Wenige Stunden vor Stillstand

USA droht erster Haushaltsnotstand seit 1996

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US-Präsident Barack Obama

Washington - Die USA haben einen weiteren Schritt auf den ersten Stillstand der öffentlichen Finanzen seit Mitte der 1990er Jahre zugemacht.

Der Senat lehnte am Montag wie erwartet ein vom Repräsentantenhaus verabschiedetes Übergangsbudget ab. Sollte sich der Kongress bis Mitternacht (Ortszeit, Dienstag 06.00 Uhr MESZ) nicht doch noch einigen, werden zum neuen Fiskaljahr am Dienstag alle nicht notwendigen Teile der Bundesverwaltung lahm gelegt.

US-Präsident Barack Obama hatte am Montag die Hoffnung auf einen Kompromiss im letzten Moment noch nicht aufgegeben. "Ich habe überhaupt nicht resigniert", sagte Obama am Rande eines Treffens mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Der Präsident wollte im Laufe des Tages erneut mit Spitzenpolitikern aus dem Kongress sprechen. "Wir sind das Fundament der Weltwirtschaft und des weltweiten Finanzsystems", warnte er. "Damit sollten wir nicht herumspielen."

So funktioniert der amerikanische Kongress

So funktioniert der amerikanische Kongress

Der Kongress ist das oberste Gesetzgebungsorgan der Vereinigten Staaten. Er besteht aus zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat © dpa
Sitz ist das Kapitol in Washington. © dpa
Im Senat ist jeder der 50 Einzelstaaten unabhängig von Größe und Bevölkerungszahl mit je zwei auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern vertreten. © dpa
Jeweils ein Drittel der 100 Senatoren wird alle zwei Jahre nach dem Mehrheitswahlsystem neu gewählt. © dpa
Wer Senator werden will, muss mindestens 30 Jahre alt sein, wenigstens neun Jahre die US-Staatsbürgerschaft besitzen und einen Wohnsitz in dem Staat haben, für den er in das Oberhaus einziehen will. Neu-Senator Marco Rubio (Republikaner) aus Florida ist 39 Jahre alt. © dpa
Vorsitzender des Senats ist der Vizepräsident. Derzeit ist es Joe Biden (hinten) von den Demokraten. Der Vizepräsident entscheidet bei einem Patt von 50 zu 50. © dpa
Dem Repräsentantenhaus gehören 435 Abgeordnete an, die wenigstens 25 Jahre alt und mindestens sieben Jahre US-Bürger sein müssen. © dpa
Die Kammer wird alle zwei Jahre nach dem Mehrheitssystem neu gewählt. Die Staaten sind entsprechend ihrer Bevölkerungszahl unterschiedlich stark vertreten. © dpa
Jeder Staat entsendet jedoch mindestens einen Abgeordneten. © dpa
Die parlamentarische Arbeit spielt sich im Zusammenwirken von Repräsentantenhaus und Senat ab, wobei der Kongress als Ganzes laut Verfassung Gegenspieler der Regierung ist. Foto: Deabtte zur Gesundheitsreform.
Alle Gesetze bedürfen der Zustimmung beider Kammern. © dpa
Der Präsident (Hier: Barack Obama) kann ein Veto gegen die vom Kongress verabschiedeten Gesetze einlegen, das jedoch von beiden Häusern mit Zweidrittelmehrheit überstimmt werden kann. © dpa
In der Außenpolitik (Foto: US-Soldaten in Afghanistan) spielt der Senat eine besondere Rolle: Völkerrechtliche Verträge können nur in Kraft treten, wenn sie von den Senatoren mit Zweidrittelmehrheit ratifiziert werden. © dpa
Ein weiteres Sonderrecht besteht darin, dass der Präsident ohne Zustimmung des Senats keine höheren Beamten und Offiziere ernennen kann. Das Foto zeigt den Afghanistan-Oberbefehlshaber General David Petraeus bei seiner Anhörung vor dem Senat. © dpa
Auch die Minister müssen vom Senat bestätigt werden. Foto: Außenministerin Hillary Clinton bei ihrer Anhörung vor dem Senat. © dpa
Die Lage des Kapitols hat George Washington, der erste US-Präsident, selbst bestimmt. © dpa
Mit dem Bau wurde 1793 begonnen, 1800 tagte der Kongress dann erstmals in dem Gebäude. © dpa

Die Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, nutzen die Haushaltspolitik regelmäßig für ein Kräftemessen. Aktuell knüpfen sie ihre Zustimmung zu einem Budget an Änderungen bei Obamas Gesundheitsreform, von der wichtige Teile am Dienstag in Kraft treten. Ein erster Haushaltsentwurf des Repräsentantenhauses, der die Mittel für die Umsetzung der Reform strich, war vergangene Woche im Senat, den Obamas Demokraten kontrollieren, gescheitert.

Am Wochenende verabschiedete das Repräsentantenhaus einen neuen Entwurf, der die weitere Finanzierung der Staatsgeschäfte an eine Verschiebung der Gesundheitsreform um ein Jahr knüpft. Außerdem wird darin eine Steuer auf medizinische Geräte gestrichen. Diese Vorlage schmetterte nun der Senat am Montag ebenfalls mit 54 zu 46 Stimmen ab. Das Weiße Haus hatte deutlich gemacht, dass Obama sein Veto gegen ein Übergangsbudget mit Einschränkungen für seine Gesundheitsreform einlegen würde.

