Gefahr für Putin? Wagner-Chef Prigoschin baut weiter an seiner Position

Wladimir Putin hat mit vielen Problemen zu kämpfen - auf dem Schlachtfeld in der Ukraine, aber auch in Russland. Eines davon: Der Machtzuwachs von Wagner-Gründer Jewgeni Prigoschin.
München - Entwickelt sich in Russland eine Parallelstruktur zur russischen Armee, die eine Bedrohung für Wladimir Putin werden könnte? Der Gründer und Finanzier der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, steht wohl im Zentrum einer solchen Bestrebung. Darüber berichtet der US-Thinktank Institute for the Study of War.
Der Finanzier der Wagner-Gruppe, Yevgeniy Prigoschin, gewinnt weiter an Macht und baut parallel zu den russischen Streitkräften eine militärische Struktur auf, die Putins Herrschaft gefährden könnte – zumindest im Informationsbereich. Russische Kriegs-Blogger berichteten demnach, dass Prigoschin die Bildung eines Freiwilligenbataillons auf Wagner-Basis sponsere, das von einem russischen Kriegsverbrecher und ehemaligen Offizier des Bundessicherheitsdienstes (FSB), Igor Girkin, rekrutiert worden sei.
Gefahr für Putin? Wagner-Chef Prigoschin soll Parallel-Armee ausbauen
Girkin ist ein eifriger Kritiker des russischen Oberkommandos und eine prominente Figur unter den russischen Ultranationalisten, die 2014 an der Annexion der Krim oder der illegalen russischen Beschlagnahmung ukrainischen Territoriums im Donbass beteiligt waren. Die Struktur der russischen Streitkräfte haben Girkin demnach aufgrund mangelnder Versorgung und anderer bürokratischer Einschränkungen lange daran gehindert, ein eigenes Freiwilligenbataillon zu bilden. Prigoschin dagegen hat den Luxus, Wagner-Streitkräfte ohne die direkte Aufsicht des russischen Verteidigungsministeriums zu übersehen. Ein weiterer Aspekt einer Kollaboration von Prigoschin und Grikin hat laut dem Portal den Effekt, dass sich Ersterer eine große nationalistische Wählerschaft zugänglich macht.
Putin ist auf die Wagner-Streitkräfte angewiesen
Prigoschin hat demnach eine einzigartig vorteilhafte Position innerhalb der russischen Staatsstruktur und des Informationsraums, die es ihm ermöglicht, seinen Wahlkreis in Russland leichter zu erweitern als das in Ungnade gefallene russische höhere Militärkommando. Prigoschin kann sich und seine Kräfte frei fördern, während er Kreml-Beamte oder die russischen Streitkräfte kritisiert, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben. Putin ist schließlich auf die Wagner-Streitkräfte angewiesen.
Der Präsident versucht wahrscheinlich, Prigoschin zu besänftigen, obwohl Prigoschin das konventionelle russische Militär untergräbt Ein Beispiel: Prigoschin etwa erklärte in einem Interview sarkastisch, er baue im Ukraine-Krieg die „Wagner-Linie“, um den russischen Streitkräften, die sich „hinter Wagners Rücken verstecken“, ein sicheres Gefühl zu geben. Prigoschin äußert seine Kritik am russischen Militär auch häufig in Interviews mit russischen Online-Publikationen und über mit Wagner verbundene Telegram-Kanäle. Für das russische Verteidigungsministerium sind diese Kanäle unzugänglich. Auch profitiert er davon, dass er formell keine Verantwortungsposition innehat. Er kann selbst kritisieren - doch keiner kann ihn für Fehlschläge verantwortlich machen.
Bereits zuvor hatten die US-Experten des ISW sich auf Prigoschins Kritik an Putin bezogen. Dabei nannten sie ihn sogar den „neuen starken Mann Russlands“, der die Konservativen des Landes - die über den Kriegsverlauf frustriert sind - hinter sich versammeln könne. Der Putin-Kritiker Michail Chodorkowski hatte zudem von einem möglichen Machtkampf im Kreml gesprochen. Auch hier war Prigoschin als einflussreiche neue Figur genannt worden. (cg)
Ein russischer Ex-Diplomat glaubt, dass Wladimir Putin im Ukraine-Krieg bisher vor allem Glück hatte. Das nun aber vorbei sei. Womöglich mit drastischen Folgen.