Neues Abtreibungsrecht stößt auf geteiltes Echo

Berlin - Die Neuregelung der Spätabtreibungen ist bei Lebensschützer-Organisationen auf scharfe Kritik gestoßen. Bundesärztekammer und Gynäkologen begrüßten hingegen am Donnerstag die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes.
Zustimmung kam auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung. Die “Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), die seit Jahren zu den schärfsten Kritikern des Abtreibungsrechts gehört, forderte die Abschaffung der psychosozialen Indikation. Nur so lasse sich die Zahl der Spätabtreibungen tatsächlich senken.
Die vom Bundestag am Mittwochabend beschlossene dreitägige Bedenkfrist lasse sich leicht umgehen, sagte die Vorsitzende Claudia Kaminski. Schon heute werde ein Großteil der Abbrüche damit begründet, dass es für die psychische Gesundheit der schwangeren Frau unzumutbar sei, ein behindertes Kind auszutragen. Die Vorsitzende der Vereinigung “Christdemokraten für das Leben“, Mechthild Löhr, sagte: “Spätabtreibung bleibt tödliches Unrecht, trotz Beratung und drei Tagen Bedenkzeit.“ Während im Rahmen des Tierschutzes heute etwa jede gefährdete Fledermausart gezählt werde, habe sich der Bundestag noch nicht einmal zu einer besseren Erfassung der Schwangerschaftsabbrüche durchringen können.
Langjähriger Streit beendet
Mit dem fraktionsübergreifenden Kompromiss hatte der Bundestag einen langjährigen Streit um die gesetzliche Regelung von späten Abtreibungen nach der zwölften Schwangerschaftswoche beendet. So sind Ärzte künftig verpflichtet, der Schwangeren eine Beratung anzubieten. Ansonsten droht dem Arzt ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro. Die Frau muss die Beratung allerdings nicht annehmen.
Auch ist eine dreitägige Bedenkfrist zwischen der Diagnose und der Erteilung der Abbrucherlaubnis vorgeschrieben. Die Frist kann nur bei akuter Lebensgefahr für die Mutter aufgehoben werden kann. Eine erweiterte statistische Meldepflicht fand hingegen keine Mehrheit.
Für den Kompromiss hatten in namentlicher Abstimmung 326 Abgeordnete votiert, 234 waren dagegen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, sagte, die Entscheidung entspreche langjährigen Forderungen der Ärzteschaft. “Damit ist ein Regelungsdefizit, das durch die Reform des Schwangerschaftsabbruchrechts 1995 entstanden ist, endlich beseitigt.“
Der Präsident der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Rolf Kreienberg, erklärte in der gemeinsamen Mitteilung mit der Bundesärztekammer, der Bundestag sei zu einem Ergebnis gelangt, “das der schwierigen Konfliktlage der Schwangeren ebenso gerecht wird wie dem Schutz des Ungeborenen“.
Wirkliche Hilfe für schwangere Frauen
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, dankte den Abgeordneten Johannes Singhammer ( CSU ), Kerstin Griese ( SPD ), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Ina Lenke (FDP), die den fraktionsübergreifenden Kompromiss ermöglicht hatten. “Dieser Beschluss wird dem Schutz des Lebens und dem Beistand der Eltern in ihrer Notsituation dienen“, sagte Meyer. Die Bedenkzeit und die Hinweispflicht auf eine psychosoziale Beratung seien geeignet, “den Skandal der sogenannten Spätabbrüche endlich einzudämmen“.
Auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung begrüßte die Beratungsvorschriften. “Das ist eine wirkliche Hilfe für schwangere Frauen, die ja meist völlig unvorbereitet mit der Diagnose konfrontiert werden, dass sie ein behindertes Kind erwarten“, sagte Vorsitzender Robert Antretter.
dpa