Oval Office: Hier arbeitet der US-Präsident

Oval Office: Hier arbeitet der US-Präsident

Barack Obama telefoniert im Oval Office des Wißen Hauses in der US-Hauptstadt Washington D.C. Das Büro gilt als Machtzentrum des amerikanischen Präsidenten. Hier erhalten sie einen genauen Einblick. © dpa
Das Oval Office liegt sich im westlichen Flügel des Weißen Hauses. Es kann zum Beispiel über den Rosengarten des Weißen Hauses betreten werden. © dpa
Seinen Namen hat das Oval Office von der ovalen Form des Raumes. Diesen Anblick hat der US-Präsident, wenn er von seinem Schreibtisch aufschaut. © AP
Laut Online-Lexikon wikipedia misst das Oval Office 10,9 Meter in der Längs- sowie 8,8 Meter in der Querachse und weist eine Deckenhöhe von 5,6 Meter auf. Der Ausblick nach Süden wird durch drei große Fenster hinter dem Präsidentenschreibtisch ermöglicht. © dpa
Ein von fast allen Präsidenten verwendeter Schreibtisch wird als „Resolute Desk“ bezeichnet - ein Geschenk der rbitischen Königin Victoria. Der Tisch wurde aus jenem Holz hergestellt ist, das nach Demontage des britischen Polarforschungsschiffs HMS Resolute im Jahre 1879 übrig blieb. © dpa
Der Stifthalter wurde aus dem Holz der historischen HMS Gannet geschnitzt. Ein Schiff, welches zu seiner Zeit Sklavenschmuggler jagte © dpa
Barack Obamas Telefon. © AP
Ein Bild des ersten US-Präsidenten George Washington (1789 bis 1797). © dpa
Und ein Bild des Präsidenten Abraham Lincoln (1861 bis 1865). © dpa
Das Siegel des US-Präsidenten. © dpa
Private Fotos von US-Präsident Barack Obama. © AP
Hier hält der US-Präsident Besprechungen ab. Auf dem Tisch steht eine Schale mit Obst. © dpa
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war zu Gast im Oval Office. © dpa
Aber nicht nur Politiker waren im Oval Office eingeladen. Auch Elvis Presley (rechts), der King of Rock 'n' Roll hat dort den früheren US-Präsidenten Richard Nixon getroffen. © dpa
Präsident Barack Obama an seinem Schreibtisch im Oval Office bei einer TV-Ansprache an die US-Bürger. Jeder US-Präsident dekoriert das Oval Office nach seinem Geschmack. © dpa
"Hey, hier hab' ich doch auch mal gearbeitet." US-Präsident Barack Obama (2. von links) mit den früheren US-Präsidenten (von links) George Bush senior, George W. Bush, Bill Clinton und Jimmy Carter. © dpa
So hatte sich George W. Bush das Oval Office eingerichtet. © AP
So sah das Oval Office unter Präsident George Bush senior aus. © AP
Und so hatte sich Bill Clinton das Oval Office eingerichtet. © AP
So hatte sich US-Präsident John F. Kennedy das Oval Office eingerichtet. © AP

Auf Druck des erzkonservativen Tea-Party-Flügels versuchen die Republikaner, die Gesundheitsreform seit ihrer Verabschiedung vor drei Jahren rückgängig zu machen. Kernstück der auch Obamacare genannten Reform ist die Pflicht aller Bürger, eine Krankenversicherung abzuschließen. Konservative Kritiker sehen die Reform als Beschneidung von Freiheitsrechten durch den Staat und als Belastung für die Wirtschaft.

Eine am Montag veröffentlichte Umfrage des TV-Senders CNN sah die öffentliche Meinung im Haushaltsstreit auf der Seite von Obama. Für einen finanziellen Stillstand würden demnach 36 Prozent den Präsidenten verantwortlich machen, 46 Prozent sähen die Schuld dagegen bei den Republikanern. Mit dem Finger auf beide würden 13 Prozent der Befragten zeigen.

Cadillac: Staatskarossen der US-Präsidenten

Allerdings gab es in Washington noch Hoffnungen, dass sich beide Lager im letzten Moment auf eine Brückenfinanzierung einigen könnten, die dem Kongress etwas mehr Zeit für einen Kompromiss gäbe. Im April 2011 hatten Republikaner und Demokraten nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon auf diese Weise einen Haushaltsnotstand abgewendet.

Ohne eine Verständigung müssten Bundesbehörden alle nicht unbedingt notwendigen Geschäfte einstellen. Etwa 800.000 Staatsbediensteten könnten in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden. Museen und Nationalparks würden geschlossen. Zuletzt machte die Bundesverwaltung vom 16. Dezember 1995 bis zum 6. Januar 1996 dicht, als sich der damalige demokratische Präsident Bill Clinton ebenfalls erbitterte Budgetschlachten mit einer republikanischen Parlamentsmehrheit lieferte.

An den Finanzmärkten wurde die politische Blockade in Washington mit Sorge verfolgt, denn im Haushaltsstreit steht eine noch viel dramatischere Frist an. Bis voraussichtlich zum 17. Oktober muss der US-Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze erhöhen - sonst droht der größten Volkswirtschaft der Welt die Zahlungsunfähigkeit.

AFP

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