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„Schlechtester Zustand seit 1990“ und „Bürokratiemonster“: Bundeswehr bringt Leyen unter Druck

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Ursula von der Leyen besucht Gorch Fock
Noch so eine Baustelle: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besucht die Gorch Fock. © dpa / Mohssen Assanimoghaddam

Die Bundeswehrsoldaten sind unzufrieden mit dem Zustand der Truppe - und machen der Ministerin Druck. Ursula von der Leyen müsse nun das Vereinbarte umsetzen, heißt es.

Update 15.10 Uhr: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht die Bundeswehr trotz fortbestehender Mängel bei Personal und Ausrüstung auf dem richtigen Weg. "Da muss man einen langen Atem haben und kraftvoll den Weg weiter nach vorne gehen", sagte von der Leyen am Dienstag in Berlin anlässlich kritischer Äußerungen des Bundestags-Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels in seinem neuen Jahresbericht. "Die Richtung stimmt auf jeden Fall", hob sie hervor.

Von der Leyen betonte, es gebe bei der Bundeswehr ein dynamisches Wachstum und "viele Modernisierungsschritte, beim Material, beim Personal" und bei den Finanzen. "Wir haben im Schnitt jede Woche einen neuen Panzer in der Truppe, im Schnitt jeden Monat ein neues Flugzeug oder einen neuen Hubschrauber, jedes Jahr ein neues Schiff." Auch ein Teil der derzeit unbesetzten Stellen werde mit Hilfe von rund 35.000 Frauen und Männern geschlossen werden können, die sich derzeit in der Ausbildung befänden.

"Ich wünschte mir auch, dass vieles schneller ginge", sagte dazu von der Leyen, "aber 25 Jahre des Schrumpfens und des Kürzens in der Bundeswehr" ließen sich nicht in wenigen Jahren umkehren. Die Ministerin steht wegen der Ausrüstungsmängel und Kritik am Einsatz externer Berater unter Druck.

Erstmeldung: „Schlechtester Zustand seit 1990“ und „Bürokratiemonster“ - Bundeswehr bringt Leyen unter Druck

Berlin - Die Zahl der neu angeworbenen Bundeswehr-Soldaten ist nach Angaben des Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels auf einen historischen Tiefstand gesunken. Die Bundeswehr werde älter und immer mehr eine kompakte Berufsarmee, stellte Bartels am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung seines Jahresberichts 2018 fest. Für den dringend nötigen Anstieg der Personalzahlen sorge derzeit vor allem die Verlängerung bestehender Zeitverträge.

„Obwohl die Bundeswehr im Berichtsjahr ein Plus von 4000 Zeit- und Berufssoldaten meldet, ist im Gegensatz dazu die Zahl der neu in die Bundeswehr eingetretenen Soldatinnen und Soldaten um 3000 auf nur noch 20 000 Neueintritte gesunken (2017: 23.000), der niedrigste Stand in ihrer Geschichte“, erklärte Bartels. „Das heißt, die Bundeswehr wächst, aber sie gewinnt immer weniger neues Personal.“ Bartels warnt auch vor einer weiterhin mangelhaften Ausstattung der Streitkräfte sowie überbordender Verwaltung, die in den Augen vieler Soldaten das „Bürokratiemonster Bundeswehr“ sei.

Von der Leyen in der Kritik - Bundeswehrverband beschwert sich bitterlich

Zuvor hatte Der Bundeswehrverband hat den Zustand der Truppe scharf kritisiert. Die Bundeswehr sei gemessen am Auftrag "nach wie vor im schlechtesten Zustand seit 1990", sagte der Verbandsvorsitzende André Wüstner am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Das sei frustrierend für die Soldaten. Zugleich mahnte Wüstner, es gebe genügend Ankündigungen, "es muss jetzt einfach umgesetzt werden".

Er verwies unter anderem auf die sozialen Rahmenbedingungen, die materielle Ausstattung und die Infrastruktur der Bundeswehr. Die Umsetzung hänge am politischen Willen, fügte er hinzu, und kritisierte zugleich das Vorgehen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Diese erwecke den Eindruck, sie stehe einerseits "auf dem Gaspedal", andererseits "zieht sie die Handbremse".

Chef des Bundeswehrverbands: Von der Leyen hat das Vertrauen - noch

Trotzdem habe die Ministerin noch sein Vertrauen, sie müsse nun aber das umsetzen, was vereinbart worden sei, sagte der Bundeswehrverband-Vorsitzende. "Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem", und das verantworte die Ministerin. Wüstner kritisierte zudem Fehler, die bei der letzten Reform gemacht worden seien, und sprach von einem "Bürokratiemonster" in der Bundeswehr.

Auch interessant: Vertrauliches Schreiben - Alle neuen Sturmgewehr-Modelle nicht für Bundeswehr geeignet

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), stellt am Dienstag seinen Jahresbericht vor. Bartels hatte kürzlich große Lücken bei Personal und Material in der Truppe beklagt. An den Missständen, die er bereits vor einem Jahr kritisiert hatte, hat sich nach seiner Überzeugung bislang wenig geändert.

Internes Papier zu Moorbrand im Emsland - Verteidigungsministerium will reagieren

Erste kleine Korrekturen scheinen unterdessen bereits in Aussicht zu sein: Das Verteidigungsministerium will aus dem von Waffentests ausgelösten Moorbrand auf einem Übungsgelände im Emsland Konsequenzen ziehen. Als Reaktion auf das Unglück solle die Ausbildung von Soldaten verbessert und zusätzliches, schweres Löschgerät bereitgestellt werden, heißt in einem internen Bericht, der am Dienstag an Verteidigungspolitiker im Bundestag ging und der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

In dem 42 Seiten umfassenden Papier werden Fehleinschätzungen bei dem Einsatz gegen das Feuer im Detail benannt, aber auch eine Verkettung unglücklicher Umstände aufgelistet. Zunächst wurde demnach „die Brisanz der Lage verkannt“ und auch die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Der Moorbrand hatte sich bei einem Waffentest mit einem Hubschrauber am 3. September entzündet und war erst am 10. Oktober gelöscht worden.

AFP/dpa/fn

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