Showdown zwischen Obama und Republikanern

Finanzchaos in den USA: Fronten sind verhärtet

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Warum gibt es in Washington fast jedes Jahr das gleiche Theater?

Washington - Was ist los mit den USA? Die größte Volkswirtschaft scheint unaufhaltsam in eine Finanzkrise zu taumeln. Warum können sich die Streithähne nicht einmal auf einen Haushalt einigen?

Es ist wieder einmal soweit: Showdown des US-Präsidenten Barack Obama mit den Republikanern. Wenn es im Etatstreit nicht doch noch eine Einigung in letzter Minute gibt, geht der Regierung der größten Volkswirtschaft der Welt am Dienstag (1. Oktober) das Geld aus. Die Folgen: Beamte müssen in Zwangsurlaub, Ämter bleiben geschlossen, Armeebedienstete erhalten nicht rechtzeitig ihren Sold.

Ausländische Beobachter sehen in einem solchen Finanzchaos eher „italienische Verhältnisse“. Doch warum passiert so etwas in den USA? Und warum gibt es in Washington fast jedes Jahr das gleiche Theater?

Tatsächlich sind die Fronten im politischen Washington seit der Wahl Obamas 2008 völlig verhärtet. Schon Wochen nach seinem Amtsantritt formierte sich die radikalfundamentalistische Tea-Party-Bewegung. Ihr Credo: Gegen „Big Government“, für niedrige Steuern. Doch in Wahrheit hat die Bewegung, die bei den Kongresswahlen 2010 massiv gestärkt wurde, nur ein Ziel: Obama möglichst viele Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Das Wort Kompromiss ist für die Tea-Party praktisch zum Schimpfwort geworden. Ein weiteres rotes Tuch ist die Gesundheitsreform - der Kampf der Republikaner dagegen mutet geradezu zwanghaft an.

Hinzu kommt ein Höchstmaß an politischer Trickserei. Jüngstes Beispiel: Zwar haben die Republikaner im Repräsentantenhaus einen Etat gebilligt, doch den Gesetzentwurf hintersinnig mit umfangreichen Kürzungen für die Gesundheitsreform („Obamacare“) verbunden. Im Kern wollen sie das wichtigste Reformwerk Obamas auf diese Weise zu Fall bringen. Das ist für den Präsidenten und seine Demokraten unannehmbar. Obama macht klipp und klar deutlich, dass es keine Verhandlungen über die Gesundheitsreform geben werde.

Das Szenario, das sich nun abspielen wird, sieht wie folgt aus: Eine am Freitag verabschiedete Senatsvorlage, in der ein Übergangsetat gebilligt wird und zugleich jede Verbindung zu „Obamacare“ gestrichen ist, liegt nun dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vor. Dass die Republikaner diese Vorlage durchwinken, galt am Freitag als äußerst unwahrscheinlich. Erwartet wurde vielmehr ein neuer Versuch, die Übergangsfinanzierung irgendwie mit der Gesundheitsreform zu verknüpfen. Das wiederum werden Obama und seine Demokraten erneut ablehnen. Lenken dann die Republikaner nicht doch noch ein, wird der Regierung der Geldhahn zugedreht.

So funktioniert der amerikanische Kongress

So funktioniert der amerikanische Kongress

Der Kongress ist das oberste Gesetzgebungsorgan der Vereinigten Staaten. Er besteht aus zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat © dpa
Sitz ist das Kapitol in Washington. © dpa
Im Senat ist jeder der 50 Einzelstaaten unabhängig von Größe und Bevölkerungszahl mit je zwei auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern vertreten. © dpa
Jeweils ein Drittel der 100 Senatoren wird alle zwei Jahre nach dem Mehrheitswahlsystem neu gewählt. © dpa
Wer Senator werden will, muss mindestens 30 Jahre alt sein, wenigstens neun Jahre die US-Staatsbürgerschaft besitzen und einen Wohnsitz in dem Staat haben, für den er in das Oberhaus einziehen will. Neu-Senator Marco Rubio (Republikaner) aus Florida ist 39 Jahre alt. © dpa
Vorsitzender des Senats ist der Vizepräsident. Derzeit ist es Joe Biden (hinten) von den Demokraten. Der Vizepräsident entscheidet bei einem Patt von 50 zu 50. © dpa
Dem Repräsentantenhaus gehören 435 Abgeordnete an, die wenigstens 25 Jahre alt und mindestens sieben Jahre US-Bürger sein müssen. © dpa
Die Kammer wird alle zwei Jahre nach dem Mehrheitssystem neu gewählt. Die Staaten sind entsprechend ihrer Bevölkerungszahl unterschiedlich stark vertreten. © dpa
Jeder Staat entsendet jedoch mindestens einen Abgeordneten. © dpa
Die parlamentarische Arbeit spielt sich im Zusammenwirken von Repräsentantenhaus und Senat ab, wobei der Kongress als Ganzes laut Verfassung Gegenspieler der Regierung ist. Foto: Deabtte zur Gesundheitsreform.
Alle Gesetze bedürfen der Zustimmung beider Kammern. © dpa
Der Präsident (Hier: Barack Obama) kann ein Veto gegen die vom Kongress verabschiedeten Gesetze einlegen, das jedoch von beiden Häusern mit Zweidrittelmehrheit überstimmt werden kann. © dpa
In der Außenpolitik (Foto: US-Soldaten in Afghanistan) spielt der Senat eine besondere Rolle: Völkerrechtliche Verträge können nur in Kraft treten, wenn sie von den Senatoren mit Zweidrittelmehrheit ratifiziert werden. © dpa
Ein weiteres Sonderrecht besteht darin, dass der Präsident ohne Zustimmung des Senats keine höheren Beamten und Offiziere ernennen kann. Das Foto zeigt den Afghanistan-Oberbefehlshaber General David Petraeus bei seiner Anhörung vor dem Senat. © dpa
Auch die Minister müssen vom Senat bestätigt werden. Foto: Außenministerin Hillary Clinton bei ihrer Anhörung vor dem Senat. © dpa
Die Lage des Kapitols hat George Washington, der erste US-Präsident, selbst bestimmt. © dpa
Mit dem Bau wurde 1793 begonnen, 1800 tagte der Kongress dann erstmals in dem Gebäude. © dpa

Auch höchst hintersinnige Gedanken spielen eine Rolle. Die frühere Senatorin und Außenministerin Hillary Clinton etwa äußerte sich laut „Washington Post“ wie folgt: „Es wäre nicht das Schlechteste für die Demokraten, wenn sie (die Republikaner) versuchen, die Regierungsarbeit zu lähmen (...). Wir haben das ja schon mal gesehen.“

Tatsächlich pokern die Republikaner hoch. Mitte der 1990er Jahre hatten sie schon einmal einen „Government Shutdown“ erzwungen. Zeitweise standen die Regierungsräder für drei Wochen still. Doch geschadet hatte das vor allem den Republikanern. Präsident Bill Clinton ging gestärkt aus dem Showdown hervor.

Doch es kann alles noch viel schlimmer kommen. Bereits Mitte Oktober steht ein neues, noch dramatischeres Kräftemessen bevor. Bis zum 17. Oktober muss das Schuldenlimit der USA erhöht werden, das derzeit bei 16,7 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) liegt. So wie es aussieht, wollen die Republikaner das zum ganz großen Kampf werden lassen.

Bei diesem Streit steht deutlich mehr auf dem Spiel als beim Ringen um den Etat. „Ein Government Shutdown ist nicht das Ende der Welt“, meint Expertin Isabel Swahill vom Washingtoner Brookings Institut. „Es ist nur eine schlechte Art, die Regierung zu führen.“ Doch wenn die USA kein frisches Geld mehr aufnehmen können, bedeute das die Zahlungsunfähigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft. Und das „kann eine Finanzkrise auslösen, sogar eine Depression“.

dpa

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