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Verfassungsklage gegen Horst Seehofer: AfD bekommt recht

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Ist Horst Seehofer als Innenminister mit kritischen Interview-Äußerungen über die AfD zu weit gegangen? Karlsruhe hat geurteilt.

Update vom Dienstag, 09.06.2020, 10.10 Uhr:  Bundesinnenminister Horst Seehofer hätte ein Interview mit AfD-kritischen Äußerungen nicht auf der Internetseite seines Ministeriums veröffentlichen dürfen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab mit am Dienstag verkündetem Urteil einer Klage der Partei gegen den früheren CSU-Chef statt.

Erstmeldung: 

Karslruhe - Die AfD klagt gegen CSU-Innenminister Horst Seehofer in Karlsruhe. Am Dienstag (09.06.2020) verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil.  Seehofer sagte in einem später auf der Ministeriumsseite veröffentlichten Interview im September 2018 über die AfD-Fraktion unter anderem: „Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ 

Vorwürfe der AfD gegen Horst Seehofer 

Horst Seehofer könnte zum Verhängnis werden, dass der Text mit den Passagen gut zwei Wochen auf der Internetseite seines Ministeriums stand. Die AfD wirft ihm deshalb vor, staatliche Ressourcen unzulässigerweise zur Verbreitung einer parteipolitischen Aussage genutzt zu haben. (Az. 2 BvE 1/19)

Das Interview hatte Seehofer im September 2018 der Deutschen Presse-Agentur gegeben. Unmittelbar davor hatte die AfD-Fraktion versucht, im Bundestag den Haushalt des Bundespräsidenten diskutieren zu lassen. Ihr Vorwurf: Frank-Walter Steinmeier habe „für eine linksradikale Großveranstaltung“ geworben, indem er ein Konzert gegen Rassismus der zeitweilig vom Verfassungsschutz beobachteten Linkspunkband Feine Sahne Fischfilet unterstützt hatte.

Seehofer:  „Das ist für unseren Staat hochgefährlich“

Seehofer kommentierte das in dem Interview mit den Worten: „Das ist für unseren Staat hochgefährlich.“ Man könne nicht „wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln“. „Das ist staatszersetzend.“ Außerdem sagte er: „Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten.“

Nach der Veröffentlichung hatte das Ministerium den Text der Deutschen Presseagentur zu den anderen Medienberichten auf seiner Homepage gestellt - eine Steilvorlage für die AfD. Denn die Partei hatte in einem ganz ähnlichen Fall in Karlsruhe schon einmal erfolgreich gegen die damalige Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) geklagt.

Wanka hatte in der Flüchtlingskrise 2015 auf einen Demonstrationsaufruf der AfD mit der Parole „Rote Karte für Merkel!“* per Ministeriums-Pressemitteilung reagiert: „Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden.“

Bundesverfassungsgericht: Kein „Recht auf Gegenschlag“

Das ging den Verfassungsrichtern zu weit. Damit alle Parteien die gleichen Chancen hätten, seien Mitglieder der Bundesregierung zu Neutralität verpflichtet *, urteilten sie 2018. Minister dürfen sich demnach mit Kritik an ihren Maßnahmen und Vorhaben zwar sachlich auseinandersetzen. Ein „Recht auf Gegenschlag“ haben sie aber nicht.

In der Karlsruher Verhandlung im Februar hatte sich abgezeichnet, dass der Zweite Senat unter dem scheidenden Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle die Causa Seehofer nicht viel anders beurteilen dürfte. Die Richter hinterfragten sehr kritisch, ob derartige Äußerungen nicht auf anderen Kanälen verbreitet werden könnten.

Alexander Gauland attackiert bei Verhandlungen Horst Seehofer

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hatte am Rande der Verhandlung gesagt, Seehofer habe sich eben nicht im Bierzelt einen Ausrutscher geleistet. „Wenn ich auf der Internetseite eines Ministeriums etwas veröffentliche, dann sieht es so aus, als ob es die staatliche Amtsautorität ist und dass die Beschimpfung der AfD dann sozusagen schon Teil des Staates ist. Und genau das geht nicht.“

Seehofer hatte sich von seinem Parlamentarischen Staatssekretär Günter Krings (CDU) vertreten lassen. Dieser hatte die Äußerungen als zugegebenermaßen „zugespitzt“ bezeichnet. Der Ton in der Politik sei aber deutlich rauer geworden. Eine Reaktion müsse möglich sein. (skr/dpa/afp)

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