Asyl-Zoff im ZDF-Polittalk

Lindner warnt bei Illner: „Flüchtlingspolitik ist ein Sprengsatz in unserer Gesellschaft“

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FDP-Chef Christian Lindner (l.) und Grünen-Vorsitzender Robert Habeck streiten sich bei Maybrit Illner.
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Der Skandal im Bamf gibt dem Thema Flüchtlingspolitik neuen Zündstoff. Bei Maybrit Illner lieferten sich die Politiker hitzige Wortgefechte. FDP-Chef Lindner warnte vor Verschwörungstheoretikern.

Im Bamf-Skandal kommen immer neue, erschreckende Details ans Licht: Asylanträge wurden offenbar einfach durchgewunken, Mitarbeiter, Dolmetscher und Anwälte kassierten möglicherweise Schmiergelder, es gab viel zu wenig Personal und verheerende Sicherheitslücken - und die Politik schaute angeblich lange nur zu. Kein Wunder, dass beim Polit-Talk von Maybrit Illner am Donnerstagabend die schmutzige Affäre für hitzige Diskussionen sorgte.

Dabei stand im Mittelpunkt die Frage: Welche Rolle spielte der Staat in der ganzen Sache? Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) meinte, politische Fehler habe es zweifelsfrei gegeben. Er habe schon 2012, als die Asylzahlen stiegen, hunderte neue Bamf-Mitarbeiter gefordert - passiert sei über all die Jahre nichts. „Das ist planmäßig falsch angepackt worden.“ Allein beim damaligen Innenminister Thomas De Maizière (CDU) dürfe man die Fehler aber nicht suchen, sondern sich auch fragen, ob das Parlament nicht schon viel früher neue Bamf-Stellen hätte beschließen müssen. 

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Grünen-Chef Robert Habeck erinnerte daran, dass die CSU keineswegs fein raus sei: „Die CSU ist ja Teil der Regierung gewesen, saß immer in den Koalitionsrunden mit dabei.“ Auch ihr sei es folglich nicht gelungen, den Missständen im Bamf vorzubeugen. Herrmanns Konterversuch: „Die CSU hat keinen Hehl daraus gemacht in den letzten Jahren, was wir für notwendig halten.“

Lindner (FDP) will Gesellschaft beim Flüchtlingsthema befrieden

FDP-Chef Christian Lindner war sich sicher: Nicht nur das Bundesamt für Migration hat im Asyl-Skandal versagt, sondern auch die Politik. Umso wichtiger sei es, die politischen Fehler in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss „vor den Augen der Öffentlichkeit“ aufzuklären. Denn: „Die Flüchtlingspolitik ist für unsere Gesellschaft ein Sprengsatz. An jedem Küchentisch, an jedem Stammtisch, wird darüber diskutiert. Und ich möchte nicht, dass über die nächsten Jahre Verschwörungstheoretiker durch das Land ziehen können und ihre Theorien verbreiten.“ Ein Untersuchungsausschuss könne „ein Beitrag zur Befriedung der Gesellschaft“ sein.

Habeck kritisierte, ein Untersuchungsausschuss arbeite viel zu langsam und schwerfällig - siehe die Aufarbeitung des Falls Amri, mit dem der Untersuchungsausschuss noch ein halbes Jahr später beschäftigt sei. „Christian Lindner muss bedenken, dass wir jetzt schnell Aufklärung brauchen.“

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Asyl-Expertin fordert völlig anderes System

Asyl-Expertin Barbara John (CDU) übte substanzielle Kritik an der deutschen Asylpolitik: „Wir brauchen kein Komm-, sondern ein Holsystem.“ Bereits in den Lagern des internationalen Flüchtlingshilfswerks im Nahen Osten solle ausgewählt werden, welche Menschen nach Deutschland kommen dürfen und welche nicht. „Warum denn Leute herkommen lassen, die wir - Frau Merkel spricht von einer ,nationalen Anstrengung‘ - wieder abschieben?“, fragte sie. Das ganze System sei ungerecht: Nach Deutschland kämen nicht die, die dringend Asyl brauchen, sondern „die, die es eben hierherschaffen“. 

Schuld daran seien aber nicht die Flüchtlinge, mahnte John, sondern die deutsche Politik: „Die Asylbewerber machen nichts falsch. Sie nehmen eine Chance wahr, die wir ihnen geben.“

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