Der Wahltag im Überblick

„Machen und Kümmern“ - Söder ist Bayerns neuer Ministerpräsident

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Dienstantritt: Markus Söder bezieht sein neues Büro

Bayern hat einen neuen Regierungschef. Drei Tage nach dem Rücktritt von Horst Seehofer wählte der Landtag seinen ewigen Rivalen zum Nachfolger. Der dankte und versprach Bürgernähe.

München - Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder will praktische Problemlösungen für die Bürger in den Mittelpunkt seiner Politik stellen. „Machen und kümmern wird mein Motto sein“, sagte der CSU-Politiker am Freitag nach seiner Wahl zum Regierungschef im bayerischen Landtag in München. Es reiche nicht, die Probleme der Menschen zu beschreiben, „wir müssen sie besser lösen.“ Der 51-Jährige forderte alle Politiker auf, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen: „Wir sind für die Bürger da, nicht die Bürger für uns.“

Zuvor hatten 99 der 169 anwesenden Abgeordneten im Landtag Söder zum Nachfolger von Horst Seehofer gewählt. Da die CSU in dieser Legislatur mit 101 der 180 Abgeordneten die absolute Mehrheit im Landtag hat, galt die Wahl im ersten Durchgang von vorneherein als reine Formsache. Zwei CSU-Abgeordnete hatten entschuldigt bei der Wahl gefehlt. Söder hätte bereits die einfache Mehrheit genügt.

Bei der Wahl stimmten 64 Abgeordnete mit Nein, 4 enthielten sich ihrer Stimme, 2 Stimmzettel waren ungültig. „Frau Präsidentin, ich nehme die Wahl an und bedanke mich sehr“ sagte Söder. „Was für ein Tag, ich gebe zu, ich bin etwas ergriffen.“ Nun gelte es für ihn, mit Taten den Vertrauensvorschuss zurückzahlen.

Besseres Ergebnis als Seehofer

Mit seinem Ergebnis erzielte der bisherige bayerische Finanzminister Söder ein besseres Ergebnis als Seehofer 2013. Auf den amtierenden CSU-Chef entfielen damals bei exakt gleichen Mehrheitsverhältnissen 100 von 176 abgegebenen Stimmen. Seehofer war mit Ablauf des vergangenen Dienstags von seinem Regierungsamt zurückgetreten.

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„Wir wollen weiter Bayern modernisieren und Schrittmacher in Deutschland und Europa bleiben“, betonte Söder. Gleichzeitig gelte es, die Einzigartigkeit und den liebenswerten Charakter des Landes sowie seine christlich-abendländische Prägung und seine humanistischen und jüdischen Wurzeln zu erhalten. Als größte Herausforderungen nannte Söder die „lautlose Revolution der Digitalisierung, bei der wir erst am Anfang stehen“.

Nach der Wahl applaudierte die CSU ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 14. Oktober minutenlang, zu den ersten Gratulanten zählte auch Seehofer, der eigens für die Wahl aus Berlin angereist war. Der 68-Jährige, der seit Mittwoch neuer Bundesinnenminister ist - und mitten in einer Kontroverse um eine Islam-Äußerung steckt -, verließ die Sondersitzung jedoch vorzeitig. Sein Abgeordnetenmandat will Seehofer nach eigener Aussage erst im April abgeben. Für ihn dürfte Markus Fröschl (Landkreis Traunstein) ins Plenum nachrücken.

Grüne spotten über „historischen Moment“

„Jetzt beginnt mit dem heutigen Tag eine neue Ära in Bayern“, sagte Seehofer vor der Wahl. Der Tag sei etwas Besonderes. „Ich habe meine Zeit abgeschlossen, es war eine sehr schöne und erfolgreiche Zeit.“

Die Opposition kritisierte Söder dagegen hart. SPD-Landeschefin Natascha Kohnen forderte von ihm einen neuen Politikstil. „Ein guter Ministerpräsident hat die Souveränität, gute Vorschläge umzusetzen, egal wer sie macht“, sagte sie. Kohnen machte aber keinen Hehl aus ihrer Skepsis: „Wir haben Zweifel, dass Söder dem gerecht wird.“ Söder habe zu viele „Sünden der Vergangenheit“ im Gepäck.

„Das ist ein historischer Moment. Wir erleben ein letztes Mal, wie ein Ministerpräsident mit der absoluten Mehrheit der CSU gewählt wird“, spottete Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Er warf der CSU und Söder ideologische Verbohrtheit und fehlende Zukunftspläne vor. „Verantwortung abschieben ist Söders Markenkern.“

Ministerriege noch unklar

Freie-Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger warnte die CSU und Söder vor Schönrederei im Wahlkampf. „Wir fordern heute ein Denken in Inhalten“, sagte Aiwanger. „Köpfe kommen und gehen, es geht um die Inhalte.“ Es sei nun an der Zeit, den großen Handlungsbedarf für die Menschen wieder ernster zu nehmen.

Am Mittwoch will Söder bei einer weiteren Sondersitzung des Landtags sein Kabinett ernennen. „Ich habe mir noch keine grundlegenden Gedanken gemacht“, sagte er vor der Wahl der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf viele kursierende Gerüchte über die Zusammensetzung des neuen Ministerrats. Es wird davon ausgegangen, dass Söder sein kompliziertes Personaltableau erst kurz vor der Vereidigung komplett hat, wie merkur.de* berichtete.

Schmutziger Machtkampf - folgt nun ein dauerhafter Frieden?

Dem Rücktritt Seehofers war ein teils schmutziger Machtkampf nach der Pleite der CSU bei der Bundestagswahl im September vorausgegangen. In der Folge hatten immer weitere Teile der Parteibasis und schließlich auch die Landtagsfraktion darauf gedrungen, dass Seehofer auf seine Spitzenkandidatur und den Regierungsposten vor Ablauf der Wahl am 14. Oktober verzichtet. Erst nachdem der 68-Jährige Söder nicht mehr verhindern konnte, fügte er sich Söders Befürwortern.

Im Gegenzug wählten auch diese ihn auf dem CSU-Parteitag im Dezember erneut für zwei Jahre zum Parteichef. Söder und Seehofer wollen eine harmonische Doppelspitze bilden und sich gegenseitig unterstützen. Ob dies den beiden Alphatieren gelingt, wird parteiintern angezweifelt.

Kurz vor Söders Amtsübernahme steigt die CSU laut einer Umfrage wieder in der Wählergunst. Wie das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen ermittelt hat, kommt die Partei aktuell auf 41,4 Prozent, zwei Prozentpunkte mehr als in der Umfrage vom Februar. Für die absolute Mehrheit reicht das aber noch nicht. 2013 holte die CSU mit Seehofer an der Spitze 47,7 Prozent.

dpa/fn

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