangelernährung geben und die illegalen Goldsucher müssen aus unserem Schutzgebiet entfernt werden.
Woran liegt es, dass sich die Situation so zugespitzt hat?
Unsere Mittel wurden stark gekürzt. Außerdem wurde uns in den vergangen drei Jahren sehr viel Autonomie genommen. Viele Entscheidungen werden jetzt nicht mehr von uns, sondern vom Gesundheitsministerium getroffen. Früher gab es medizinisches Personal und Medikamente auch in den Gemeinden – heute fehlt es an jeder Ecke.
Hast du noch Hoffnung, dass sich die Situation verbessert?
Wir kämpfen, wir rufen immer laufen. Ich habe schon ein bisschen Hoffnung, dass die Regierung uns, die Bevölkerung des Waldes, irgendwann hört und sieht, wie sehr wir leiden. Aber viel Hoffnung habe ich nicht, denn zuletzt hat sich die Situation nur verschlechtert. Unter dieser Regierung wird sich auf jeden Fall nichts verbessern, denn sie sie mag Indigene nicht.
(Lisa Kuner) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
Dieser Artikel ist nur für registrierte Nutzer kommentierbar. Wenn Sie den Artikel kommentieren möchten registrieren Sie sich kostenlos für unsere Community oder melden Sie sich hier mit Ihren Benutzerdaten an: