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Trotz Corona-Lockerungen: Chaos an deutschen Schulen - Eltern und Schüler klagen über Lehrer

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Von: Alicia Greil, Naima Wolfsperger, Michelle Brey

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Inmitten der Corona-Krise werden derzeit Schulen schrittweise wieder geöffnet. Es gibt trotzdem reichlich Kritik von den Eltern.

Update vom 11. Mai 2020, 6.38 Uhr: Dieser Ticker ist beendet. Alle aktuellen Entwicklungen zum Thema Schulen in der Corona-Krise erfahren Sie in unserem aktuellen News-Ticker. 

Update vom 8. Mai 2020, 13.47 Uhr: Wochenlang waren die Schulen wegen der Corona-Krise geschlossen, jetzt öffnen sie wieder Schritt für Schritt. Viele überforderte Eltern hoffen jetzt auf eine Besserung der Situation. Ein normaler Unterricht wird in diesem Schuljahr aber nicht mehr möglich sein. Das bedeutet, dass sich die Eltern und Schüler weiter größtenteils selbstständig um den Schulstoff kümmern müssen. 

Viele Eltern klagen über die Lehrer, die teilweise überhaupt nicht erreichbar sind. Es gibt die Vorwürfe, dass sich die Pädagogen zu viel Freizeit herausnehmen. Eine Lehrerin wandte sich sogar an ein Gericht um nicht in die Schule zurück zu müssen. Sie hatte geklagt, dass Land und Schulamt bisher keinen hinreichenden Hygieneplan vorgelegt hätten.

Grundschulleherin scheitert vor Gericht - Lehrer müssen zurück in Schulen

Das Frankfurter Verwaltungsgericht hat nun das sogenannte „Eilrechtsschutzbegehren“ der Grundschullehrerin abgewiesen. Innen-Experte Michael Kuffer (CSU) erklärte gegenüber der Bild: „Einzelne Lehrer dürfen sich vor ihrer Verantwortung für die Schüler in der Corona-Krise nicht drücken. Ich erwarte, dass sie wie Polizisten, Kindergärtnerinnen und Krankenhauspersonal ein gewisses Restrisiko in Kauf nehmen und in die Klassenräume unserer Schulen zurückkehren.“

Drücken sich die Lehrer also vor der Verantwortung? Finn Wandhoff (19) Chef der Schüler-Union wehrt sich gegen eine Verallgemeinerung: „Die meisten Lehrer machen gute Arbeit unter schwierigsten Bedingungen. Aber wie in allen Branchen gibt es natürlich auch unter Lehrern schwarze Schafe, unter denen der Ruf aller Kollegen leidet.“

Manche Lehrer verlangen sogar zu viel. Lou-Marleen Appuhn (18), Landesschulsprecherin von Hessen, bekommt täglich Nachrichten von verzweifelten Mitschüler. Sie erzählte der Bild: „Die Schüler sind überladen und überfordert mit Hausaufgaben-Bergen, die kaum bewältigt werden können. Man kann nicht von einem 13-Jährigen verlangen, dass er von 8 bis 16 Uhr durcharbeitet wie ein Erwachsener im Home-Office.“ Die Probleme der Schüler und Eltern bleiben vorerst bestehen.

Corona-Lockerungen für Schulen und Kitas: Lindner springt Familien bei - „Mit den Nerven fertig“

Update vom 7. Mai, 12.55. Uhr: „Familien und Kinder dürfen nicht hinten rüber fallen“, warnt nun auch Christian Lindner angesichts der Corona-Lockerungen* und fordert klare Konzepte für eine Wiedereröffnung der Kitas. Viele Familien seien angesichts der langen Kita- und Schulschließungen „mit den Nerven fertig“, sagte der FDP-Vorsitzende in Berlin.

Zu einer Perspektive für die Wiedereröffnung gehörten auch Hygienekonzepte und Schutzausrüstung* für die Angestellten. Außerdem müssten die Kita-Öffnungen wissenschaftlich* begleitet werden, so Lindner.

Corona-Lockerungen für Schulen und Kitas: Notbetreuungen werden ausgeweitet

Update vom 7. Mai, 9.27 Uhr: SPD und Grüne beklagen bei den jüngsten Corona-Lockerungen fehlende Perspektiven für Eltern und Kinder. SPD-Chefin Saskia Esken bezeichnete die Vereinbarungen als „fatales Signal an die Familien“. 

Esken kritisierte, für die Fußball-Bundesliga gebe es ein konkretes Konzept, für die Bildung und Betreuung von Kindern dagegen nicht. „In diesem Zusammenhang ist die Fortsetzung der Bundesliga für viele Fans eine gute Nachricht - vielen Eltern muss sie zynisch erscheinen“, sagte sie der dpa.

Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner kritisierte: „Die Pläne zur Öffnung der Kitas bleiben vage, Familien wissen weiterhin nicht, worauf sie sich einstellen müssen.“ 

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), warnte vor den Langzeitfolgen vor allem für die Kinder suchtkranker Eltern: „Die sitzen plötzlich ganz alleine mit dem betrunkenen Vater oder Mutter da - ohne Hilfe von außen im schlimmsten Fall“, sagte die CSU-Politikerin der Welt.

Coronavirus - Schulöffnung in Schleswig-Holstein
Coronavirus - Schulöffnung in Schleswig-Holstein © dpa / Carsten Rehder

Corona-Lockerungen für Schulen und Kitas: Notbetreuungen werden ausgeweite

Update 20.07 Uhr: Bei den Bund-Länder-Beratungen einigten sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten darauf, dass die Notbetreuung von Kitas spätestens ab dem 11. Mai überall ausgeweitet werden soll. Außerdem wurde festgelegt, dass der Übergang des Kita-Betriebs von der Notbetreuung in den „eingeschränkten Regelbetrieb“sowie die Öffnung von Hochschulen und anderer außerschulischer Bildungseinrichtungen den Bundesländern obliegt. 

Coronavirus: Kultusministerkonferenz begrüßt Bund-Länder-Beschlüsse für Schulen und Kitas

Die Kultusministerkonferenz (KMK) zeigte sich unterdessen zufrieden mit der Entscheidung von Bund und Ländern zur Wiederaufnahme des Schulbetriebs in der Corona-Pandemie. „Der heutige Beschluss ist wegweisend“, sagte KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD). Weiter betonte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin, dass allen deutlich geworden sei, „dass Schule sehr viel mehr ist als nur Unterricht“. Schule sei ein Ort des sozialen Miteinanders, des Austausches und der Freundschaften. 

Schulen, Schüler und Eltern hätten eine Perspektive eingefordert. „Diese können wir ihnen mit der heutigen Entscheidung geben“, sagte Hubig. Die ersten Schulöffnungen zum 4. Mai sowie die schriftlichen Abiturprüfungen in einigen Ländern seien insgesamt sehr gut verlaufen, berichtete sie weiter. Nach dem Beschluss von Kanzlerin Angela Merkel und den Regierungschefs der Länder soll der Schulbetrieb nun bis zu den Sommerferien schrittweise wieder aufgenommen werden - unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Diese gelten für Schulbusse, Unterricht und Pausen. 

Coronavirus: Familienministerin Giffey ruft Bundesländer zu rascher Regelung für Kitas auf

Update 17.57 Uhr: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat die Bundesländer zu einer raschen Regelung des künftigen Betreuungsangebots in den Kitas aufgerufen. Nach den Bund-Länder-Beratungen zu den Corona-Lockerungen am Mittwoch müssten nun die Länder „konkrete Daten benennen, wann welche Kinder wieder ihre Kita oder ihre Kindertagespflege besuchen können, auch wenn das nur mit Einschränkungen gehen kann“, forderte Giffey in Berlin. „Wir brauchen für alle Kinder und Eltern eine Perspektive.“

Dass es nun erstmals eine Verständigung gebe, bundesweit ab dem 11. Mai in allen Bundesländern die Notbetreuung in den Kitas auszuweiten, begrüßte die Familienministerin. Die jeweiligen Details regeln dem Beschluss von Kanzlerin und Ministerpräsidenten zufolge die einzelnen Bundesländer.

Unterdessen kamen Details zum Ablauf der Bund-Länder-Beratungen an die Öffentlichkeit. So soll es zwischen Kanzlerin Angela Merkel und einem Ministerpräsidenten besonders viel Gesprächsbedarf gegeben haben

Coronavirus: Kinder sollen bis zum Sommer wieder in Schule und Kita gewesen sein - Ausgeweitete Notbetreuung ab 11. Mai

Update 17.02 Uhr: Bis zum Sommer sollen alle Kinder wieder in Schulunterricht oder Kita eingegliedert werden. Das beschlossen die Ministerpräsidenten in einer Telefonschaltkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch. Die Notbetreuung von Kitas soll spätestens ab dem 11. Mai überall ausgeweitet werden. In einigen Bundesländern ist das bereits geschehen. Unter anderem hat Niedersachsen eine Aufnahme des Kita-Regelbetriebs zum 1. August angekündigt. 

Update 13.35 Uhr: Bei der Wiederaufnahme des Kita-Betriebs werden sich die Länder wohl hinter ein gemeinsames Konzept der 16 Jugendminister stellen. NRW-FamilienministerJoachim Stamp wird die derzeitigen Notbetreuungen dadurch wohl ausweiten können. Vor den Sommerferien sollten alle Kinder in die Tagesstätten und Schulen zurückkehren, soweit der Plan. Stamp wünsche sich „maximale Freiheit für die Länder, selbst zu entscheiden“, wie er dem Spiegel gegenüber sagte.

Coronavirus: Schulen und Kitas kehren schrittweise in den Betrieb zurück

Update vom 6. Mai, 10.15 Uhr: Am Donnerstag will der Bund ein angemessenes Konzept für Schulöffnungen vorstellen. So hatte es das Bundeskabinett in der vergangenen Woche in den Beratungen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Doch just einen Tag vor dem gesetzten Termin springen mehrere Bundesländer mit eigenen Konzepten in die Bresche.

Das Kabinett schlägt vor, allen Schülern schrittweise unter Auflagen bis zu den Sommerferien eine Rückkehr an die Schulen zu ermöglichen. Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf etwa wegen der häuslichen Situation oder der technischen Ausstattung sollten „möglichst umgehend gezielte pädagogische Präsenzangebote an den Schulen erhalten“. Abschlussklassen, ältere Grundschüler und Klassen, die nächstes Jahr Prüfungen ablegen, sind bereits vielerorts wieder an den Schulen. Konsens der Bildungsminister der Länder ist außerdem, dass bis zu den Sommerferien etwa über Schichtmodelle alle anderen Schüler wenigstens zeitweise wieder in die Schulen zurückkehren können, dass es aber ein Normalbetrieb erstmal nicht geben wird. Die Beschlussvorlage des Corona-Kabinetts* für den Merkel-Gipfel sieht noch weitere Lockerungen in anderen Bereichn des öffentlichen Lebens vor. 

Vor dem Gipfel der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), wird auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann deutlich*. 

Corona-Lockerungen für Schulen und Kitas: Bayern und Hessen preschen vor - Gericht kippt Maskenpflicht

Update vom 5. Mai, 18.11 Uhr: Keine Maskenpflicht an Schulen in Jena. Schülerinnen und Schüler aus der thüringischen Großstadt brauchen keinen Mund- und Nasen-Schutz im Unterricht mehr zu tragen. Das hat am Dienstag das Verwaltungsgericht Gera per Eilverfahren entschieden. Die Vorschrift in der jüngsten Allgemeinverfügung der Stadt wurde für rechtswidrig erklärt, wie Gerichtssprecher Bernd Amelung der Deutschen Presse-Agentur erklärte.

Aufgrund der aktuell geringen Infektionszahlen in der Stadt sei keine Notwendigkeit für eine solch verschärfte Hygienevorkehrung im Unterricht gegeben, hieß es zu Begründung. Die Stadt hatte mit der seit Wochenbeginn geltenden Maskenpflicht im Unterricht einen Sonderweg beschritten. Dagegen war die Freie Waldorfschule Jena juristisch vorgegangen.

Corona-Lockerungen für Familien: Eingeschränkter Unterricht in Hessen ab 18. Mai

Update vom 5. Mai, 12.38 Uhr: Auch in Hessen wurden Entscheidungen hinsichtlich der Schulen und Kitas getroffen. So soll am 18. Mai für zahlreiche Schüler wieder der Unterricht in eingeschränkter Form beginnen. Darunter sind die Viertklässler und viele Schüler an weiterführenden Schulen.

Die übrigen Grundschüler sollen am 2. Juni in die Klassenräume zurückkehren, wie das Kultusministerium am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presseagentur (DPA) in Wiesbaden mitteilte. Wegen der Corona-Pandemie werden in Hessen derzeit nur die Abschlussjahrgänge der weiterführenden Schulen unterrichtet.

Ab dem 18. Mai soll ein Schulbetrieb unter anderem für die Sekundarstufe I und die Einführungsphase der Sekundarstufe II zumindest eingeschränkt anlaufen, erläuterte das Ministerium. Damit wären alle Schüler an weiterführenden Schulen zumindest zeitweise wieder im Unterricht. Außerdem ist eine weitere Öffnung der Berufsschulen geplant. Der Schulbetrieb in diesem Schuljahr werde sich weiter aus Präsenztagen in der Schule und Lernen von zuhause aus zusammensetzen, erklärte Kultusminister Alexander Lorz (CDU).


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Corona-Lockerungen für Familien: Bayern mit weitreichenden Entscheidungen für Schulen und Kitas

Update vom 5. Mai, 12.30 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach am Dienstag in einer Pressekonferenz über die Lockerungen hinsichtlich der Kitas und der Schulen. Vorsicht sei geboten, so Markus Söder. Einerseits gebe es Eltern, die die Betreuung benötigen würden, andere Eltern seien sehr besorgt. „Unser Ziel ist es, dass bis Pfingsten bis 50 Prozent der Kinder in den Kitas wieder betreut werden.“ Nach Pfingsten soll dann der andere Teil folgen, so Söder. Ab dem 25. Mai sollen alle Vorschulkinder folgen. 

Das gleiche System verfolge man auch in den Schulen. Ziel sei, dass alle Schüler im laufenden Schuljahr noch zurück in den Unterricht kehren können. Vorerst sei außerdem eine Teilung von Klassen vorhergesehen, die Maskenpflicht gelte nicht im Unterricht jedoch in den Pausen. Bis Pfingsten gebe es außerdem eine gelockerte Präsenzpflicht für die Schüler.

Verfolgt werde dabei ein Vier-Stufen-Plan, wie Kultusminister Michael Piazolo mitteilte. Die erste erfolgte bereits am 27. April, als Abschlussklassen zurück in den Unterricht kehren durften. Zweiter Schritt: Am 11. Mai sollen die Vorabschlussklassen zurückkehren sowie die vierten Klassen der Grundschule. Das sei nun beschlossen. Drittens: Am 18. Mai und am 25. Mai sollen auch die jüngeren Schüler der jeweiligen Schulart zurückkehren. Am 15. Juni soll der vierte Schritt kommen mit den restlichen Stufen, „wenn das Infektionsgeschehen es zulässt“, so Piazolo.

Corona-Entscheidungen zu Schulen und Kitas: Ein Bundesland prescht vor - Kita-Öffnung beschlossen

Update vom 5. Mai, 10.55 Uhr: Wie die Deutsche Presseagentur (DPA) berichtet, sollen in Mecklenburg-Vorpommern die wegen des Coronavirus erlassenen Einschränkungen in der Kinderbetreuung deutlich gelockert werden. Für die rund 4.500 Kinder bei Tagesmüttern und Tagesvätern soll nach Informationen der DPA am 11. Mai die reguläre Betreuung wieder beginnen. Eine Woche später, am 18. Mai, sollen nach Plänen des Sozialministeriums dann alle 13.600 Vorschulkinder in die Kita zurückkehren können. Die Pläne sollen am Donnerstag Thema im Kabinett sein.

Auch Niedersachsen hat eine Lockerung der Corona-Einschränkungen in der Kinderbetreuung angekündigt. Dort soll die Tagespflege zum 11. Mai wieder öffnen.

Coronavirus: Grünen-Chefin Göring-Eckardt sieht Familienministerium bei Entscheidungen außen vor

Update vom 4. Mai, 11.42 Uhr: Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat das Fehlen des Familienministeriums im Corona-Kabinett kritisiert. „Familien tragen eine besonders große Last in dieser Krise tragen“, betonte Göring-Eckardt im Gespräch mit der Bild am Sonntag. Der Grünen-Politikerin sei es daher völlig unverständlich, dass die Familienministerin maximal „ein Beiboot“ sei. „Offenbar war es weder Merkel noch Scholz wichtig genug, Familien in den Fokus zu nehmen“, kritisierte die Ministerin. Es sei enttäuschend, dass Ministerin Franziska Giffey (SPD) nicht darum kämpfe, im Zentrum der Entscheidungen mitzureden

Im Corona-Kabinett, das immer montags und donnerstags zusammenkommt, haben nur Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie die Ressorts Außen, Innen, Finanzen und Verteidigung Stammplätze. Giffey verteidigte gegenüber der Bild-Zeitung die Zusammensetzung: „Das Corona-Kabinett ist absichtlich klein gehalten. Das ist sinnvoll“, sagte sie. Bei den Donnerstagssitzungen werden, je nach Tagesordnung, Fachminister hinzugezogen. Giffey wies darauf hin, dass sie an zwei Donnerstagssitzungen teilnehmen durfte und betonte: „Ich habe mich in der Debatte um Lockerungsschritte sehr für die Interessen von Kindern und Eltern eingesetzt - in internen Abstimmungen und in der Öffentlichkeit.“

Coronavirus in Deutschland: Schrittweise Öffnung von Schulen und Kitas in Planung

Erstmeldung vom 4. Mai 2020: 

Berlin/Düsseldorf - Wie es mit der schrittweisen Öffnung von Schulen und Kitas inmitten der Corona-Krise weitergehen soll, darüber wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder am kommenden Mittwoch entscheiden. Und schon vorab kommt aus Nordrhein-Westfalen Druck. NRW-Landesfamilienminister Joachim Stamp (FDP) hat mit einem Alleingang bei der Öffnung von Kitas gedroht, falls Merkel mit den Länderchefs am Mittwoch keinen einheitlichen Öffnungskurs beschließen sollte. 

Corona-Entscheidung zu Schulen und Kitas: NRW droht mit Alleingang

„Ich möchte jetzt gerne unseren Weg gehen“, sagte der stellvertretende NRW-Ministerpräsident im Podcast „Morning Briefing“ von Gabor Steingart. Weiter betonte er: „Wir lassen uns nicht noch eine Woche vertrösten.“ Stamp möchte einen „improvisierten Betrieb“ der Kitas. Dieser solle ermöglichen, dass Kindern wieder möglichst zügig Zugang verschafft werde und „Tagespflegepersonen und Erzieher sich sicher fühlen auch in Zeiten der Pandemie“, so Stamp. 

Der FDP-Politiker kritisierte, dass die Situation von Familien und Kindern während der Corona-Krise in den vergangenen Tagen zu kurz gekommen sei. Außerdem betonte Stamp, dass die Familienminister der Länder „klare Wege aufgezeigt“ und ein „Konzept der schrittweisen Öffnung“ vorgelegt hätten. Der NRW-Familienminister spricht in diesem Zusammenhang von vier Phasen, angefangen mit der Notbetreuung über die erweiterte Notbetreuung bis zum improvisierten Regelbetrieb und schließlich dem Regelbetrieb. Mittlerweile sei die Phase zwischen erweiterter Notbetreuung und improvisiertem Regelbetrieb erreicht - „wenn man uns den machen ließe“, monierte Stamp. 

Coronavirus - Landesregierung NRW
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) will Kitas schnellstmöglich wieder öffnen - und droht nun mit einem nationalen Alleingang. © dpa / Federico Gambarini

Coronavirus: Forscher-Team um Drosten warnt - Kinder genauso ansteckend wie Erwachsene

Während der Familienminister auf eine zügige weitere Öffnung der Kitas drängt, lieferte ein Forscherteam um den Berliner Virologen Prof. Christian Drosten* Erkenntnisse zum Coronavirus, die die Forderung von Stamp nicht unterstützen. Der Studie zufolge sind Kinder in der Coronavirus-Pandemie vermutlich genauso ansteckend wie Erwachsene*. Die Wissenschaftler warnen deshalb vor einer uneingeschränkten Öffnung von Schulen und Kindergärten in Deutschland. Wie das Team von der Berliner Charité berichtet, unterscheide sich die in den Atemwegen nachweisbare Zahl der Viren bei verschiedenen Altersgruppen nicht. 

Inwieweit Kinder das Virus an andere weitergeben, sei bisher unklar, heißt es in der vorab veröffentlichten und noch nicht von unabhängigen Experten geprüften Studie. Die Untersuchung der Übertragbarkeit durch Kinder sei zudem schwierig, gerade weil die Schulen früh geschlossen wurden und das Virus vor allem in der Anfangsphase der Epidemie vor allem von erwachsenen Reisenden weitergegeben wurde. Außerdem hätten Kinder oft nur leichte oder keine Symptome* und würden daher seltener getestet. 

Coronavirus-Studie an der Charité zeigt: Viruslast unterscheidet sich nicht zwischen Altersgruppen

In Proben von 3712 Infizierten hatte das Team um Drosten nun die Menge an Sars-CoV-2-Viren bestimmt. Dabei fanden sie keinen Unterschied in der Viruslast zwischen verschiedenen Altersgruppen. Die Schlussfolgerung der Forscher: Bei der Beurteilung der Ansteckungsgefahr* in Schulen und Kindergärten müssten die gleichen Annahmen zugrunde gelegt werden, die auch für Erwachsene gelten. 

Sie räumten zwar auch ein, dass es Argumente gebe, denen zufolge Kinder weniger ansteckend seien als Erwachsene. Etwa, dass sie meist keine Symptome haben* und daher weniger husten. Auf der anderen Seite seien sie aber körperlich und sozial viel aktiver. 

Drosten berichtete unter Bezugnahme auf eine „Science“-Studie in seinem NDR-Podcast davon, dass Kinder und Erwachsene offenbar ein unterschiedlich großes Ansteckungsrisiko haben: Kinder seien - stark vereinfacht gesagt - für eine Coronavirus-Infektion nur ein Drittel so anfällig wie Erwachsene. Der Virologe gab jedoch zu Bedenken, dass sich das vielleicht durch das Verhalten wieder ausgleiche - zum Beispiel, weil Kinder untereinander viel intensivere Kontakte hätten. 

Auch Lothar Wieler, der Leiter des Robert-Koch-Instituts, betonte am Donnerstag, dass Kinder für die Ausbreitung wohl dieselbe Rolle spielten wie Erwachsene. „Sie können angesteckt werden, sie können das Virus ausscheiden und andere anstecken“, sagte er. 

Schulen/Kitas in Deutschland: Stamp fordert mehr Entscheidungsfreiheit für die Bundesländer

Stamp bringen diese Erkenntnisse aber offenbar nicht von seinem Kurs ab. Er pocht darauf, dass die Länder „ihre Freiheit“ bräuchten, da die Corona-Pandemie in den Ländern unterschiedlich verlaufe. Doch obwohl NRW eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Bundesländer ist, kritisierte Stamp das stufenweise und vorsichtige Vorgehen der Regierung in Form von regelmäßigen Beratungen mit den Länderchefs Stamp scharf. Es sei „kein Dauerzustand“, dass alleine die Kanzlerin mit den 16 Ministerpräsidenten bestimme, „was geht und was nicht geht“. Ob es in puncto Kita-Öffnung zum Alleingangs Nordrhein-Westfalens kommt, hängt nun wohl maßgeblich vom Ergebnis der Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch ab. 

Übrigens: Tipps, wie man Kinder in der schul- und kitafreien Zeit beschäftigen kann, erhalten Sie im folgenden Video.

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cia mit AFP und dpa

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